Ein halbes Jahr nach der Abstimmung weist das höchste Gericht die Stimmrechtsbeschwerde in allen Punkten ab.
Im März haben die Stimmberechtigten einen wegweisenden Entscheid zur Zukunft des Flughafens Zürich gefällt. Sie erlaubten die Verlängerung zweier Pisten. Ein Projekt, das erst in einem Jahrzehnt realisiert sein wird. Im Abstimmungskampf hatten sich die Gegner des Vorhabens lauter Töne bedient. Besonders viel Wirbel machten sie um den Text in der Abstimmungszeitung.
Die federführende Organisation «Fair in Air» sprach von einem «Skandal» und kündigte den Gang ans Bundesgericht mit einer Stimmrechtsbeschwerde an. Der öffentlich weitverbreitete Vorwurf: Der Regierungsrat, der den Pistenausbau befürworte, habe die Argumente der Gegner im Abstimmungsbüchlein «gestrichen».
Der Vorwurf eines abgekarteten Spiels
Ihre Stimmrechtsbeschwerde reichte Fair in Air im Dezember ein – am 3. März war der Urnengang. Aus zeitlichen Gründen war deshalb von Beginn an absehbar, dass das Bundesgericht nicht mehr vor dem Abstimmungstermin würde entscheiden können.
Dies passte in die Darstellung der Flughafenkritiker. Sie behaupteten, hier werde ein abgekartetes Spiel gespielt. Sogar die Auslieferung des Abstimmungsbüchleins wollte Fair in Air verhindern – allerdings erfolglos.
Nun liegt der Entscheid des Bundesgerichts vor. Und es gibt dem Regierungsrat auf der ganzen Linie recht.
Die Frage, wie viel Spielraum einem Referendumskomitee in der Abstimmungszeitung eingeräumt werden soll, ist staatsrechtlich bedeutsam. In der Abstimmungszeitung steht dem Referendumskomitee jeweils eine Seite zur Verfügung. Beim Urnengang zur Pistenverlängerung sorgte für Meinungsverschiedenheiten, dass Fair in Air nicht nur Argumente darlegen, sondern auch eine Grafik abdrucken lassen wollte. Diese Grafik sollte die Auswirkungen eines 50-Millionen-Passagiere-Flughafens zeigen.
Der Regierungsrat stellte sich auf den Standpunkt, dass die Pistenverlängerungen nicht im Zusammenhang mit einem Flughafenausbau stünden. Die Staatskanzlei verweigerte deshalb den Druck der Grafik. Was das Referendumskomitee besonders ärgerte: Es hätte den frei gewordenen Platz gerne mit zusätzlichem Text aufgefüllt. Die Staatskanzlei habe versprochen, noch ein letztes «Gut zum Druck» einzuholen, dieses Versprechen aber gebrochen. Dadurch habe sie den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt.
Weil die Stellungnahme kürzer ausgefallen sei als beabsichtigt, habe keine «Waffengleichheit» mit der Regierung geherrscht, so das Referendumskomitee. Dadurch seien den Stimmberechtigten wichtige Informationen vorenthalten worden.
Kein Recht auf gleiche Länge
Das Bundesgericht führt aus, dass die Erläuterungen der Regierung eine andere Aufgabe hätten als die Stellungnahmen des Referendumskomitees. Die Regierung ist der Sachlichkeit und der Neutralität verpflichtet und muss die freie Willensbildung der Stimmberechtigten ermöglichen.
Das Referendumskomitee hingegen dürfe einseitig kommunizieren. «Eine solche Stellungnahme fällt naturgemäss kürzer aus», so das Bundesgericht.
Die Thematik der Lärm- und Schadstoffbelastung sei den Leuten keineswegs verschwiegen worden, heisst es im Urteil weiter. Sie sei vorgekommen in der Stellungnahme des Referendumskomitees. Zudem hätten sich im Abstimmungsbüchlein auch noch politische Parteien äussern können.
Tatsächlich hatten SP, Grüne und AL, die beim Pistenausbauentscheid im Kantonsrat unterlegen waren, im Büchlein zusätzlich eine eigene Seite erhalten. Insgesamt hatte die Regierung drei, die Gegner des Vorhabens zwei Seiten zur Verfügung.
Auch die Frage, ob sich die Staatskanzlei richtig verhalten habe, beantwortet das Bundesgericht klar. Die Staatskanzlei habe «bis zum letztmöglichen Zeitpunkt versucht», dem Referendumskomitee zu ermöglichen, doch noch eine rechtskonforme Stellungnahme einzureichen. «Dem Referendumskomitee wurde genügend Zeit eingeräumt, einen Text ohne Grafiken einzureichen, was dieses trotz wiederholter Aufforderung nicht getan hat.»
Die Flughafenkritiker standen von Beginn an im Verdacht, den Wirbel um die Abstimmungszeitung künstlich inszeniert zu haben, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und die Regierung in einem schlechten Licht dastehen zu lassen. Das Verdikt aus Lausanne hat diesen Verdacht zumindest nicht entkräftet.