Touristen dürfen sich bald im Kolosseum duellieren, anlässlich einer PR-Aktion für den neuen Ridley-Scott-Film «Gladiator II». In Rom ist man empört. Jetzt bildet sich Widerstand.
Gladiatoren haben einst mit Löwen gerungen, Schlachten nachgespielt oder sich gegenseitig brutal ermordet – zur Belustigung anderer. Sie waren Sklaven und kämpften vor den Bürgern Roms für ihre Freiheit.
Im gleichen Kolosseum, in dem früher 50 000 Besucher Platz fanden, sollen im Mai erneut Gladiatorenkämpfe stattfinden. Doch anstatt blutrünstiger Männer sind es nun 32 verkleidete Touristen, die sich bekämpfen sollen. Und das ganz ohne Zuschauer, zu ihrer eigenen Belustigung. Die Kämpfer werden Ende November per Los bestimmt.
Veranstaltet werden die Schaukämpfe von dem Ferienwohnungsvermittler Airbnb. Er hat das Kolosseum in Rom für zwei Abende gemietet, für 1,5 Millionen Dollar. Airbnb arbeitet bei der Aktion mit dem Filmstudio Paramount Pictures zusammen. Sie werben zusammen für den neuen Film «Gladiator II» des Regisseurs Ridley Scott. Seit Mitte November läuft die Fortsetzung des erfolgreichen «Gladiator»-Films in den Schweizer Kinos – in manchen bis zu zwölfmal pro Tag.
Airbnb will mit den Kämpfen vor allem seinen Ruf in Rom retten. Seit langem wird Airbnb von den Römern vorgeworfen, mit seiner Wohnungspolitik die Mietpreise in die Höhe zu treiben, so dass sich die Bevölkerung keine Wohnungen mehr leisten kann. Aber die PR-Aktion bewirkt das Gegenteil. Denn die Römer sind empört über die Werbeaktion.
Kein Respekt vor dem Unesco-Welterbe
Vor einigen Tagen wurde eine Petition gegen die Gladiatorenkämpfe im Kolosseum gestartet. Mehr als 700 Personen haben bereits unterzeichnet. Das Kolosseum sei kein Konsumobjekt, es stehe nicht zum Verkauf oder zur Miete, es sei das Wahrzeichen Roms, steht im Text der Petition.
Airbnb beteuert, mit dem Mietvertrag die Restaurierung und Aufwertung des Kolosseums zu unterstützen. Doch auch den römischen Kulturminister Massimiliano Smeriglio beschwichtigt dies nicht. In einem Post auf dem sozialen Netzwerk Instagram schreibt er, man dürfe eines der wichtigsten Monumente der Welt nicht in einen Themenpark verwandeln. Er habe sich schriftlich an den CEO von Airbnb gewendet und ihn gebeten, auf die Kämpfe zu verzichten. Er erwarte ein Treffen mit Airbnb in den nächsten Tagen.
Die Römer kritisieren die PR-Aktion, aber auch das Wirken von Airbnb generell. Das Viertel rund um das Kolosseum gehört zu jenen, in denen praktisch kaum bezahlbare Mietwohnungen mehr zu finden sind. Dafür gibt es dort haufenweise Wohnungen, die durch Airbnb vermietet werden.
35 Millionen Menschen haben vergangenes Jahr mindestens eine Nacht in Rom verbracht. Das ist ein Rekordwert für die Stadt mit 3 Millionen Einwohnern. Die Leidtragenden sind die Bewohner. Besonders die, die im historischen Stadtzentrum wohnen. Die Gegend ist meistens überfüllt mit Touristen, denn dort befinden sich die meisten Sehenswürdigkeiten.
Laut Medienberichten werfen Bewohner des historischen Zentrums der staatlichen Verwaltung vor, zu wenig gegen den Massentourismus zu unternehmen. Passiert ist bis jetzt wenig.
Das Kolosseum ist kein Disneyland
Die Associazione Abitanti Centro Storico, ein Zusammenschluss der Bewohner von Roms historischem Zentrum, hat sich über die Zusammenarbeit der Stadt mit Airbnb beschwert, wie es in Berichten heisst. Dass ausgerechnet mit Airbnb kooperiert werde, sei unverständlich, da Airbnb die Geschichte und das Leben der Römer zerstöre. Zudem sei das Kolosseum kein Disneyland.
Für die Römer ist das Kolosseum ihr Stolz, ein Symbol für die Geschichtsträchtigkeit ihrer Stadt. Zur Zeit der alten Römer war das flavische Amphitheater, das Kolosseum, das grösste seiner Art. Damals regierte das Herrschergeschlecht der Flavier in Rom. Im Auftrag von Kaiser Vespasian wurde das Kolosseum in den Jahren 72 bis 80 nach Christus erbaut. Seit Beginn fanden im Kolosseum Gladiatorenkämpfe statt. Mittlerweile gehört das Kolosseum zum Unesco-Welterbe und ist mit 7 Millionen Besuchern pro Jahr Italiens meistbesuchte Sehenswürdigkeit.
Im alten Rom entschied der Kaiser mit der Bewegung seines Daumens, ob einem Gladiator Gnade gewährt wurde. Kaiser gibt es in Rom keine mehr. Und gekämpft wurde im Kolosseum seit 400 nach Christus nicht mehr. Aber wenn die Römer über die Airbnb-Gladiatorenkämpfe entscheiden würden, hiesse es «Daumen runter».
Mit Agenturmaterial