Die EU-Kommission glaubt, dass China die heimischen Hersteller stark subventioniert. Beide Seiten haben jüngst versucht, einen Handelskrieg abzuwenden. Doch die Positionen liegen weit auseinander.
China und die EU haben bis zur letzten Sekunde versucht, einen Handelskonflikt bei E-Autos zu verhindern. Doch die jüngsten Verhandlungen haben zu keiner Lösung geführt. Ab Mitte der Woche wird die EU deshalb chinesische E-Autos mit Schutzzöllen belegen. Sie werden fünf Jahre in Kraft sein.
Subventionen von der Mine bis zum Ausfuhrhafen
Die EU verdächtigt die chinesische Regierung, die heimischen E-Auto-Produzenten auf vielfältige Weise zu subventionieren. Finanzhilfen würden bezahlt von der Lithium-Batterie bis zum Export, hält die Kommission in einer Untersuchung fest. Diese Unterstützung stelle für die europäischen E-Auto-Hersteller eine ernsthafte Bedrohung dar.
Sie sind auf hohe Stückzahlen angewiesen, um günstig zu produzieren. Weil die chinesischen Fertiger den europäischen Markt aber mit E-Autos gleichsam überschwemmen, hindern sie die Konkurrenten daran, Skaleneffekte zu erzielen – ihr Angebot saugt einen grossen Teil der Nachfrage ab.
Die EU-Zölle fallen gestaffelt an und hängen unter anderem davon ab, inwieweit die chinesischen Autohersteller mit der EU-Kommission im Zuge der Untersuchung der vergangenen Monate kooperiert haben. Sie reichen von 7,8 Prozent (Tesla) bis zu 35,3 Prozent (SAIC). Die Zölle kommen zu den bereits bestehenden Zöllen von 10 Prozent hinzu.
Die Spezialisten der EU begannen ihre Untersuchung vor rund einem Jahr. In den vergangenen Tagen hatten hochrangige Vertreter des Staatenbundes und Chinas noch versucht, eine Lösung zu finden.
Der EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis und Chinas Handelsminister Wang Wentao zum Beispiel haben vor fünf Tagen eine Videokonferenz abgehalten. Doch die Differenzen seien nach wie vor zu gross gewesen, sagen Vertreter der EU. China bestreitet erstens, dass die heimischen Hersteller Subventionen erhielten, die den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) widersprechen. Man habe sich hier darauf geeinigt, keine Einigung gefunden zu haben, sagt ein Vertreter der EU.
Zweitens haben auch Gespräche darüber stattgefunden, wie die Subventionen, welche die Produzenten laut der EU erhalten, kompensiert werden könnten. Der EU schwebt dabei ein Minimalpreis pro Fahrzeugtyp vor, an den sich die chinesischen Hersteller beim Export in die EU halten müssten. Weil China aber grundsätzlich bestreitet, Subventionen zu bezahlen, konnten die Parteien auch bei diesem Punkt keine Einigung erzielen.
Die EU-Kommission will mit China jedoch weiterverhandeln. Gegenüber dem Handelsministerium hat sie zudem angedeutet, auch mit den Autoproduzenten direkt über Minimalpreise zu verhandeln. Das hat Chinas Regierung allerdings entrüstet.
Zölle auf französischen Cognac
Der Handelskonflikt hat sich jüngst laufend hochgeschaukelt. So hat China bereits Gegenmassnahmen eingeleitet. Seit zwei Wochen fallen in China beispielsweise auf europäische Weinbrände Kautionen an, die Importeure beim Zoll hinterlegen müssen.
Mit dieser Massnahme zielt China besonders auf Frankreich, dessen Regierung ein Befürworter der Zölle ist – im Unterschied etwa zum deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz. Für Frankreichs Cognac-Hersteller ist China nach den USA der zweitwichtigste Absatzmarkt. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Exporte dorthin auf 1,7 Milliarden Dollar.
Bei Frankreichs Regierung haben die Cognac-Hersteller bereits heftig gegen die Massnahme Chinas protestiert. Das ist eine Reaktion, die China bewusst provoziert hat. Die französische Handelsministerin, Sophie Primas, wird kommende Woche nach China reisen, um mit der Regierung über die Angelegenheit zu sprechen und Unheil vom Sektor abzuwenden.
Schweizer bezahlen keine Zölle
In Europa ist die deutsche Autoindustrie der vehementeste Gegner von Schutzzöllen. Sie produziert einerseits in China für den Export und ist so von den europäischen Schutzzöllen betroffen. Anderseits führt sie auch Fahrzeuge nach China aus und muss nun mit Gegenmassnahmen rechnen. «Die Einführung der Ausgleichszölle ist ein Rückschritt für den freien globalen Handel und somit für den Wohlstand», sagte Hildegard Müller, die Präsidentin des VDA (Verband der Automobilindustrie), am Dienstagabend.
Für Autokäufer in der Schweiz gelten die Zölle übrigens nicht, obwohl die Fahrzeuge über das Territorium der EU importiert werden. Ohnehin hat die Schweiz, anders als die EU, mit China ein Freihandelsabkommen abgeschlossen.