Bis Ende Jahr will der Detailhändler einen Käufer für Hotelplan präsentieren. Nun sollen noch zwei Interessenten übrig sein. Die Auswirkungen auf die Schweizer Aktivitäten dürften ziemlich unterschiedlich sein, je nachdem, wer das Rennen macht.
Wäre die Migros ein gewinnmaximierendes Unternehmen, wären gewisse Entscheide einfacher. Seine Reisetochter Hotelplan würde der Detailhändler dann einfach an den meistbietenden Interessenten verkaufen. Doch als Genossenschaft unter Beobachtung der Schweizer Öffentlichkeit ist nicht nur der Verkaufspreis ausschlaggebend, sondern auch der Erhalt von Arbeitsplätzen unter dem neuen Eigentümer.
Je nach Käufer sieht die Rechnung anders aus. Im Rennen sind nun offenbar noch zwei Bieter. Einer soll die deutsche Dertour-Gruppe sein, beim zweiten handelt es sich angeblich um einen Finanzinvestor, möglicherweise ein Family-Office aus der Schweiz, wie die Branchenpublikation «FVW» schreibt.
Dertour ist schon heute ein wichtiger Akteur im Schweizer Reisemarkt. Dem Unternehmen gehören etwa Kuoni und Helvetic Tours, aber auch spezialisierte Marken wie Kontiki oder Frantour. Entsprechend gäbe es für Dertour mit einer Übernahme einiges an Synergie-, also Sparpotenzial.
Zu viele Reisebüros
Dazu gehören die Reisebüros, von denen es nach einer Zusammenführung deutlich weniger brauchen würde. Während Dertour rund 70 Reisebüros in der Schweiz hat, sind es bei Hotelplan noch über 80.
Ein Punkt ist aber auch die IT. Dertour hat in den vergangenen Jahren ein neues IT-System aufgebaut und wäre nicht auf die ganzen Kapazitäten angewiesen, die heute bei Hotelplan noch bestehen.
Um den maximalen Nutzen aus einer Übernahme zu holen, müsste Dertour bei einer Integration von Hotelplan möglichst viel einsparen – was wiederum dem Ziel der Migros eines sozialverträglichen Besitzerwechsels zuwiderläuft.
Bei einem Zusammenschluss der beiden grössten Reiseunternehmen in der Schweiz stellte sich automatisch auch die Frage nach dem Wettbewerb. Zusätzlich zu den eingangs erwähnten Aktivitäten ist Dertour auch noch am Gemeinschaftsunternehmen ITS Coop Travel mit Coop beteiligt.
Die Praxis zeigt aber, dass Firmenübernahmen hierzulande nur in seltenen Fällen von der Wettbewerbskommission untersagt werden. Dazu müsste mit einem Zusammenschluss praktisch ein Monopol entstehen, was hier nicht der Fall wäre.
Der Umstand, dass Kunden ihre Reise immer öfter selber ohne Reisebüro organisieren, schwächt den Druck für kartellrechtliche Auflagen bei einem Deal zusätzlich.
Ein Private-Equity-Investor oder ein Käufer ohne bestehendes Geschäft in der Schweiz hätte weniger Probleme mit Doppelspurigkeiten. Aber auch dieser müsste Hotelplan effizienter aufstellen, erst recht, wenn er das Unternehmen später weiterverkaufen wollte.
Kommt es zur Aufteilung?
Es ist auch gut möglich, dass sich ein Käufer nur für einzelne Teile der Hotelplan-Gruppe interessiert. Nicht alle Bereiche sind gleich attraktiv. Das in Grossbritannien angesiedelte Spezialgeschäft mit Ski-, Wander- und Veloferien ist rentabler als das Massengeschäft mit Badeferien. Als Filetstück gilt die Ferienwohnungstochter Interhome.
Laut dem Bericht von FVW bietet Dertour darum auch zusammen mit Hometogo für Hotelplan. Das deutsche Unternehmen ist ebenfalls in der Vermietung von Ferienunterkünften tätig und könnte mit Interhome sein Geschäft weiter ausbauen.
Bei der Migros heisst es, man habe Interessenten für einen Kauf von Hotelplan als Ganzem – so wie das ursprünglich der Plan war. Der Detailhändler hatte Anfang 2024 angekündigt, sich wieder stärker auf das Kerngeschäft Supermärkte zu konzentrieren.
In diesem Zusammenhang hatte die Migros neben dem Verkauf der Kosmetik- und Putzmittelherstellerin Mibelle auch den Plan zur Veräusserung von Hotelplan bekanntgegeben. Zum Stand des Verkaufsprozesses äussert sich die Migros nicht, man sei jedoch gut unterwegs. Das Ziel sei nach wie vor, bis Ende Jahr eine Lösung präsentieren zu können, eine Garantie dafür gebe es jedoch nicht.