Die Nummer zwei im Aussendepartement hat sich mit einem chinesischen Vizeminister zum «politischen Dialog» getroffen. Es ging um umfassenderen Freihandel, Menschenrechte und Taiwan.
Hach, die Feinheiten der Diplomatie. Am Dienstag hat der Staatssekretär im Aussendepartement, Alexandre Fasel, einen der vier chinesischen Vizeaussenminister, Deng Li, in Peking zum regelmässigen «politischen Dialog» besucht. Danach veröffentlichten die beiden Seiten recht unterschiedliche Communiqués, welche die Prioritäten beider Seiten unterstreichen – und die einmal mehr die Sonderrolle der Schweiz in den westlichen Beziehungen zu China zeigen.
Das Aussendepartement veröffentlichte eine viel längere, detailliertere Stellungnahme, welche mehrere Gesprächsthemen konkret benannte, etwa eine «Bestandsaufnahme der bilateralen Beziehungen mitsamt Menschenrechtsdialog». Dabei sei es auch um die «Situation in Xinjiang und Tibet» gegangen, präzisierte das Departement auf Anfrage.
Weitere Themen waren die Wirtschaftsbeziehungen und die Lage in der Ukraine und im Nahen Osten. Beide Seiten hätten über die chinesisch-brasilianische Initiative zum Ukraine-Krieg gesprochen, erklärte das Aussendepartement. Im September, während der Uno-Vollversammlung in New York, beteiligte sich die Schweiz als einziges westliches Land an einem Treffen zu der bisher weitgehend folgenlosen Initiative.
Die Schweiz gilt als Modell für den Westen
Chinas Mitteilung hingegen feierte – mit den üblichen Schlagworten – hauptsächlich die bilateralen Beziehungen als «Modell für die friedliche Koexistenz, den gegenseitigen Nutzen und den Win-win-Austausch zwischen China und dem Westen».
Die Schweiz ist neben Island der einzige europäische Staat, der ein Freihandelsabkommen mit China hat. Es stammt von 2014. Seit September verhandeln die beiden Länder auf Drängen der Schweiz über eine «Optimierung» des Abkommens. Dabei geht es insbesondere um einen verbesserten Marktzugang für mehr Produkte bei weniger Zöllen. China ist für die Schweiz der fünftwichtigste Exportmarkt.
Sollten sich die beiden Länder auf ein ausgebautes Abkommen einigen, könnte dieses am zunehmend China-kritischen Volk scheitern – die Grünen drohen bereits mit einem Referendum. Auch der Mitte-Präsident Gerhard Pfister hatte sich in der «NZZ am Sonntag» skeptisch geäussert: «China ist in einer Allianz mit Russland, das wiederum die Sicherheit Europas bedroht. Da sollte man sich schon die Frage stellen, wie sinnvoll es ist, mit einer solchen Macht den Freihandel voranzutreiben.»
Generell finden Teile des Parlaments, dass der Bundesrat gegenüber der zunehmend aggressiven chinesischen Staatsführung zu konziliant auftrete. So will die Aussenpolitische Kommission im Nationalrat den Bundesrat doch noch dazu bewegen, die erst 2021 veröffentlichte China-Strategie nicht zum Jahresende einzustampfen, sondern sie zu aktualisieren.
Schweiz betont Ein-China-Politik
Taiwan-freundliche Abgeordnete ärgerten sich im Januar darüber, dass der Bundesrat der demokratischen Insel nicht zur gelungenen Präsidentschaftswahl gratulierte – anders als etwa die EU, die USA und Japan. Auf Nachfrage schreibt das Aussendepartement nun lediglich, dass Staatssekretär Fasel und Vizeminister Deng sich auch zu Taiwan ausgetauscht hätten.
Chinas knappes Communiqué ging weiter: Fasel habe «mit Nachdruck» die Ein-China-Politik der Schweiz bekräftigt, wonach Bern offiziell nur mit Peking diplomatische Beziehungen unterhält, nicht mit Taipeh. China wolle gemeinsam mit der Schweiz den Weltfrieden und die Stabilität erhalten.
Ebenfalls am Dienstag empfing Chinas Aussenminister Wang Yi den Generalsekretär des russischen Sicherheitsrates Sergei Schoigu. Er hatte als Verteidigungsminister den Angriff auf die Ukraine verantwortet und wird vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen per Haftbefehl gesucht.