Bald wird in Bern über die Abschaffung des Eigenmietwerts debattiert. In Zürich wappnet man sich indes für eine Erhöhung.
Wer in den eigenen vier Wänden wohnt, zahlt logischerweise keine Miete und spart dadurch gegenüber Mieterinnen und Mietern viel Geld. Diese Ersparnis wird besteuert – es ist eine Art Solidaritätsbeitrag. Seinen Ursprung hat der Eigenmietwert im Jahr 1934. Eingeführt wurde er per Notrecht, mit dem Ziel, die Bundesfinanzen nach der weltweiten Finanzkrise aufzubessern.
1958 wurde der Eigenmietwert gesetzlich verankert. Gleichzeitig ist seine Abschaffung seit Jahrzehnten eine feste Grösse in der Agenda des Schweizer Parlaments. Nicht weniger als sieben Jahre wird schon an der jüngsten Vorlage, um die Besteuerung von selbst bewohntem Wohneigentum zu reformieren, gefeilt. Im Dezember befassen sich National- und Ständerat voraussichtlich zum letzten Mal mit der Reform.
Beide Parlamentskammern haben bereits Vorschläge verabschiedet – allerdings unterschiedliche: Der Nationalrat will den Eigenmietwert für alle Liegenschaften abschaffen, der Ständerat nur den für Erstwohnsitze. Zudem ist man sich uneins darüber, ob mit dem Eigenmietwert auch die damit einhergehenden Steuerabzüge für Reparaturen und Hypotheken beerdigt werden sollen.
Zürich will Immobilien höher bewerten
Unabhängig von der Debatte in Bern hat der Regierungsrat des Kantons Zürich indes angekündigt, den Steuerwert der Immobilien zu justieren. Damit will er den Veränderungen auf dem Immobilienmarkt seit der letzten Anpassung 2009 Rechnung tragen. Gemäss dem Beratungsunternehmen Wüest Partner beträgt die Wertsteigerung im Schnitt 50 Prozent. Für Einfamilienhäuser (EFH) berechnen die Immobilienexperten eine Erhöhung des Eigenmietwerts um durchschnittlich 11 Prozent und beim Stockwerkeigentum um etwa 10 Prozent.
Bei den Eigenheimbewohnerinnen und -bewohnern wie auch beim Hauseigentümerverband (HEV) kommt die geplante Korrektur schlecht an, sie befürchten deutlich höhere Steuern. Der HEV hat inzwischen den juristischen Weg eingeschlagen.
Für die neuste Ausgabe ihres Immobilien-Magazins hat die Zürcher Kantonalbank (ZKB) Schätzungen vorgenommen, wie die angepassten Lagewerte und Altersabschreibungen sich konkret auf den Eigenmietwert für das Steuerjahr 2026 auswirken.
Das Ergebnis: weniger schlimm als erwartet. Trotz den stark gestiegenen Landwerten deuteten die Resultate der Auswertung «für die meisten Eigentümer auf eine überraschende Entwarnung hin».
Nur bei jedem fünften Eigentumsobjekt zeichne sich eine Eigenmietwertsteigerung von über 15 Prozent ab.
27 Prozent der EFH-Besitzer und 31 Prozent der Stockwerkeigentümer könnten entspannter auf die Neubewertung blicken, schreibt die ZKB. Für sie dürfte die Reform keine grossen Veränderungen mit sich bringen.
Auf rund die Hälfte der Eigenheimbesitzer komme ein Anstieg von über 5 Prozent zu. Bei Einfamilienhäusern sei von einer durchschnittlichen Steigerung um 14 Prozent auszugehen, beim Stockwerkeigentum betrage der Anstieg im Schnitt 19 Prozent.
Bei gut einem Viertel der Liegenschaften- und Stockwerkeigentümer im Kanton Zürich rechnet die ZKB damit, dass die Neuerung den Geldbeutel sogar entlasten wird. Der Eigenmietwert ihrer Immobilien dürfte dank der Reform nämlich sinken.
Wie gross die Unterschiede sein können, illustriert die ZKB an einem Beispiel. Verglichen wird ein Stockwerkeigentum in Zürich Höngg, Baujahr 2022, mit einem 1984 erbauten Einfamilienhaus in Greifensee. Beide hatten vor der Neubewertung Eigenmietwerte von etwas über 25 000 Franken.
Während der Eigenmietwert für die Wohnung in Höngg nun aber um 1255 Franken steigen dürfte, können sich die Hausbesitzer in Greifensee über eine Senkung von 220 Franken freuen. Entscheidend dafür ist nebst der weniger zentralen Lage auch das deutlich höhere Alter der Liegenschaft.
Auf einer digitalen Karte des Kantons hat die ZKB sämtliche Eigenheime eingezeichnet und mit farbigen Pfeilen versehen. Die Devise: je röter das Piktogramm, desto stärker der zu erwartende Anstieg. Rot ist die dominante Farbe in der Grafik. Besonders dunkel ist das Rot am Zürichberg, entlang des Sees in Stadtnähe, aber auch in Höngg und Albisrieden. Es gibt allerdings auch Ausnahmen: so zum Beispiel in der Altstadt, in Aussersihl und Wiedikon.
Die Unterschiede ergeben sich unter anderem daraus, wie dicht ein Gebiet bebaut ist. Je grosszügiger ein Grundstück, desto stärker komme der höhere Landwert zum Tragen, heisst es vonseiten der ZKB.