BMW und Toyota erneuern ihre Partnerschaft bei der Einführung von Autos mit Wasserstofftanks. Es ist nicht der erste Neustart der Technologie, ihre Chancen bleiben fraglich.
Anfang September kündigte BMW an, mit Toyota eine neue Generation von Brennstoffzellenautos (FCEV – Fuel Cell Electric Vehicle) zu entwickeln. BMW plant für 2028 die Lancierung eines ersten Grossserienwagens mit dieser Null-Emissionen-Technologie.
Die Ankündigung hinterlässt trotz aller Betonung der Ernsthaftigkeit Zweifel in mehrfacher Hinsicht. Bereits 2015, 2019 und 2022 brachte der deutsche Hersteller Konzeptfahrzeuge und Kleinserien mit Brennstoffzelle und Wasserstofftanks in Umlauf, Letztere allerdings nicht für den freien Verkauf. Doch stets war es das Ziel, der Technologie zum Durchbruch zu verhelfen. Dies misslang bisher.
Auch Toyota vermochte mit seinem Brennstoffzellenauto Mirai nur wenige Fahrzeuge zu verkaufen. Der koreanische Konzern Hyundai brachte es mit den Modellen iX35 FCEV und Nexo ebenfalls nur auf geringe Stückzahlen. Insgesamt gibt es derzeit rund
72 000 Brennstoffzellenfahrzeuge auf den Strassen weltweit.
Doch nun erachten BMW und Toyota die Zeit als opportun, um einen neuen Anlauf zu wagen. Die Konsumenten sind vor allem in Europa verunsichert ob der Einführung von Batterieautos bei vielen Herstellern, die derzeit teurer sind als solche mit Verbrennungsmotor. Es werden immer neue Argumente gegen das Elektroauto ins Feld geführt, ohne die Nachteile von Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotor fair zu gewichten. Gleiches gilt für Hybridfahrzeuge, die mit Verbrennungsmotor geliefert werden.
Technologieoffenheit um jeden Preis?
BMW und Toyota nützen die Gemengelage und verkünden, Wasserstoffpioniere sein zu wollen. In einer neuen Kooperation soll eine gemeinsame Plattform für Autos mit Brennstoffzelle und Wasserstofftanks entstehen. BMW will jedoch nicht bloss ein paar wenige Fahrzeuge lancieren, sondern «ein ernsthaftes Serienangebot», wie Michael Rath, Leiter der Wasserstoffabteilung bei BMW, sagt. Genaue Stückzahlen nennt er jedoch nicht.
Er tut dies aus Vorsicht, denn auch bei BMW ist noch nicht klar, welches der Antrieb der mittel- bis langfristigen Zukunft sein soll. Im Sinne der Technologieoffenheit ist der Ansatz begrüssenswert, die Chancen für eine Wende zum Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft aber scheinen gering.
Auf den ersten Blick erscheint die Idee bestechend: Wasserstoff in Drucktanks unter der Rückbank eines Autos wird in einer kleinen Brennstoffzelle in elektrische Energie umgewandelt. Diese wird in einer kleinen Pufferbatterie zwischengespeichert, und mit dieser Energie wird ein Elektromotor angetrieben. Der Wagen fährt sich wie ein Batterie-Elektroauto, verfügt aber über einen Auspuff. Aus ihm strömt Wasserdampf, die einzige Emission aus dem Antrieb.
Als Vorteil erweist sich derzeit die Überlegenheit des Brennstoffzellenautos gegenüber dem Batteriewagen insbesondere mit höherer Reichweite und kürzeren Tankzeiten: In rund fünf Minuten sind die Wasserstofftanks in der Regel wieder gefüllt, beim Batterieauto dauert dies zwischen zwanzig und dreissig Minuten.
Als Beitrag zur Senkung der Emissionen beim Autofahren ist das FCEV sehr geeignet. Doch der für die Brennstoffzelle nötige Wasserstoff (H2) ist als natürliche Ressource kaum verfügbar. Er muss in einem komplizierten chemischen Elektrolyseverfahren hergestellt werden, bei dem Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff zerfällt. Dazu sind enorme Energiemengen nötig.
Ohne grünen Strom kein umweltfreundliches Wasserstoffauto
Wenn die Quelle der Energie aber nicht aus erneuerbarem Strom besteht, ist das Wasserstoffauto bereits vor dem ersten gefahrenen Kilometer CO2-belastet. Die Herstellung von sogenannt grünem Wasserstoff frisst allerdings bereits ein Drittel der Effizienz bei der Gesamtbetrachtung des Lebenszyklus eines FCEV.
Weitere 7 Prozent der Energie gehen bei der Umwandlung des H2 in Strom verloren, wie der deutsche Sachverständigenrat für Umweltfragen ermittelt hat. Wie beim Batterieauto entsteht im Elektromotor ein Effizienzverlust von 15 Prozent. Daraus ergibt sich, dass der Wirkungsgrad im reinen Fahrbetrieb bei 51 Prozent liegt. Dies ist gegenüber dem Auto mit Verbrennungsmotor deutlich besser, denn der nutzt lediglich 30 Prozent der vorhandenen Energie – der Rest verpufft in Wärme.
Das Auto mit Antriebsbatterie ist deutlich effizienter. Der erneuerbare Strom geht beim Aufladen der Batterie zu 10 Prozent verloren. Von der Restenergie entstehen im Elektromotor weitere 15 Prozent Effizienzverlust. Unter dem Strich stehen 77 Prozent Wirkungsgrad, also rund die Hälfte mehr als beim Wasserstoffauto.
Bezieht man auch den Herstellungsprozess der Fahrzeuge mit ein, wird der Vergleich der Wirkungsgrade noch deutlicher: Der Batterieantrieb verharrt bei 77 Prozent, das FCEV fällt auf 34 Prozent, der Verbrenner auf 14 Prozent. Insbesondere die Herstellung von Benzin und Diesel ist so energieintensiv, dass der Verbrennungsmotor bereits vor der Betankung mit einer Hypothek geringer Effizienz an den Start geht.
Das Tankstellennetz ist dünn
Es kommt erschwerend hinzu, dass die Infrastruktur von Wasserstofftankstellen noch sehr lückenhaft ist: Allein in Deutschland entfallen auf eine Wasserstofftankstelle gut 800 000 Einwohner, in der Schweiz – dem europäischen Spitzenreiter in dieser Wertung – sieht es mit 520 588 Personen pro H2-Tankstelle etwas besser aus.
Doch die Erstellung von Tankstellen für Wasserstoff ist teuer. Im Vergleich zu Zapfsäulen benötigt Wasserstoff eine Lagerung unter hohem Druck, oft auch eine Kühlung. Die Infrastruktur dafür ist aufwendiger. Der Aufbau einer öffentlichen H2-Tankstelle kostet mehr als eine Million Franken, eine Ladesäule für Elektroautos zwischen 1500 und 5000 Franken, da meist das Stromnetz bereits vorhanden ist. Zusätzlich fallen bei beiden Varianten Wartungskosten an.
Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zur Einführung von grossen Flotten von FCEV sind die hohen Anschaffungskosten. Auf dem Schweizer Markt sind derzeit zwei Fahrzeuge zu Basispreisen von 89 900 Franken (Hyundai Nexo) und 66 900 Franken (Toyota Mirai) erhältlich. Batteriestromer und Verbrenner sind deutlich günstiger – Wasserstoffautos bleiben eine kleine Nische.
Dies beweisen auch die Verkaufszahlen. In der Schweiz wurden in den vergangenen fast sieben Jahren durchschnittlich nie mehr als 40 Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb neu zugelassen. Das verkaufsstärkste Jahr war 2022 mit 72 hierzulande in Verkehr gesetzten FCEV.
Hohe Preise liessen sich bekämpfen, etwa durch staatliche Subventionen oder gezielte Tiefpreisangebote der Hersteller. Beides ist derzeit jedoch Wunschdenken. Erst wenn eine Grossserie von FCEV vom Band rollt, können die Preise purzeln, da sich dann Skaleneffekte bei der Herstellung einstellen.
BMW ist jedoch nicht bekannt dafür, eine solche Wette auf die Zukunft einzugehen. Zwar kündigt der Autobauer die Grossserie eines FCEV für 2028 an, aber die Wahrscheinlichkeit spricht gegen eine deutliche Besserung der Situation in Sachen Energieverfügbarkeit und Effizienz des Brennstoffzellenantriebs.
Toyota ist vergleichbare Risiken bereits eingegangen. Als um die Jahrtausendwende der erste Hybridwagen, Prius, lanciert wurde, investierte der japanische Hersteller enorme Summen, um die Preise für den Hybrid-Neuling künstlich tief zu halten. Zudem bekamen damalige Influencer, also Hollywood-Schauspieler, Profisportler und Politiker, einen Prius geschenkt. Die Rechnung dürfte jedoch erst nach Jahrzehnten aufgegangen sein, auch wenn Toyota sich nicht zu den Zahlen äussert. Dass der Mirai 13 000 Franken günstiger ist als der Hyundai Nexo, deutet auch beim Toyota-FCEV auf eine bewusste Tiefpreispolitik ohne Kostendeckung hin.
Für den Betrieb eines Wasserstoffautos spricht vieles: Reichweite, Tankdauer, lokale Emissionsfreiheit. Diese Vorteile streichen BMW und Toyota in ihrer Kommunikation unter dem Motto Technologieoffenheit hervor. Von den Nachteilen aber spricht etwa Michael Rath, Wasserstoff-Chef bei BMW, nicht.
Auf die Nachfrage nach Bemühungen der Hersteller, eigene Wasserstofftankstellen zu schaffen, heisst es lediglich: «Das ist nicht unsere Aufgabe.» Ein Durchbruch beim Brennstoffzellenauto dürfte sich am ehesten im Nutzfahrzeugsektor erzielen lassen, wo die Reichweite bei hohen Nutzlasten eine überragende Rolle spielt.