Vergangene Woche erhielt ein Mann aus Schleswig-Holstein seltsame Post: 1700 Briefe auf einen Schlag. Zu seinem Schrecken stellte er fest, dass sie allesamt vom Finanzamt stammten.
Es klingt wie eine Geschichte von Franz Kafka. Als ein Mann im schleswig-holsteinischen Quickborn vergangenen Samstag seine Haustür öffnete, stand ein Briefträger mit zehn gelben Kisten auf seinem Fussabtreter. In der gewaltigen Lieferung befanden sich 1700 Briefe. Als ob das nicht genug wäre, hatten alle Briefe denselben Absender: das Finanzamt.
Der Postbote wollte seine Lieferung keinesfalls wieder einladen. Als sich der gebeutelte Bürger, nennen wir ihn K., vermutlich mit einer ordentlichen Portion Panik daranmachte, den Berg an Umschlägen zu öffnen, stellte er fest: Nicht nur der Absender, auch der Inhalt der Lieferung war eine 1700-fache Wiederholung des immergleichen Dokuments. Alles nur ein schlechter Witz?
Was um Himmels willen wollte das Finanzamt ihm an diesem friedlichen Samstag mitteilen, als es ihn in tausendfacher Ausführung mit dem Geheimcode für den Zugang zum Online-Steuerportal Elster überschüttete?
Eine «Zeitschleife» im Finanzamt
«Im ersten Moment habe ich einen Riesenschreck bekommen», sagte der verstörte Bürger gegenüber dem «Flensburger Tageblatt». Von einem Finanzamt erwarte man keine Fehler, «da denkt man eher, man habe selbst Mist gebaut».
Zumindest in diesem Fall liegt der Grund für die Kontaktaufnahme der Behörde nicht in einem Versäumnis des Steuerzahlers. Und, natürlich, ist er auch nicht mit der Böswilligkeit eines bürokratischen Apparats zu erklären. Schuld war schlicht die Technik, wie das Finanzamt mitteilte.
Angefangen hatte alles mit einer harmlosen Anfrage des willigen Steuerzahlers, der einen Zugang zum Elster-Portal erbat. Diese war am Wochenende der Zeitumstellung Ende Oktober beim Finanzamt eingetroffen. Und da alle Elster-Zugänge vollautomatisiert bearbeitet würden, sei er durch die «zeitgleiche Zeitumstellung quasi in eine ‹Zeitschleife› geraten», so die Sprecherin des Finanzamtes. Eine Zeitschleife, solche phantastischen Vorkommnisse hätte man deutschen Finanzämtern gar nicht zugetraut.
1699 Briefe zur Abholung bereit
Immerhin lassen sich aus dem postalischen Patzer brisante Informationen über die Rechenleistung der Computer deutscher Finanzämter ableiten: Wenn in der einen Stunde, die mit der Zeitumstellung gewonnen wird, 1700 Briefe mit Zugangscode ausgelöst wurden, bedeutet das: Die Rechner des Finanzamts sind in der Lage, 28,3 Briefe pro Minute auszustellen beziehungsweise 0,47 pro Sekunde. Beachtlich!
Natürlich sei dem «Steuerpflichtigen», wie das Finanzamt den armen Empfänger seiner Zustellung nennt, auch die Abholung und Vernichtung der überzähligen Post angeboten worden. Der lehnte dankend ab. Allerspätestens nach einem solchen Samstag möchte man wohl jeglichem Kontakt mit dem Finanzamt aus dem Weg gehen.
Die Lehre aus der Geschichte? Sollte Sie je eine unverhältnismässig umfangreiche Postlieferung vom Finanzamt erreichen: Nicht verzagen! Vermutlich lag es nicht an Ihnen, sondern an der Zeitumstellung.