Seine Gegner sehen in Donald Trump eine Gefahr für die Demokratie. Dabei würden sie die Erfolge seiner vierjährigen Amtszeit unterschlagen, schreibt der Politologe Charles R. Kesler.
Warum werden Millionen von Amerikanern für die Wiederwahl von Donald Trump stimmen? Es wird Trumps dritter Anlauf für das Präsidentschaftsamt sein. Man kann also nicht sagen, dass diese Leute den Mann oder seine Politik nicht kennen.
Trump hat es geschafft, zur dominierenden politischen Figur in den Vereinigten Staaten, aber auch in Europa zu werden. Er hat dies nicht erreicht, indem er seine Kritiker überzeugte oder sich wie ein klassischer Staatsmann benahm. Trump spürt den Zeitgeist mit all seinen Widersprüchen und Spannungen, und er hebt diese hervor, statt sie zu lösen. Er sah seine Aufgabe bisher darin, die politischen Institutionen zu kritisieren und abzulehnen, die auch in den Augen vieler Bürger an Legitimität verloren haben.
Wenn den Regierenden das wahre Wissen über die Zukunft, den Fortschritt und dessen angebliche Unvermeidbarkeit fehlt, dann bleibt nur noch Anmassung oder das, was Trump als Fälschung anprangert – falsches Wissen, falsche Nachrichten, falsche Hoffnung und falscher Wandel. Dies ist die Krise, mit der die amerikanische und die europäische Linke konfrontiert sind. Donald Trump hat die Krise nicht verursacht. Aber er hat darauf aufmerksam gemacht.
In Amerika traf Trumps Kritik sowohl die Republikaner wie die Demokraten. Trumps Zielscheibe auf der Rechten war nicht die Politik von Ronald Reagan, sondern die des konservativen Establishments nach Reagan, das mehr oder weniger von Bush dem Älteren bis Bush dem Jüngeren andauerte – der «mitfühlende Konservatismus», dem es nicht gelang, eine dauerhafte republikanische Mehrheit, eine gesunde Mittelschicht oder auch nur sozialen Frieden im eigenen Land hervorzubringen. Die «neue Weltordnung» und die «Vorwärtsstrategie der Freiheit» schafften es auch nicht, Russland, dem Nahen Osten und China Frieden zu bringen, geschweige denn Demokratie.
Der Friedensstifter
Aus diesen Gründen greift es zu kurz, Trump vorzuwerfen, er sei eine Gefahr für die Demokratie. So blendet man die politische Realität aus. Als Präsident hat Trump keine Kriege begonnen, insbesondere nicht die endlosen idealistischen Kriege, die viele Aussenpolitiker lieben. Er verteidigte Israel energisch, die einzige funktionierende Demokratie im Nahen Osten, und handelte das Abraham-Abkommen aus, das die gesamte Region einem Frieden näherbrachte.
Der 6. Januar 2021 war sicherlich der Tiefpunkt von Trumps politischer Karriere. Bei den Ereignissen handelte es sich aber nicht um einen vorsätzlichen Putsch, wie Kritiker behaupten.
Diese Kampagne hatte 2016 begonnen, als viele Elemente seiner eigenen Regierung, darunter das FBI und die CIA, mit Hillary Clinton und den Demokraten zusammenarbeiteten, um den «Russiagate»-Skandal zu inszenieren. Dabei wurde behauptet, Trump sei wissentlich oder unwissentlich ein Werkzeug Wladimir Putins. Viele Untersuchungen, darunter auch die blutleere offizielle, kamen zu dem Schluss, dass es an Beweisen mangelte und der Skandal im Grunde genommen reine politische Propaganda war – ein Schwindel, wie Trump sagte.
Demokraten hintergehen Demokratie
Fast alle Amerikaner waren überrascht, wie leicht es den Demokraten gelang, mitten im Rennen die Pferde zu wechseln und ihren Kandidaten Joe Biden durch Kamala Harris zu ersetzen. Harris nahm das letzte Mal 2019 an einer Vorwahl für die Präsidentschaftswahlen teil, doch ihre chaotische Kampagne wurde vor dem Wahltag eingestellt. Trotzdem verlangten die Demokraten nicht, dass Harris dieses Jahr an neuen Vorwahlen teilnimmt oder sich einem Nominierungsverfahren am Parteitag der Demokraten unterzieht. Jede Abweichung oder Einschränkung der Demokratie kann offenbar gerechtfertigt werden, wenn sie dazu dient, die Demokratie vor Donald Trump zu schützen.
In Joe Bidens erfolgloser Kampagne für eine Wiederwahl wurde Trumps vermeintliche Bedrohung der Demokratie stark betont. Dies war auch Thema am Parteitag der Demokraten, aber es wurde der Feier über «die Freude an [Kamalas] Lachen und ihrem Licht», wie Michelle Obama es ausdrückte, untergeordnet. Trump und seinem Vizepräsidentschaftskandidaten J. D. Vance warfen sie vor, sie seien «weird», seltsam.
Harris bezeichnete Trump als «in vielerlei Hinsicht unseriösen Mann». Sie beschrieb sich dagegen als Tochter einer glücklichen, normalen Familie von Auswanderern aus der Mittelschicht – doch wie viele Familien haben Eltern mit zwei Doktortiteln? Sie versprach, die Demokraten als etwas hippere Version der Partei der Hoffnung und des Wandels wiederzubeleben.
Schon Barack Obamas Slogan für die Wiederwahl im Jahr 2012 war auf «Fortschritt!» geschrumpft, mit dem verräterischen Ausrufezeichen, als ob seine demokratischen Mitstreiter sonst nicht wüssten, wie sie sich begeistern sollten. Kamala Harris’ offizieller Wahlspruch, den sie an ihrem Parteitag vorstellte, lautet «Ein neuer Weg nach vorne». Nicht gerade mitreissend, doch dann skandierte die Menge den inoffiziellen Slogan der Kampagne: «Wir gehen nicht zurück.» Damit meinten sie, dass sie kein Amerika ohne Abtreibungsrecht, ohne eine Obamacare-würdige nationale Gesundheitsversorgung und ohne positive Diskriminierung tolerieren werden.
Doch kurz vor dem Wahltag scheinen die Demokraten ihre Freude verloren zu haben. Es fällt ihnen nichts Besseres mehr ein, als Trump mit Hitler zu vergleichen. Harris und ihre Mitstreiter warnen düster davor, dass Trump ein «Faschist» sei, der nach «unbeschränkter Macht» strebe. Das ist ihr Schlussargument. Das ist ihre letzte Drohung.
Trans-Rechte wichtiger als Eigentumsrechte
Menschenrechte, wie sie die Linke in Europa und Amerika heute versteht, entstehen nur aus der Spitze des gesellschaftlichen Wandels oder der Evolution. Für die Linke sind nur Vorreiterrechte wirklich zwingend oder lebenswichtig, wie Trans-Rechte, Identitätsrechte oder Umweltrechte. Individuelle Rechte, insbesondere Eigentumsrechte, verdienen immer weniger Respekt und Schutz gemäss progressiven Werten. Wer entscheidet, was sozialen Fortschritt von sozialem Rückschritt trennt? Die Antwort ist zirkulär: diejenigen, die Experten für «einen neuen Weg nach vorne» sind.
Bei all seinen Ecken und Kanten ist Donald Trump mutig und macht deutlich, was bei der Wahl zwischen den beiden Kandidaten auf dem Spiel steht. Deshalb werde ich wieder für Trump stimmen. Hartnäckig sagt er die Wahrheit in Bezug auf Amerika, er verteidigt die Idee einer farbenblinden, nichtrassistischen Verfassung, die auf individuellen oder natürlichen Rechten und auf der Zustimmung der Regierten beruht. Seine Ernennungen im Justizwesen haben erfreulich kurzen Prozess mit rassistischen Aufnahmebestimmungen und mit Einschränkungen der Redefreiheit gemacht und werden dazu beitragen, die zivile Ordnung an unseren Grenzen und in unseren Städten wiederherzustellen.
Charles R. Kesler ist Professor für Staatslehre am Claremont McKenna College und an der Claremont Graduate University. Zuletzt veröffentlichte er das Buch «Crisis of the Two Constitutions: The Rise, Decline, and Recovery of American Greatness». – Aus dem Englischen von bgs.