Der FC Basel präsentiert sich beim 0:2 gegen den robusten FCZ im ausverkauften St.-Jakob-Park erstaunlich harmlos und schwach. Auch der neue Heilsbringer Xherdan Shaqiri bleibt blass.
Es ist, wie wenn an der Party des Jahres nur langweilige Personen anwesend sind. Am Samstagabend ist der St.-Jakob-Park mit 36 000 Zuschauenden ausverkauft, die Menschen sind aufgekratzt – aber statt Spass und Unterhaltung erwartet die Basler Festgesellschaft ein ernüchternder Abend mit einem enttäuschenden Gastgeber FC Basel. Der FC Zürich erweist sich als unhöflicher Gast, gewinnt 2:0, ohne Grenzen verschieben zu müssen.
Dabei wäre alles parat gewesen für eine rauschende rot-blaue Ballnacht. Vor der Begegnung wird der FCB-Rekordspieler Fabian Frei nach 543 Partien für Basel und dem Wechsel zum FC Winterthur auf dem Rasen verabschiedet. Er ist umringt von anderen Legenden des Vereins – Karl Odermatt, Valentin Stocker und Marco Streller – und richtet ein paar emotionale Worte ans Publikum. In der Startformation steht dafür erstmals nach 4504 Tagen eine andere Basler Fussball-Ikone – 2012 verabschiedete sich Xherdan Shaqiri mit dem Meistertitel, nach über zwölf Jahren im Ausland ist er zurück in der Heimat.
E Ära goht z Änd – 𝐃𝐀𝐍𝐆𝐆𝐄 𝐅Ü𝐑 𝐀𝐋𝐋𝐄𝐒, 𝐅𝐀𝐁𝐈 ❤️💙#FCBasel1893 #AlliZämme #BrennefürdrFCB #rotblaulive pic.twitter.com/42jUtbepPu
— FC Basel 1893 (@FCBasel1893) September 21, 2024
Es ist ein seltsamer Spagat zwischen glorreicher Vergangenheit und hoffnungsvoller Zukunft, den der FC Basel mit Shaqiri als Schlüsselfigur gerade vollbringt. Im Grunde genommen passt die Verpflichtung des bald 33-Jährigen nicht ins Geschäftsmodell des umtriebigen (und manchmal zu umtriebigen) Präsidenten David Degen, vielversprechende Talente zu finden, zu formen und gewinnbringend zu verkaufen.
Zweifel an Shaqiris Fitness bleiben
Shaqiri ist wie ein Heilsbringer empfangen worden, die Erwartungen sind bisweilen absurd hoch. Das zeigt sich beim tristen Basler Auftritt gegen den FCZ. Der FCB ist fehlerhaft, unkonzentriert und harmlos. Auch Shaqiri gelingt wenig, selbst wenn er bestrebt ist, den Ball schnell und direkt nach vorne zu spielen. Nach dem Spiel sagt Shaqiri, man habe gesehen, dass sich die Spieler des FC Basel noch besser kennenlernen müssten. Und: «Wir haben uns bei den Gegentoren ungeschickt angestellt und waren in der Offensive zu wenig präzis.»
Es ist eine präzise Analyse. Die Basler haben auch in dieser Saison einige sehr aufregende Fussballer im Kader, die irgendwann in eine Topliga wechseln könnten. Es wird die nicht einfache Aufgabe des Trainers Fabio Celestini sein, die passende taktische Formation zu finden, um Shaqiris spielerische Stärken zur Geltung kommen zu lassen – und dessen läuferische Schwächen zu kaschieren. Seit längerer Zeit begleitet Shaqiri die Frage nach dem Fitnesszustand, die Wade schmerzt und zieht immer wieder einmal. An der EM im Sommer, so erzählt man sich im Umfeld des Nationalteams, sei er körperlich in einer miserablen Verfassung gewesen.
Aber Shaqiri ist Shaqiri. An der gleichen EM gelang ihm in seinem einzigen Startelfeinsatz gegen Schottland das schönste Tor des gesamten Turniers – und im Viertelfinal hinterliess er als Joker gegen England einen starken Eindruck, beinahe gekrönt mit dem Siegtor kurz vor Ende der Verlängerung mit einem frechen Eckball ans Lattenkreuz.
Mit Xherdan Shaqiri werden immer, so lange er Fussball spielt, besondere Sehnsüchte nach magischen Momenten verbunden sein. «Mein linker Fuss ist immer noch da», hat er kürzlich gesagt. Ganz egal, ob sein Jahreslohn nun 1,7 Millionen Franken beträgt oder 1,2 oder 2 Millionen: Shaqiri dürfte der bestbezahlte Fussballer in der Geschichte der Schweizer Liga sein. Es wird deshalb nicht genügen, ab und zu einen Geniestreich zu fabrizieren oder wie im Cup vor einer Woche bei Stade Nyonnais kurz vor Schluss den entscheidenden Penalty zu verwandeln.
Shaqiris Herausforderung: gross sein – und sich kleinmachen
Noch geht es bei Shaqiris Liaison mit dem FCB nicht primär um Tore und das Preis-Leistungs-Verhältnis, sondern um die ganz grossen Gefühle. Der Alltag aber rückt unbarmherzig näher. Gegen den FC Zürich werden die Basler und ihr Anhang erstmals unsanft aus den Träumen gerissen. Shaqiris Körpersprache ist zwar besser als in Nyon, doch es dürfte für ihn zur Herausforderung werden, am Ende seiner aussergewöhnlichen Karriere zu beweisen, dass er immer noch ein grosser Schweizer Fussballer ist – und sich gleichzeitig kleinzumachen und in den Dienst der Mannschaft zu stellen.
Shaqiri ist nach den geräuschvollen Aussortierungen von Michael Lang und Fabian Frei im relativ kreativ zusammengestellten Basler Team die alles dominierende Identifikationsfigur. Zumal der Captain Taulant Xhaka, der gegen Zürich nach seiner Einwechslung den 400. Einsatz für den FCB bestreitet, kaum noch eine Rolle spielt. Gegen Zürich debütiert mit Romário Baró einer der Zugänge im zentralen Mittelfeld. Der Portugiese schlägt in der ersten Halbzeit den katastrophalen Eckball, den der FCZ zum rasanten Konter und dem ersten Tor durch Mounir Chouiar nutzt – und er fliegt kurz vor Spiel-Ende mit der zweiten Verwarnung vom Platz.
Das passt zur schwachen Basler Darbietung. Der FCZ dagegen überzeugt mit disziplinierter, robuster Spielweise und hat mit Cheick Condé sowie Samuel Ballet die zwei auffälligsten Fussballer in seinen Reihen. Und der Stürmer Juan José Perea deutet nicht nur wegen seines vierten Saisontores zum 2:0 an, ein Goalgetter sein zu können. Der FCZ ist nach sechs Spielen noch ungeschlagen, grenzenlose Euphorie ist im Klub aber noch nicht ausgebrochen.