Er hat Generationen von Tänzerinnen und Tänzern trainiert und inspiriert. Nun ist Peter Appel, der langjährige Ballettmeister Heinz Spoerlis, in Rebstein im St. Galler Rheintal 91-jährig gestorben.
In einer Probe mit Peter Appel zu sitzen, das war auf andere Weise mindestens so spannend wie ein offizieller Abend des Zürcher Balletts vor Publikum. Der langjährige Ballettmeister von Heinz Spoerli sah nämlich alles, die kleinste Abweichung bei der Haltung eines Fingers, einer Hand, eines Fusses. In so einem Fall hätte er auf die Essenz des Tanzstücks verwiesen, hätte erklärt, warum etwas exakt so und nicht anders zu tanzen sei.
Peter Appel war einer der besonders Anspruchsvollen, begabt mit Adleraugen, denen nichts entging, und mit einer Musikalität im Körper, die das Werk des Choreografen zum Klingen und Leuchten brachte. Nur die höchsten Leistungen der Tänzerinnen und Tänzer waren gut genug. Gleichzeitig war es jedoch undenkbar, dass er diese je mit Druck oder Herabsetzungen erzwungen hätte, wie man es in den letzten Jahren von Lehrenden an verschiedenen Ballettschulen gehört hat.
An der Seite von Heinz Spoerli
Mit Peter Appel ist am 14. November einer der ganz grossen Ballettpädagogen Westeuropas gestorben. Er wusste das Beste zweier Welten zu verbinden: die St. Petersburger Schule und deren Weiterentwicklung durch George Balanchine in den USA. Und er war ein Künstler, der selbst das Beste in den Tänzerinnen und Tänzern herausbrachte, nämlich den Künstler.
Peter Appel wurde 1933 in Surabaya auf Java geboren. Er studierte Tanz in den Niederlanden und in Paris. 1954 trat er als Tänzer in das Nederlands Ballet ein, das später zum Niederländischen Nationalballett wurde. 1962 kam er als Solist nach Basel in die Kompanie von Wazlaw Orlikowsky und übernahm bald auch Training und Probenleitung. Für kurze Zeit war er künstlerischer Leiter des Instituts für Bühnentanz in Köln, und er gehörte zu den Gründungsmitgliedern des legendären Kölner Tanzforums.
Seine grosse Zeit als Ballettpädagoge begann in Hamburg, wo er mit John Neumeier die Ballettschule aufbaute. 1979 holte ihn Heinz Spoerli nach Basel zurück. Peter Appel blieb die folgenden Jahrzehnte bis zu seiner Pensionierung 1999 an der Seite des Schweizer Choreografen und arbeitete danach weiterhin als Gastlehrer auf der ganzen Welt. Von Basel ging er mit Spoerli 1991 nach Düsseldorf ans Ballett am Rhein und kam 1996 ans Opernhaus Zürich.
Musikalität und Timing
Wo immer Heinz Spoerli als Ballettdirektor hinkam, war die Kompanie innert kürzester Zeit zusammengeschweisst zu einer homogenen Gruppe von hochmusikalischen Künstlerinnen und Künstlern. Das war auch Peter Appels Werk. Spoerli-Tänzerinnen und -Tänzer, so sagte er einmal, sollten auf der ganzen Welt unter allen anderen Tänzern erkennbar sein.
Jetzt, fünfundzwanzig Jahre nach seiner Pensionierung und dreizehn Jahre nach Spoerlis Rücktritt, erkennt man diesen Typ von Tänzern immer noch da und dort, sieht ihre Musikalität, das besondere Timing, beispielsweise im Wiener Staatsballett von Martin Schläpfer. Der Choreograf und scheidende Ballettdirektor in Wien hat mehrmals betont, wie unglaublich wichtig die Arbeit mit Peter Appel für sein Werdegang als Tänzer und Choreograf war, künstlerisch, aber auch pädagogisch.
Und Martin Schläpfer hat in seiner mittlerweile ebenfalls langen Karriere einiges weitergegeben, was er in der Arbeit mit Appel gelernt hatte. Wie eben viele der zahlreichen ehemaligen Schülerinnen und Schüler. Letztes Jahr wurde Peter Appel für sein Lebenswerk mit dem Deutschen Tanzpreis ausgezeichnet. War auch höchste Zeit.