Der ehemalige amerikanische Botschafter in der Schweiz und Trump-Freund Edward McMullen ist überzeugt: Die Rückkehr von Donald Trump ins Weisse Haus wird der Schweiz und der Welt entspanntere Beziehungen mit den USA und mehr Freiheit und Frieden bringen.
In Europa überwiegen nach den amerikanischen Wahlen die düsteren Befürchtungen: Werden die USA mit der Rückkehr von Donald Trump ins Weisse Haus unberechenbar populistisch oder gar autoritär? Kommt es zu noch schärferen Auseinandersetzungen mit China, neuen Handelskriegen und grösseren weltwirtschaftlichen Verwerfungen? Gilt bald nur noch das Gesetz des Stärkeren? Ist die Ukraine verloren und Europa bald auf sich alleine gestellt?
Edward McMullen hält all die Sorgen für bedauerliche europäische Missverständnisse, entstanden in Unkenntnis des wahren Charakters von Donald Trump, der vor allem gute Deals aushandeln und damit Wohlstand, Freiheit und Frieden in Amerika und der Welt fördern wolle.
McMullen muss es eigentlich wissen. Der in South Carolina aufgewachsene Geschäftsmann kennt Trump seit vierzig Jahren persönlich, hat für ihn Wahlkampf gemacht und liess sich von ihm während dessen erster Präsidentschaft als amerikanischer Botschafter nach Bern entsenden. In der Zeit entwickelte McMullen viel Sympathie für die Schweiz. Die bilateralen Beziehungen blühten trotz Covid auf. Die USA sind für die Schweiz zum grössten nationalen Exportmarkt überhaupt geworden. McMullen ist überzeugt: An diese Zusammenarbeit könne man jetzt wieder anknüpfen. Anders als mit der gegenwärtigen demokratischen Administration, welche die Schweiz und ihre Neutralität offenkundig überhaupt nicht verstehe, gelte es nun unter anderem dort weiterzufahren, wo man mit Trump aufgehört habe – mit einem Freihandelsabkommen.
Ambassador McMullen, wenn ich richtig informiert bin, haben Sie Präsident Trump auf Teilen seiner Wahlkampftour begleitet.
O ja, ich bin mit dem Präsidenten und dem designierten Vizepräsidenten J. D. Vance durch die ganzen USA gereist und habe viel Zeit mit ihnen verbracht.
Was war Ihr Eindruck, was hat die Wähler überzeugt und zu diesem doch überraschend deutlichen Wahlsieg geführt?
Präsident Trump hat sehr viel Zeit mit Vertretern der Mittelklasse, mit weniger Begüterten, mit kleinen Unternehmern, Afro- und Hispanoamerikanern verbracht. Daher stammt nun auch sein Stimmenzuwachs. Früher hatten Republikaner da einen schweren Stand. Ihre traditionelle Wählerbasis stammt von der Wall Street, von reicheren Leuten und aus der Mittelklasse. Die haben immer noch republikanisch gewählt, aber Trump konnte seine Wählerbasis deutlich verbreitern. So hat er jetzt ein Mandat aus allen Gesellschaftsschichten ausser von den harten Linken. Besonders wichtig ist, dass er nun übers ganze Land gesehen eine Mehrheit der Stimmen gewonnen hat.
Sie meinen, Trump ist der Kandidat des gewöhnlichen amerikanischen Mannes und der gewöhnlichen amerikanischen Frau geworden?
Aller Männer und Frauen. Die Demokraten haben sich an ihre übliche ideologische Klientel gewandt. Trump an alle. Er hat sie mit einem Plan überzeugt, wie er Amerika wieder wirtschaftlich stärker machen und mit dem Rest der Welt in Frieden und Wohlstand zusammenarbeiten will.
Wie konnten all diese Wähler ihre Stimme einem verurteilten Straftäter geben?
Die Justiz wurde missbraucht, das war ein wichtiger Teil dieses Wahlkampfs. Die Amerikaner wollen ein faires Rechtssystem. Nicht eines, das Politiker nutzen, um ihre Konkurrenten auszuschalten. Der Sonderstaatsanwalt hat angekündigt, dass er alle Anklagen gegen Trump zurückziehen will. Wie praktisch, jetzt, nachdem sie die Wahlen verloren haben, merken sie plötzlich, dass diese Anklagen nicht funktionieren. Das haben die Leute durchschaut. Man mag die Persönlichkeit des Präsidenten nicht mögen. Aber er hat nichts Schlimmes getan. Ich bin mir sicher, er respektiert die Justiz und die Verfassung. Und seine Politik wird Amerika wieder stärker machen.
Bevor Sie Botschafter der USA in der Schweiz wurden, waren Sie Geschäftsmann und hatten Ihre eigene Firma für Werbung und Branding. Wieso haben Sie Präsident Trump unterstützt, und wie haben Sie ihn kennengelernt?
Ich habe den Präsidenten zum ersten Mal vor knapp vierzig Jahren getroffen, als ich noch im College war. Ein Freund von mir kannte ihn. Er baute gerade den Trump Tower und war damals noch keine so bekannte Figur. Wir blieben über die Jahre in Kontakt. Als er sich entschied, sich um das Präsidentenamt zu bewerben, hat er mich gefragt, ob ich seine Kampagne in South Carolina organisieren könne. Ich fuhr nach New York, sprach mit ihm und fand, der Mann hat eine grossartige Vision für Amerika.
«Präsident Trump ist nicht mit einem Silberlöffel im Mund geboren.»
In der Wahlnacht sagte Trump, er wolle ein Präsident für alle Amerikaner sein. An seinen Wahlveranstaltungen hörte sich seine Sprache aber oft hart und spaltend an.
Präsident Trump ist nicht mit einem Silberlöffel im Mund geboren. Sein Vater war ein Erstgenerations-Amerikaner, der hart arbeitete, um die Firma aufzubauen. Der junge Donald arbeitete auf Baustellen. Er kennt die Menschen, die dieses Land aufbauen. Zu ihnen hat er gesprochen. Er verspricht ihnen Chancen und Jobmöglichkeiten, keine Sozialtransfers.
Gibt es denn im heutigen Amerika zu wenig Chancen?
Die vier Jahre unter Joe Biden und Kamala Harris haben die Erwartung geweckt, dass sich die Regierung um alle kümmern kann. Das ist eine sehr schlechte Politik für ein marktwirtschaftlich und freiheitlich orientiertes Land wie die USA, das darauf angewiesen ist, dass die Leute ihre Chancen packen. Wir sind nur so gut wie unser nächstbester Unternehmer oder Innovator.
Mitglieder der ersten Administration haben Trump vorgeworfen, seine Sprache habe faschistische Züge.
Alle vier Jahre kommen die Demokraten mit diesen absurden Hitler-Vorwürfen. Das haben sie auch schon früher gemacht, wenn sie sich nicht mehr zu helfen wussten. Die Leute durchschauen das.
Viele waren unzufrieden mit der hohen Inflation und der Immigration.
Wenn Sie plötzlich 50 Dollar zahlen müssen, um mit Ihrer vierköpfigen Familie bei McDonald’s essen zu gehen, dann wissen Sie, dass etwas nicht stimmt. Und Amerika ist das Land der Möglichkeiten und der Willkommenskultur. Aber nicht für Millionen von illegalen Einwanderern.
Ohne Immigranten würde die amerikanische Wirtschaft doch zusammenbrechen.
Immigranten, die aus aller Welt auf legalem Weg in die USA kommen, sind ein wichtiger Teil unserer Wirtschaft. Wir heissen sie willkommen. Und ich kann Ihnen sagen, diese legalen Einwanderer haben mit überwältigender Mehrheit für Trump gestimmt. Auch sie wissen: Undokumentierte, illegale Einwanderung ist gefährlich.
«Wenn es Amerika gutgeht, geht es auch dem Rest der Welt besser und wird diese freier.»
Präsident Trump verspricht, seine «America first»-Politik nun mit noch grösserer Entschiedenheit umzusetzen. Was bedeutet das für den Rest der Welt?
Sich auf «America first» fokussieren bedeutet, die Wirtschaft wieder zum Brummen zu bringen. Wenn es Amerika gutgeht, geht es auch dem Rest der Welt besser und wird diese freier. Der Präsident hat klare Positionen zur Steuerpolitik und zur Regulierung und zu all den Feldern, deren sich die Administration Trump schon vor vier Jahren angenommen hat. Er spricht mit brillanten Personen über den Posten des Finanzministers. Ich habe gerade mit einem Kandidaten zu Abend gegessen.
Wenn Sie von Gesprächen mit Kandidaten sprechen: Wird die nächste Administration Trump eine von Geschäftsleuten und Bankern angeführte Regierung sein?
Ich war am Donnerstag in Mar-a-Lago. Der Präsident fällt diese Entscheidungen jetzt, die Transition ist in vollem Gange. Es werden Leute sein, denen er vertraut und die seine Agenda teilen. Leute von der Wall Street, viele erfolgreiche Geschäftsmänner und -frauen.
Und regierungserfahrene Politiker wie der ehemalige Aussenminister Mike Pompeo?
Pompeo ist ein enger und loyaler Freund des Präsidenten und hat diesen im Wahlkampf unterstützt. Der Präsident wird sicher mit ihm über Regierungsämter sprechen – die Frage ist, ob Pompeo bereit ist, in die Regierung zurückzukehren. Aber ich sage Ihnen, es gibt Tausende von Geschäftsleuten, Politikern und Diplomaten, die noch so gerne in die neue Administration eintreten möchten.
Ein besonders enthusiastischer Unterstützer scheint Elon Musk zu sein.
Elon war am Donnerstag auch in Mar-a-Lago, hat mit dem Präsidenten zu Mittag gegessen. Die beiden verstehen sich sehr gut. Elon ist ein klassisches Beispiel eines Unternehmers mit einer Vision, der über den Tellerrand hinausdenkt und die Wirtschaft wieder zum Laufen bringen will.
Kann man denn beides, Unternehmer sein und Regierungsverantwortung übernehmen?
Ich denke nicht, dass Elon in der Regierung arbeiten wird. Er wird den Präsidenten in Wirtschaftsfragen und bei der Verschlankung von Regierung und Verwaltung beraten. Die gegenwärtige Regierung hat zu viel ausgegeben.
Die hohen Budgetdefizite bieten in der Tat Anlass zur Sorge. Nun will Trump die Steuern senken. Da rückt eine Konsolidierung in noch weitere Ferne.
Sie sind doch kein Keynesianer! Sie wissen es doch besser. Wenn man Steuern senkt und Möglichkeiten schafft, dann nutzen das die Leute, und die Wirtschaft wächst.
«Geld in den Händen der Leute ist effektiver als Geld in den Händen der Regierung und Verwaltung.»
Aber der Staat muss auch Platz machen, indem er seine Ausgaben reduziert.
Genau. Geld in den Händen der Leute ist effektiver als Geld in den Händen der Regierung und Verwaltung. Trump hat die Ausgaben wegen Covid erhöht. Anders als die jetzige Regierung wird er sehr darauf bedacht sein, dies wieder rückgängig zu machen und den Haushalt ins Lot zu bringen. Elon Musk und sein Team werden dabei helfen – denn das ist absolut notwendig, um die Inflation in den Griff zu bekommen.
Präsident Trump hat angekündigt, auf allen Importen Zölle von zusätzlichen 10 bis 20 Prozent zu erheben. Das würde der Wirtschaft schaden.
Nein, nein, das haben Sie falsch verstanden. Donald Trump will mit der ganzen Welt Freihandelsverträge abschliessen, die fair und ausgeglichen sind. Er glaubt an freies Unternehmertum und Reziprozität. Wenn der Handel aber wegen Zugangshindernissen nur in eine Richtung geht, dann ist das kein Freihandel. Der Präsident sagte, wenn man kein ausgeglichenes Verhältnis, keine Reziprozität und kein Abkommen erzielt, dann droht diese Art von Zöllen. Die Chinesen sind ein gutes Beispiel. Wenn sie Märkte abschotten und das Verhältnis sehr einseitig ist, dann sind Zölle das Mittel, um eine Lösung in Gang zu bringen.
«Donald Trump will mit der ganzen Welt Freihandelsverträge abschliessen»
Sie sehen die angedrohten 60-prozentigen Zollsätze auf Importen aus China auch bloss als Instrument für Verhandlungen?
Absolut. Denken Sie zurück an die ersten Treffen zwischen Trump und dem chinesischen Präsident Xi. Die beiden haben sich sehr gut verstanden; die Gespräche machten Fortschritte. Hätten wir nicht Covid und den Regierungswechsel gehabt, hätten China und die USA heute eine viel solidere Beziehung.
«Donald Trump ist entschlossen, Feindseligkeiten in der Welt nicht eskalieren zu lassen.»
Seither hat sich das Verhältnis parteiübergreifend verschlechtert. Ist China wirklich ein Kontrahent der USA, den es einzuhegen gilt, oder könnte man wieder zu einem kooperativeren Verhältnis kommen?
Was ich von Donald Trump weiss, ist: Er ist der Meister in der Kunst, Deals zu schliessen. Und Donald Trump ist auch entschlossen, Feindseligkeiten in der Welt nicht eskalieren zu lassen. Ich denke, die Präsidenten Xi und Trump können Lösungen in beiderseitigem Interesse finden. Aber man muss auch sehen, dass China ein kommunistisches Land ist, das sich in den letzten Jahren verändert hat. Die Frage ist, ob die Chinesen zu Verhandlungen über eine Öffnung und Kooperation noch bereit sind.
«Mit den Investitionen, welche Schweizer in den USA tätigen, und den Jobs, die sie dort schaffen, ist das ein ausgeglichenes Verhältnis.»
Die Schweiz erzielt im Warenhandel mit den USA einen relativ hohen Überschuss und dafür im Dienstleistungshandel ein Defizit. Ist das ein Problem?
Man muss sehen, dass die Schweiz ein Land mit 9 Millionen Einwohnern ist, die USA haben über 330 Millionen Einwohner. Entscheidend ist, dass die Märkte in befreundeten Ländern wie der Schweiz für Amerikaner offen zugänglich sind. Mit den Investitionen, welche Schweizer in den USA tätigen, und den Jobs, die sie dort schaffen, ist das ein ausgeglichenes Verhältnis. Unter Trump hat das bestens funktioniert.
Man wollte ein Freihandelsabkommen aushandeln.
Die Verhandlungen waren sehr weit fortgeschritten. Präsident Ueli Maurer traf Präsident Trump.
Wieso hat man nicht abgeschlossen?
Es war eine Frage des Timings. Covid kam, und alles stoppte.
«Man kann weitermachen, wo man aufgehört hat. Präsident Trump hat klar gesagt, dass er Freihandelsabkommen möchte.»
Dann eröffnet Ihrer Ansicht nach die zweite Präsidentschaft von Trump die Chance, doch noch zu einem Abschluss zu kommen?
Man kann weitermachen, wo man aufgehört hat. Präsident Trump hat klar gesagt, dass er Freihandelsabkommen möchte.
Dann müssen Sie als Botschafter zurückkommen und die Arbeit vollenden.
(Lacht.) Ich habe dem Präsidenten gesagt, dass ich ihm zur Verfügung stehe, wenn er mich für etwas braucht.
Präsident Trump sagte, er wolle den Krieg zwischen Russland und der Ukraine so schnell wie möglich beenden. Wie soll das gehen? Werden wir bald eine neue Art von Afghanistan sehen, wenn die USA ihre Unterstützung überhastet einstellen und das Feld den Russen überlassen?
Präsident Trump hat, noch bevor er das Weisse Haus verlassen hat und dieser Krieg begann, mit Präsident Selenski und Präsident Putin gesprochen und ihnen klargemacht, dass Amerika keinen Krieg finanzieren will, sondern erwartet, dass eine Verhandlungslösung gefunden wird, mit der beide leben können.
«Wir müssen mit unseren Alliierten in der Nato eine Lösung finden, die sicherstellt, dass Russland es nie mehr wagt, eine Invasion zu starten.»
In Europa fürchtet man, dass Präsident Trump Putin nahesteht, der einen hybriden Krieg nicht nur gegen die Ukraine, sondern ganz generell gegen den Westen und westliche Werte führt.
Trump ist ein Geschäftsmann, der sich mit der Kunst des Verhandelns auskennt. Man kann Feindseligkeiten nicht beenden, ohne miteinander zu sprechen. Keine Seite wird über das Resultat von Verhandlungen glücklich sein. Beide müssen Konzessionen machen und verstehen, dass der Krieg aufhören muss. Und wir müssen mit unseren Alliierten in der Nato eine Lösung finden, die sicherstellt, dass Russland es nie mehr wagt, eine Invasion zu starten. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt. Und ich bin mir sicher, dass Präsident Trump nie in ein Afghanistan-Szenario einwilligen wird. Wir wollen Demokratie und Freiheit schützen.
Unternehmer, Botschafter und Brückenbauer
pfi. · Der ursprünglich in New York geborene und aufgewachsene Edward (Ed) McMullen ist Donald Trump zum ersten Mal vor rund vierzig Jahren als College-Student begegnet. McMullen studierte Politikwissenschaften und gründete danach im Heimatstaat seiner Frau, South Carolina, seine eigene Firma für Werbung und Markenpflege für Unternehmen. Mit dieser unterstützte er 2016 auch Donald Trumps Wahlkampf in den Primaries in South Carolina. Danach entsandte Trump den Geschäftsmann und ehemaligen Absolventen des Young Leaders Program der American Swiss Foundation 2017 als Botschafter nach Bern. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, verkaufte McMullen seine Firma. In der Schweiz erwies er sich als ein an seinem Gastland interessierter, äusserst engagierter Brückenbauer und Förderer bilateraler Wirtschaftsbeziehungen. McMullen brachte es unter anderem fertig, dass die USA in der Pandemie für Schweizer Geschäftsleute zugänglich blieben. Nach dem Machtwechsel im Weissen Haus kehrte er 2021 nach South Carolina zurück, blieb aber der Schweiz unter anderem über die American Swiss Foundation verbunden.
Präsident Biden steht im Ruf, einer der letzten wirklich transatlantisch denkenden Politiker zu sein. Die Furcht besteht, dass Trump Europa den Rücken zukehren und es sich selbst überlassen will.
Ich kann nicht verstehen, wie jemand denken kann, die vergangenen vier Jahre seien gut für Europa gewesen. Europa hat sich in Kriegen verwickelt wiedergefunden, Bomben fliegen in Europa und dem Nahen Osten. Bidens aussenpolitischer Leistungsausweis ist doch ein Desaster. Trump wird Sicherheit und Frieden bringen.
Trump hat das wichtigste Sicherheitsinstrument, die Nato, öffentlich infrage gestellt.
Die Amerikaner wollen nicht für die Nato bezahlen und Europa beschützen, wenn Europa nicht seinen fairen Anteil dazu leistet. Das haben die Deutschen und andere Europäer inzwischen begriffen. Als Resultat ist die Nato heute stärker denn je, weil Trump so sehr darauf gepocht hat.
Die Nato infrage zu stellen, war also auch nur Verhandlungstaktik?
Ich habe den Präsidenten nie von einem Rückzug Amerikas aus der Nato sprechen hören, nie. Er forderte ein grösseres Engagement der Mitglieder für ihre eigene Sicherheit.
Da scheint es in dem Fall Missverständnisse zu geben.
Missverständnisse gibt es auch, wenn die Schweiz denkt, die Administration Biden sei gut gewesen für die bilateralen Beziehungen. Diese Administration versucht der Schweiz vorzuschreiben, wie sie ihre Regierung führen soll. Das liegt doch nicht in deren Verantwortung und verkennt völlig die Rolle der Schweiz in der Welt.
«Wenn wir Frieden zwischen der Ukraine und Russland verhandeln, sollten wir dazu in die Schweiz gehen.»
Sie sprechen die überraschende Kritik an der Umsetzung von Sanktionen und dem Kampf gegen Geldwäscherei an?
Mir scheint, die gegenwärtige US-Administration hat ein absolut trostloses Verständnis der schweizerischen Neutralität und ihrer Bedeutung. Die Schweiz zu behandeln, als wäre sie ein Nato- oder EU-Mitglied, zeigt, dass man die Schweizer Neutralität nicht versteht und den Wert, den diese für die USA hat. Ich habe diesen Wert selbst erlebt, als wir mit der Schweiz zusammengearbeitet haben, um Geiseln aus Iran nach Hause zu bringen. Ich bin überzeugt, die schweizerische Neutralität hilft der Sache von Frieden und Freiheit in der ganzen Welt. Wenn wir Frieden zwischen der Ukraine und Russland verhandeln, sollten wir dazu in die Schweiz gehen. Sicher, es gibt Dinge, wo man nicht mehr neutral sein kann und Partei ergreifen muss, aber das muss die Entscheidung der schweizerischen Regierung und des Schweizervolks sein und nicht diejenige der amerikanischen Regierung.
Was wäre zum Schluss Ihre zentrale Botschaft an die Schweizer zur Rückkehr von Trump als US-Präsident?
Die Medien haben Trump sehr kritisch gesehen. Es gibt Gründe dafür, wenn man ihm zuhört. Die Schweizer verstehen den Humor und die Persönlichkeit eines Bauunternehmers von Queens, New York, nicht. Aber sie sollten zurückschauen zu den vier Jahren, in denen ich US-Botschafter in der Schweiz war. Die Beziehungen mit der Schweiz wurden immer besser. Die Schweiz wurde vom achtwichtigsten zum fünftwichtigsten Investor in den USA. Präsident Trump mag die Schweiz und ist sich der Bedeutung des Landes bewusst. Er hat viel Zeit in der Schweiz verbracht. Als Präsident, aber auch schon davor mit seiner ersten Frau und den Kindern.
Wie kam es denn dazu?
Sie haben es geliebt, hier Ski fahren zu gehen. Ich war einmal auf einer Bergspitze bei St. Moritz in einem sehr schönen Restaurant. Da zeigte mir der Besitzer ein altes Gästebuch mit einem Eintrag von Ivanka, Ivana and Don junior. Ivanka hatte ein Häschen draufgemalt. Ich habe es fotografiert und Ivanka geschickt. Und sie hat sofort geantwortet: «Daran erinnere ich mich noch ganz genau!»