Die Genfer Stiftung Hans Wilsdorf hält sämtliche Rolex-Aktien. Ist sie die freundliche Fassade des Imperiums, das soeben den Uhrenhändler Bucherer gekauft hat? Wegen der Grosszügigkeit sprechen Insider vom «Staat im Staat» – und Politiker vom Joker in der Hinterhand.
Sie ist 85 Meter lang, 17 Meter breit, 8 Meter hoch und von einer architektonischen Finesse, dass sie schon mehrfach ausgezeichnet worden ist. Die Hans-Wilsdorf-Brücke über den Fluss Arve ist das augenfälligste Zeichen einer Macht, die so weitreichend ist, dass man in Genf vom «Staat im Staat» spricht – und so mysteriös, dass man zuweilen nicht einmal ihren Namen nennt.
Hans Wilsdorf heisst die Stiftung, welche die Brücke ersonnen, geplant und finanziert hat. Es ist dies eine der einflussreichsten, vermutlich gar die einflussreichste Stiftung der Schweiz. Ihr Geld verteilt sie mit derart offenen Händen, dass man sich zuweilen fragt, ob sie einfach nicht mehr weiss, wohin sie mit all den Mitteln soll. Macht sie dies aus reiner Nächstenliebe, oder verfolgt sie einen Plan?
Ihre Finanzkraft kommt nicht von ungefähr. Die Fondation Hans Wilsdorf – zumeist schlicht «Wilsdorf» genannt – ist die alleinige Besitzerin eines der erfolgreichsten und gleichzeitig verschwiegensten Unternehmen des Landes: Rolex. Was der Genfer Uhrenhersteller verdient, wie hoch der Gewinn ist, ja sogar wie viele Exemplare hergestellt werden: All dies weiss die Öffentlichkeit nicht.
Rolex gibt keine Auskunft, das muss die Firma auch nicht. Anders als viele andere Luxusgüterhersteller gehört sie zu keinem börsenkotierten Konzern. Rechenschaft ablegen muss sie einzig der Stiftung Hans Wilsdorf, die 100 Prozent der Aktien hält. Deren Führungskräfte hüten sich davor, das Geheimnis zu lüften.
Das einzige Interview des Gründers
Die Diskretion von Rolex ist legendär und hat sich über all die Jahre kaum geändert. Mit Hans Wilsdorf, der das Unternehmen 1905 gegründet hat, ist ein einziges Interview aus dem Jahr 1959 bekannt – wenige Monate vor seinem Tod. Die Videoaufzeichnung ist als Zeitzeugnis wertvoll, geschäftsrelevante Informationen gab der gebürtige Bayer aber schon damals nicht bekannt.
Zur Person
Hans Wilsdorf – Rolex-Gründer und Marketing-Genie
fum. Das Leben stellte Hans Wilsdorf, 1881 im bayrischen Kulmbach geboren, schon früh auf die Probe: Seine Eltern starben jung, Wilsdorf wuchs in Internaten auf. Mit 19 Jahren zog er in die Schweiz und lernte in La Chaux-de-Fonds die boomende Uhrenindustrie kennen. 1905 gründete er in London die Uhrenvertriebsfirma Wilsdorf & Davis, drei Jahre später liess er den Markennamen Rolex registrieren. Chronometrische Präzision zeichnete die Armbanduhren schon damals aus. Nach Genf übergesiedelt, liess Wilsdorf Rolex 1920 im Schweizer Handelsregister eintragen und wurde alleiniger Firmeninhaber. Mit der «Oyster», der weltweit ersten wasser- und staubdichten Uhr, gelang ihm 1926 ein durchschlagender Erfolg. Es folgten weitere Kultmodelle – das Marketing-Genie wusste die Präzisionswerke stets erfolgreich zu positionieren. 1960 starb Wilsdorf kinderlos. Sein Vermögen und die Eigentumsrechte hinterliess er der Hans-Wilsdorf-Stiftung.
Ganz grobe Schätzungen, gestützt auf ein paar wenige bekannte Zahlen, kann man trotzdem anstellen: Unbestritten ist in der Branche, dass Rolex mehr als eine Million Uhren pro Jahr herstellt. Der Umsatz wird auf gegen 10 Milliarden Franken jährlich geschätzt. Unbekannt ist der Gewinn. Klar ist, dass die Schweizer Uhrenindustrie, mit Rolex als Leuchtturm, höchst erfolgreiche Jahre hinter sich hat. Ein gewichtiger Gewinnanteil dürfte zudem aus dem breit diversifizierten Immobilienportfolio stammen.
Der Rolex-Gründer Hans Wilsdorf hatte keine direkten Nachkommen. Also gründete er 1945 eine Stiftung, gab ihr seinen eigenen Namen und übertrug ihr mit seinem Tod sämtliche Aktien. Der Hauptzweck der Stiftung ist der Fortbestand von Rolex. Den «Besitztümern der Stiftung seien alle Ressourcen zuzuteilen», die zu deren «Erhalt und zur normalen Entwicklung» beitrügen, heisst es im Gründungsakt einleitend.
Mit welchem Betrag man Rolex’ Wohlergehen sichert, wird nicht kommuniziert. Dass es eine stolze Summe ist, zeigt allein schon die letzten Donnerstag bekanntgegebene Übernahme des Uhrenfachhändlers Bucherer. Der Kaufpreis wurde natürlich nicht genannt – er dürfte allerdings, bei Bucherers geschätztem Umsatz von gegen 2 Milliarden Franken, bei mehreren Milliarden liegen. Auch ein Blick ins freiburgische Bulle ist erhellend. Rolex baut dort für 1 Milliarde Franken eine neue Produktionsstätte auf.
300 Millionen Franken – oder mehr
Und doch bleibt unter dem Strich sehr viel Geld übrig. Dieses müsse an «Wohltätigkeitswerke und Gönnerschaften» gehen, entschied Hans Wilsdorf. Gemäss ursprünglichem Stiftungzweck mussten auch noch entfernte Familienmitglieder berücksichtigt werden. Seit der Revision des Stiftungsrechts von 2006 ist dies jedoch nicht mehr erlaubt. Die damaligen Nutzniesser – es waren Dutzende Personen – wurden in gegenseitigem Einvernehmen ausbezahlt.
Welche Summe philanthropisch eingesetzt wird, kommuniziert die Stiftung Hans Wilsdorf nicht präzise. In den Medien treten ihre Vertreter kaum auf – und doch sind sie offener als früher. Der Generalsekretär Marc Maugué öffnet der NZZ nun die Türen des modernen Bürogebäudes im Genfer Nobelvorort Carouge und sagt: «Pro Jahr haben wir rund 300 Millionen Franken für Wohltätigkeitszwecke zur Verfügung. Wenn Grossprojekte anstehen, kann es auch einmal deutlich mehr sein.» Als alleinige Eigentümerin der Uhrenmarke kann die Stiftung letztlich selber darüber verfügen, wie viel sie auszahlen will.
«Diskrete Hilfe an verdiente Frauen»
300 Millionen Franken oder gar noch mehr – als jährliches Investitionsvolumen einer einzigen Stiftung ist das eine gigantische Summe. Gemäss Einschätzung von Experten handelt es sich mutmasslich um die finanzkräftigste gemeinnützige Stiftung der Schweiz. Warum also ist der Koloss zumindest in der Deutschschweiz nur Insidern ein Begriff?
Die Antwort ist einfach: Gemäss Stiftungszweck darf das Geld fast nur im Kanton Genf eingesetzt werden. Als Hans Wilsdorf 1945 die Statuten aufsetzte, zählte er unzählige Akteure auf, die von der Wohltätigkeit profitieren sollen. Unter ihnen finden sich auch solche, die aus heutiger Sicht reichlich aus der Zeit gefallen wirken (so sollen etwa «kultivierte und verdiente Frauen diskrete Hilfe» erhalten). Hinter praktisch jedem Punkt hat Hans Wilsdorf «à Genève» oder «genevois» notiert – obwohl er selbst ein Zugezogener war und 1926 per Parlamentsbeschluss ein kurz zuvor erworbenes Anwesen an den Kanton abtreten musste.
Dank der vom Gründervater breit gewählten Themenpalette kann der achtköpfige Stiftungsrat, teilweise mit etwas Interpretation, fast jeden erdenklichen Empfänger in Genf berücksichtigen: Entsprechend lang ist die Liste der Grossprojekte, welche die Stiftung allein in den letzten Jahren unterstützt hat: 2015 rettete Wilsdorf den Fussballklub Servette FC mit einem zweistelligen Millionenbetrag vor dem Untergang. 2017 kaufte die Stiftung für 100 Millionen Franken mehrere Gebäude, damit die Hochschule für Kunst und Design (HEAD) ihren neuen Campus errichten konnte. 2018 hätte sie 200 Millionen Franken an einen Musiktempel beigesteuert, der schliesslich knapp in einer Volksabstimmung scheiterte. Im gleichen Jahr stieg sie beim HC Genf-Servette ein und finanziert dem Eishockeyklub jene Ausländer, die ihn im April zur ersten Meisterschaft geschossen haben.
2019 übernahm Wilsdorf für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag das eigentlich dem Untergang geweihte Kino Plaza, wo nun das Kulturleben neu erweckt wird, und finanzierte die Hälfte des 50 Millionen Franken teuren Genfer Staatsarchivs. 2020 rief sie mit zwei anderen Mäzenen die Stiftung Aventinus ins Leben, die wiederum die Aktienmehrheit der Zeitung «Le Temps» und des Onlineportals Heidi.news besitzt.
In Plan-les-Ouates kaufte Wilsdorf zwischen 2017 und 2021 für jeweils dreistellige Millionenbeträge mehrere Gebäude und lässt dort nun soziale Einrichtungen sowie eine Uhrmacherschule einziehen. Seit Frühling 2022 wird im Quartier Plainpalais ein stattliches Gebäude zu einem Frauenhaus umfunktioniert. Im gleichen Jahr spendete Wilsdorf der IKRK-Stiftung kurzerhand 100 Millionen Franken für bahnbrechende Innovationsprojekte – gleich viel, wie der Bund beisteuert. Und im Februar dieses Jahres hat Wilsdorf für 32 Millionen Franken ein leerstehendes Hotel übernommen, damit es künftig caritative Organisationen nutzen können.
Tiere vor allem ausserhalb Genfs
Es sind solche Grossprojekte, welche die Genfer Öffentlichkeit – wenn überhaupt – mit dem Namen Wilsdorf verbindet. Doch eigentlich sind sie die Ausnahmen, welche die Regel bestätigen. Denn von den allermeisten Spenden hat praktisch niemand eine Ahnung. Zum Beispiel von jener an eine Familie, welche die Mietkaution nicht bezahlen kann. Oder an die Studentin, deren Eltern knapp bei Kasse sind; an den Kinderzirkus, der eine neue Ausrüstung braucht.
In den Bereichen Soziales, Bildung und Kultur unterstützt die Hans-Wilsdorf-Stiftung jedes Jahr Tausende solcher Einzelprojekte. In Genf gibt es kaum ein Theater, kaum einen Quartierverein, kaum eine Sozialinstitution, die nicht schon angeklopft haben. Hinzu kommen all die Nichtregierungs- und Hilfsorganisationen, die in der zweitgrössten Stadt der Schweiz ihren Sitz haben, ihr Geld aber weltweit einsetzen. Und dann gibt es einen Bereich, bei dem Hans Wilsdorf vor seinem Ableben explizit keine geografischen Angaben gemacht hat: den Tierschutz.
Gemäss Maugué teilen sich die jährlich rund 300 Millionen Franken ungefähr wie folgt auf: ein Drittel für humanitäre Hilfe, ein Drittel für Tiere und Ökosysteme, ein Drittel für lokale Projekte in Genf – plus die kostspieligen Grossprojekte, die nach Bedarf und Opportunitäten anfallen.
Decknamen auf Englisch
Kein Wunder, sprechen gleich mehrere Gesprächspartner vom «Staat im Staat» in Genf. Doch so in der Zeitung zitiert werden, das möchte niemand. Die Wilsdorf-Stiftung sei diskret, also sei man es auch, sagt ein Regisseur. Die Geheimniskrämerei führt so weit, dass sich Leute, die mit Wilsdorf zu tun haben, zuweilen Decknamen ausdenken. Man sagt dann W, auf Englisch ausgesprochen. Oder auch einfach schlicht nur: die Stiftung. Es wissen ohnehin alle, von wem die Rede ist.
Ein Beobachter sagt, man werde in Genf keine Entscheidungsträger finden, die sich öffentlich kritisch über Wilsdorf äusserten. Fast alle seien in der einen oder anderen Form von der Stiftung abhängig. Schliesslich tummelt sie sich in unzähligen Bereichen, in denen auch der Kanton aktiv ist. Die Bindungen zu staatlichen und parastaatlichen Akteuren sind eng. Dass gleich mehrere hochrangige Mitarbeiter der Stiftung zuvor in der Genfer Verwaltung tätig waren – Maugué selbst war früher Generalsekretär der kantonalen Sozialbehörde –, ist kein Zufall. Man kennt sich, und man traut sich gegenseitig.
Ein Anruf bei der Wilsdorf-Stiftung sei wie ein «Joker», sagt ein Politiker, der schon oft zum Telefon gegriffen hat. Man behalte diesen in der Hinterhand, wenn man sonst keine Finanzierungsquelle sehe. Immer aber gehe es um Projekte, die «nice to have» seien. Dort, wo staatliche Kernaufgaben auf dem Spiel stünden, halte man Wilsdorf ganz bewusst draussen.
Ein anderer Genfer Magistrat ergänzt, dass dank der Unterstützung der Rolex-Stiftung Pilotprojekte ermöglicht würden, für die es im normalen Budget kaum Spielraum gebe. Er habe ohnehin Mühe, die Kritik an Wilsdorf zu verstehen. Schliesslich erlaube es der Zustupf, innert kurzer Zeit und vor allem ohne Steuergelder Vorhaben zu realisieren, die sonst Jahre oder gar Jahrzehnte in Anspruch nähmen. In der Tat kann es – Riesensummen hin oder her – aufgrund der schlanken Struktur des Wilsdorf-Stiftungsrats schnell gehen, wenn dieser einmal von einer Sache überzeugt ist.
Wo liegt die Grenze?
Nur: Wo fängt «nice to have» an – und wo hört «must» auf? Die Grenze ist nicht einfach zu ziehen. Nirgends zeigt sich dies so gut wie im Umgang mit Menschen mit Behinderungen. Tal Schibler war jahrelang Stiftungsratspräsident von Foyer-Handicap, einem privaten Akteur, bei dem der Kanton jedoch der wichtigste Geldgeber ist.
Schibler sagt, dass man bei Foyer-Handicap genau darauf achte, bei Wilsdorf nicht für Beträge anzuklopfen, die von der Leistungsvereinbarung mit dem Kanton gedeckt sein müssten – also nicht etwa, um Löhne zu bezahlen. Zudem sei man bewusst mit verschiedenen Mäzenen in Kontakt. Selbstverständlich sei Wilsdorf aber ein «extrem wichtiger Baustein», um den man «ungemein froh» sei.
Das gilt besonders dann, wenn es um Immobilien geht – kaum irgendwo ist der Boden so teuer wie in Genf. Als Foyer-Handicap vor einigen Jahren eine neue, kostspielige Residenz baute, steuerten private Geldgeber einen Drittel des Aufwands bei. Ein bedeutender Anteil davon stammte von der Fondation Hans Wilsdorf.
Häufig gehe es aber auch um kleinere Beiträge, sagt Schibler und nennt als Beispiel die Anschaffung eines neuen Transportfahrzeuges. «Die Unterstützung von Wilsdorf ermöglicht, eine bessere Qualität anzubieten», fasst er zusammen.
«Würden nicht mehr gleich handeln»
Der Wilsdorf-Generalsekretär Marc Maugué sagt, dass man sich der demokratiepolitischen Problematik selbstverständlich bewusst sei, ja dass sie jeden Vergabeentscheid des Stiftungsrats leite. Die allererste Frage, die man sich jeweils stelle, laute: Bezahlt der Kanton den Betrieb? Nur wenn man sie mit Ja beantworten könne, stelle man gegebenenfalls Geld zur Verfügung.
Was aber ist mit der eingangs erwähnten Hans-Wilsdorf-Brücke? Weil sich Stadt und Kanton damals nicht einigen konnten, hielt die Stiftung die Fäden in der Hand und schlüpfte gewissermassen in die Haut des Gesetzgebers. Maugué sagt, dass ein solcher Fall nicht mehr möglich sei. «Wir haben daraus gelernt und würden heute nicht mehr gleich handeln.» Mittlerweile greife man nur noch bei Projekten unter die Arme, die politisch legitimiert seien. Sprich: Wilsdorf gibt Geld für eine Infrastruktur, die Stadt oder Kanton ohnehin hätten bereitstellen wollen, aber dafür (noch) nicht genügend Mittel hatten. Wie diese dann konkret ausgestaltet und betrieben wird, entscheiden die Behörden.
Knapp 10 000 Gesuche treffen pro Jahr bei der Stiftung ein. Maugué sagt, dass man eine Mehrheit positiv beantworte. «Wir prüfen jeden Antrag individuell, doch im Zweifelsfall sagen wir eher Ja als Nein. Unsere Maxime lautet: Wachsam – aber wohlwollend.» Mittels Zufallsgenerator wird ein gewisser Prozentsatz der Vergaben nachträglich überprüft. Betrügereien habe man noch praktisch nie festgestellt, sagt er.
Der Geist Calvins
Der hohe Anteil der akzeptierten Gesuche ist vor allem darauf zurückzuführen, dass viele von sozialen Einrichtungen vorbereitet und oftmals gar direkt eingereicht werden. Wenn also zum Beispiel das Hilfswerk Caritas Kenntnis von einer Familie in Schwierigkeiten bekommt, selbst aber zu wenig Fördermittel hat, gelangt es an Wilsdorf. Das vereinfacht für die Stiftung die Bearbeitung, zumal das Hilfswerk seinen guten Ruf nicht mit chancenlosen Dossiers riskieren will.
Fliesst Geld, erfährt dies in der Regel kaum jemand. In den Geschäftsberichten der NGO steht der Posten einfach unter «Spenden». Zufall ist das nicht. Weil die Öffentlichkeit sonst nach Erklärungen suchen würde, tritt die Stiftung bei Grossprojekten zwar in Erscheinung. Aber auch diese tragen danach – die Brücke ist die Ausnahme – nicht den Namen des Rolex-Gründers. Bei kleineren Unterstützungen bleibt die Stiftung gänzlich, und ganz bewusst, im Hintergrund. Damit geworben wird nie.
Luxus finanziert Wohltätigkeit
Das Märchen des reichen Onkels, der einem die Wünsche von den Lippen abliest und dann selbstlos den Geldbeutel öffnet: Es hört sich eigentlich zu kitschig an, um wahr zu sein. Welche verborgene Absicht verfolgt die Stiftung Wilsdorf oder gar die Weltmarke Rolex mit ihrer Generosität? «Keine! Wir handeln einzig und allein so, wie es der Gründervater gewünscht hatte», versichert Maugué.
Es ist dies, in der Stadt Calvins, ein protestantisch angehauchtes Verständnis von Philanthropie. Dass Rolex sein Geld mit dem Luxusgut par excellence verdient, macht es umso koketter.
Der chinesische Immobilienmakler, der seine Geschäftspartner über sein Handgelenk zu beeindrucken versucht, weiss kaum, dass er einem Genfer IV-Rentner vielleicht einen Weg aus der Schuldenspirale ermöglicht. Auch das ist Teil des so mächtigen wie mysteriösen Phänomens Rolex. Hans Wilsdorf, dieser kinderlos gebliebene Uhrenpionier aus Oberfranken, würde sich ziemlich sicher darüber freuen.