Sie gilt als eines der bedeutendsten Bauwerke der Hochrenaissance. Und Meister wie Raffael schmückten ihre Räume. Nun kamen in der Villa Farnesina in Rom Fresken zum Vorschein, die in Vergessenheit geraten waren.
Ein Elektriker hat sie entdeckt. Hinter einem vergessenen Gewölbe. Dort kamen jüngst bunte Wandmalereien zum Vorschein, von welchen niemand mehr etwas zu wissen schien. Bei Wartungsarbeiten stiess Davide Renzoni auf mehrere Fresken, die ein Gartenidyll und Engel zeigen. Auch das Familienwappen der Farnese mit den Lilien ist darauf zu entdecken. «Als ich eine Taschenlampe anschaltete, wurden sie sichtbar: Es war wie ein Wunder», beschrieb Renzoni den magischen Augenblick seiner Entdeckung.
Die Fresken seien zweifellos von ausserordentlicher Bedeutung, bestätigte die Kuratorin der heute teilweise als Museum betriebenen Villa Farnese in Rom. Sie befinden sich in einem vergessenen Zwischenraum eines acht Meter hohen Gewölbes. Es handelt sich dabei um Deckengemälde eines unbekannten Malers aus dem 17. Jahrhundert. Der Elektriker stiess aus reinem Zufall auf sie, nachdem er durch eine Luke in den vergessenen Raum geklettert war.
Ausstellung mit Fotografien
Die Entdeckung wird nun in einer Ausstellung in der römischen Villa präsentiert, die zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der italienischen Hauptstadt gehört. Um die Fresken zu schützen, sind sie in der Kabinettausstellung allerdings nicht im Original sichtbar. Es wurden professionelle Abbildungen der Deckengemälde angefertigt. Die Fotografien stammen von Luigi Spina, der bereits die Ruinenstadt Pompeji bei Neapel fotografisch dokumentiert hat. Die Ausstellung widmet sich den neusten Erkenntnissen über das Gebäude und seine dekorative Phase im 17. Jahrhundert.
Die Villa wurde im 16. Jahrhundert für den Sieneser Bankier und Kunstmäzen Agostino Chigi vom Architekten Baldassare Peruzzi im Stil eines klassischen Palastes der Hochrenaissance erbaut. Ausgestattet wurde sie von den führenden Künstlern der Zeit, darunter Sebastiano del Piombo, Giovanni Antonio Bazzi und Giulio Romano. Und allen voran Raffael.
Raffael und seine Schüler haben 1518 eine der Hauptattraktionen der Villa geschaffen. Die Decken- und Wandmalereien der nach Norden ausgerichteten Loggia sind inspiriert von der berühmten Geschichte «Amor und Psyche» von Apuleius. Alle Szenen des monumentalen Zyklus sind von Girlanden mit naturgetreuen Pflanzen, Blumen und Früchten umrankt, so dass der Eindruck einer Laube suggeriert wird.
Rätselraten um Urheber
1579 wurde der Palast von Kardinal Alessandro Farnese erworben. Die jetzt zum Vorschein gekommenen Fresken mit den Farnese-Lilien gehören daher nicht zur Erstausstattung des Gebäudes, sondern wurden später hinzugefügt.
Der italienische Staat kaufte 1927 das bedeutende architektonische Zeugnis der Hochrenaissance und liess es umfassend restaurieren. Als der Aufzug eingebaut worden sei, müsse man die Deckengemälde gesehen haben, vermutet die Kuratorin. Dann aber seien sie wohl in Vergessenheit geraten.
Gerätselt wird, wer der unbekannte Maler gewesen sein könnte. Auf einem eigens dafür einberufenen Kongress fielen die Künstlernamen François Simonot, genannt Francesco Borgognone, und Girolamo Troppa. Die Nachforschungen ergaben indes noch keinen definitiven Schluss.