Die Stadtregierung müsse sicherstellen, dass die Spendengelder nicht bei der Hamas landeten, sagt Ifat Reshef.
Die Stadt Zürich stellt für die notleidende Bevölkerung in Gaza 580 000 Franken bereit. Zwei Drittel davon, 380 000 Franken, sollen nach dem Willen der Zürcher Stadtregierung an die UNRWA fliessen. Dieser Entscheid ist hoch umstritten, weil es zwischen dieser Uno-Organisation und palästinensischen Terrorgruppen wie der Hamas enge Verbindungen gibt. Die israelische Botschafterin in Bern, Ifat Reshef, ordnet den Beschluss der Stadtregierung ein.
Frau Botschafterin, wie reagieren Sie auf den Entscheid der Stadt Zürich, der UNRWA 380 000 Franken zu spenden?
Ich bin enttäuscht. Die Stadt Zürich hat gute Absichten, sie will den Menschen helfen. Das Problem mit der UNRWA ist aber, dass sie in Gaza von der Hamas und dem Palästinensischen Islamischen Jihad unterwandert ist. In den Schulen wird Hass gegen Israel und Juden geschürt und die nächste Generation von Terroristen ausgebildet. Das ist nicht erst seit dem Ausbruch des Kriegs so und Israel hat wiederholt darauf hingewiesen. Doch die Verantwortlichen weigern sich nach wie vor, dagegen vorzugehen.
Viele Länder haben ihre Beitragszahlungen an die UNRWA wieder aufgenommen. Ist es so gesehen nicht verständlich, dass auch die Stadt Zürich die Organisation als vertrauenswürdig einstuft?
Zürich und alle anderen staatlichen Geldgeber sollten sich an die Verantwortung erinnern, die sie gegenüber den Steuerzahlenden haben. Dazu gehört es, sicherzustellen, dass ihr Geld nicht in die Hände von Terroristen gelangt. Israel hat Beweise dafür vorgelegt, dass Hunderte von UNRWA-Mitarbeitern aktive Mitglieder der Terrorgruppen Hamas und Palästinensischer Islamischer Jihad sind. Dazu gehört eine vorläufige Liste von 100 Mitarbeitern, die zusammen mit Informationen zu ihren Dienstgraden und Abteilungen an Herrn Lazzarini gesendet wurde. Trotz diesen Beweisen wurden bisher keine Massnahmen zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses ergriffen. Es ist ein Irrtum zu glauben, die UNRWA habe ihre Probleme gelöst. Sie hatte zahlreiche Möglichkeiten, sich um die seit Jahren bestehenden Missstände zu kümmern und hat keine davon wahrgenommen. Jetzt ist es zu spät, das Vertrauen ist zerstört.
Einer der Gründe, warum der Zürcher Stadtrat sich für eine Spende an die UNRWA entschieden hat, ist, dass die Organisation als die einzige gilt, die in Gaza wirklich helfen könne.
Ich höre diese Behauptung sehr oft. Sie basiert darauf, dass die UNRWA die meisten Mitarbeitenden in Gaza hat. Ein Grossteil von ihnen ist in den Schulen tätig. Ich glaube, das Problem ist: Menschen fürchten sich vor Veränderung. Doch genau das braucht es jetzt. Die UNRWA hat nicht nur ihren eigenen Ruf zerstört, sondern droht auch, den Ruf der Uno zu ruinieren. Warum soll man einem System vertrauen, dass sich hinter eine derart verdorbene, von Terroristen durchsetzte Organisation stellt? Ja, die anderen Organisationen sind kleiner als die UNRWA, aber sie wachsen und leisten grossartige Arbeit. Ihr Fokus liegt darauf, das Beste für die Zivilbevölkerung in Gaza zu tun und nicht darauf, eine Schmierkampagne gegen Israel zu fahren, um die eigenen Versäumnisse zu vertuschen.
Welches sind die Alternativen zur UNRWA?
Das World Food Programme bringt derzeit die meisten Nahrungsmittel in den Gazastreifen. Es betreibt zudem zwölf Bäckereien, die drei Millionen Brote pro Tag backen. Dann sind da die WHO oder die Unicef, letztere hat gerade eine grosse Impfaktion gegen Polio abgeschlossen. Zudem gibt es zahlreiche private Hilfsorganisationen, beispielsweise die World Central Kitchen, sowie verschiedene arabische und europäische Länder, die in Gaza aktiv sind.
Haben Sie mit Zürichs Stadtpräsidentin über den Entscheid gesprochen?
Nein.
In der Schweiz ist eine antisemitische Entwicklung zu beobachten: die Juso hat sich der BDS-Bewegung angeschlossen, die zum Boykott Israels aufruft, ein linker Radiosender spielte judenfeindliche Lieder.
Den Entscheid der Juso, sich der BDS-Bewegung anzuschliessen halte ich für einen schwerwiegenden Fehler. Es ist ein Weg, der jeglichen konstruktiven Dialog verweigert. Ein solcher ist aber unerlässlich, auch wenn man sich am Schluss darauf einigen muss, dass man nicht der gleichen Meinung ist. Ich kann verstehen, wenn Leute kritisch sein wollen. Was ich nicht verstehen oder akzeptieren kann, ist Boykott, eine komplette Verweigerung des Gesprächs oder der Zusammenarbeit. Ich hoffe sehr, dass die Juso ihre Entscheidung revidiert.
Ist die Schweiz antisemitischer geworden? Wie beurteilen Sie die generelle Entwicklung?
Diese macht mich traurig, vor allem aber erfüllt sie mich mit Sorge, denn sie widerspricht den Werten der Schweiz als offenes Land, das stolz ist auf seine multikulturelle Geschichte und Gegenwart, wie auch auf seine jüdische Gemeinschaft. Es sollte alle in der Schweiz beunruhigen, dass sich ein Teil der Bevölkerung nicht sicher oder willkommen fühlt. Leider ist die Schweiz nicht das einzige Land, in dem eine solche Entwicklung stattfindet. Es ist ein Phänomen, dass verschiedene europäische Länder und Teile der USA betrifft.