Die Politik reagiert ungeduldig auf verschleppte Probleme, schreckt aber vor einem Eklat zurück.
Sie ist die kleinste Zürcher Hochschule – und die mit dem grössten Defizit: Die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) verbuchte vergangenes Jahr ein Minus von 6,9 Millionen Franken.
Schon wieder die ZHdK: Die Hochschule machte in letzter Zeit vor allem mit Problemen von sich reden. Die unterdessen gestoppte Zusammenarbeit mit einer regimenahen Universität in China. Unmut in der Belegschaft wegen eines Stellenabbaus. Kontroversen um die Einführung eines neuen Studienmodells. Und den zögerlichen Umgang mit Vorwürfen sexueller Belästigung an der Zürcher Tanzakademie.
Entsprechend gering ist in der Zürcher Politik die Toleranz für weitere Probleme an der Hochschule. Am Montag wurde im Kantonsparlament der Jahresbericht diskutiert – und dabei nicht mit Kritik gespart.
Im Namen der Aufsichtskommission der Hochschule wählte Raffaella Fehr (FDP) klare Worte: «Die finanzielle Führung lässt zu wünschen übrig», sagte sie. Ihr Parteikollege Andreas Juchli doppelte sogleich nach: «Das Defizit stört mich sehr.»
Auch auf der Linken ist man darüber alles andere als erfreut. Als «aus dem Ruder gelaufen» bezeichnete Daniel Heierli (Grüne) die finanzielle Situation der ZHdK. Nun scheine das Problem zwar erkannt zu sein. «Es hätte aber früher erkannt werden können.» Gleich sei das schon bei den Missständen an der Tanzakademie gewesen.
Ist die Teuerung schuld?
Der Unmut der Politikerinnen und Politiker hat dabei nicht nur mit der Situation an der Kunsthochschule zu tun. Sondern vielmehr mit einem besorgniserregenden Trend, der dahintersteckt: Laut der parlamentarischen Aufsicht steigen die Kosten pro Student nämlich an – und zwar nicht nur an der ZHdK, sondern an sämtlichen Hochschulen im Kanton.
«Mit einer gewissen Besorgnis» habe man das zur Kenntnis genommen, heisst es im Bericht der Aufsichtskommission, «insbesondere da die Kosten stärker angestiegen sind als es alleine die wirtschaftliche Lage hätte erwarten lassen».
Die Hochschulen selbst begründen diesen Trend gegenüber der Aufsicht mit der grossen Anzahl an Teilzeitstudierenden, die verhältnismässig teurer seien als Vollzeitstudierende, sowie mit der Teuerung. Gleich sieht es Bildungsdirektorin Silvia Steiner (Mitte). Es sei die Inflation, die zu höheren Kosten führe. «Die Hochschulen können nichts dafür.»
Die Teuerung betrifft jedoch alle gleich – und doch sind es die Ergebnisse nicht. Während die Universität Zürich und die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) ein ausgeglichenes Budget aufweisen, verbucht die ZHdK ein Millionendefizit.
FDP-Politikerin Fehr sagt gegenüber der NZZ, der Verlust lasse sich nicht mit der Teuerung allein erklären. «Da gibt es strategische Probleme, vor allem im Personalbereich», sagt Fehr. Sie sei jedoch zuversichtlich, dass die Hochschule diese nun angehen werde.
Forschung statt Unterricht an der PH
Auch die Pädagogische Hochschule Zürich schreibt rote Zahlen. Mit fast einer Million Franken ist das Defizit allerdings deutlich tiefer als bei der ZHdK. Das Problem liegt dort laut der kantonsrätlichen Aufsicht woanders: bei falschen Prioritäten. Statt in die Ausbildung dringend benötigter Lehrpersonen werden nämlich zunehmend auch Mittel in die Forschung investiert – deren Anteil an den Gesamtausgaben wächst.
Das stösst bei bürgerlichen Bildungspolitikern auf Unverständnis. FDP-Frau Fehr ist irritiert über den Trend hin zu höheren Forschungsausgaben. «Wir brauchen vor allem mehr Lehrpersonen – und zwar solche, die mit dem Schulalltag zurecht kommen», sagt sie. Und ihr Parteikollege Juchli findet: «Fachhochschulen sollten nicht die Universität kopieren, sondern sich auf die Ausbildung fokussieren.»
Anders sieht es Katrin Wydler (Mitte): Forschung sei nicht automatisch lebensfremd. Im Gegenteil: «Praxisorientierte Forschung trägt dazu bei, guten Unterricht zu gewährleisten.»
Trotz den teilweise scharfen Voten verzichteten die Zürcher Bildungspolitiker am Schluss auf konkrete Massnahmen: Sie genehmigten sämtliche Jahresberichte aller Zürcher Hochschulen einstimmig. Ein Eklat bleibt damit aus. Bei aller Kritik – so der Tenor – sei man mit der Qualität der dortigen Bildungsangebote im Grundsatz sehr zufrieden.
Ganz zurücklehnen können sich die Hochschulen jedoch nicht: Die parlamentarische Aufsicht will sich die steigenden Kosten pro Studentin im kommenden Jahr genauer untersuchen und auf Gegenmassnahmen pochen.