Schuld sind immer die anderen: Der FC Zürich zelebriert Selbstgerechtigkeit und verweigert sich berechtigter Kritik. Der Klub muss endlich Verantwortung übernehmen.
Schlechte Laune, Aggression, die Schuld liegt immer bei den anderen: Der FC Zürich gibt im Herbst 2024 ein schlechtes Bild ab. In diesen Tagen mit zwei Zürcher Derbys akzentuiert sich dieses Bild zur Fratze eines Fussballklubs, der Selbstgerechtigkeit zelebriert, sich in der Wagenburg verschanzt und sich berechtigter Kritik verweigert.
Das zeigt sich im Verhalten des Besitzers und Präsidenten Ancillo Canepa und der Führungsriege des Klubs. Und es zeigt sich im Verhalten der FCZ-Klientel in der Fankurve und ausserhalb des Stadions. Die FCZ-Selbstherrlichkeit hat sich an allen Ecken und Enden der Stadt ausgebreitet.
Das Gesamtbild latenter Aggression ergibt sich aus der Summe von Vorfällen, die sich auf dem Rasen, an Pressekonferenzen, in der Fankurve und in der Stadt in ähnlicher Weise wiederholen. Übertriebene Aggressivität zeigte sich bei zwei FCZ-Spielern, die nach Tätlichkeiten vom Platz flogen. Oder in der gehässigen Reaktion des Cheftrainers nach dem Derby am Samstag: Ricardo Moniz massregelte Journalisten grob und redete beleidigend und abschätzig über den Schiedsrichter; Letzteres hat mittlerweile zu einer Disziplinaruntersuchung durch die Liga geführt.
Neu ist das Gebaren des FCZ-Cheftrainers nicht. Und es passt zum gegenwärtigen Bild dieses Klubs, dass die FCZ-Führung als wichtigsten Repräsentanten einen Fussballlehrer gewählt hat, der verbal um sich zu schlagen beginnt, wenn ihm etwas nicht passt. Schwarz oder Weiss, dazwischen gibt es nichts. Der Präsident Canepa und sein Sportchef Milos Malenovic machen trotzdem keine Anstalten, ihren Coach zur Räson oder zumindest zu mehr Anstand zu rufen. Die bisher ordentliche Punkteausbeute scheint ihnen Grund genug zu sein, das Verhalten des Trainers zu tolerieren. Denn wie Moniz lassen auch Canepa und Malenovic nur Schwarz oder Weiss zu in ihrem Handeln und Denken.
Das zeigte sich beispielhaft in der Kommunikationsoffensive der vergangenen Woche. Vor den zwei Stadtderbys setzten Canepa und sein Sicherheitschef Luca Maggi in Interviews den Ton: Wenn es zu Gewaltvorfällen kommen sollte, werde der FCZ weder Verantwortung noch Schuld tragen. Schuld seien Einzeltäter, die von der Polizei nicht identifiziert würden. Schuld seien Sicherheitskräfte, die eskalierten. Schuld seien die Eltern, die bei der Erziehung versagt hätten. Und immer wieder «die Gesellschaft», die ein Gewaltproblem habe. Noch nie hat Canepa die FCZ-Fans in ihrem Verhalten zur Räson gerufen.
Die Fans nutzen diese Passivität noch so gerne für ihre Zwecke. Das Lavieren der Klubführung entbindet von der Verantwortung, das eigene Handeln zu hinterfragen. Nur so ist zu erklären, dass die FCZ-Fans als Reaktion auf die Interviewaussagen der FCZ-Führung einen Besammlungsort für den Fanmarsch am Samstag wählten, der unweigerlich zur Eskalation führte.
Eine klare Intervention und Deeskalation vonseiten des Präsidenten und des Sicherheitschefs wäre zwingend gewesen. Doch es passierte nichts dergleichen. Obwohl man für das Naheliegende weder Klubpräsident wie Canepa noch Jurist und Politiker bei den Grünen wie Maggi sein muss. Vernunft hätte genügt dafür.
Aber Vernunft und Verantwortung sind keine Fantugenden. Und sie sind bereits seit längerem auch keine Tugenden mehr im FCZ. Im Klub gilt: Schwarz oder Weiss, Freund oder Feind. Das hat sich auf den FCZ-Anhang von Jung bis Alt übertragen. Und das wiederum hat zu einer unerträglichen Selbstherrlichkeit geführt, die das Zusammenleben in der Stadt beeinträchtigt und den Steuerzahler viel Geld kostet.
Nach wie vor sucht der Klub die Fehler rituell bei den anderen, sei es der Trainer Moniz, der Präsident Canepa oder der Sportchef Malenovic. Es ist Zeit, dass die Klubführung endlich ihre Verantwortung wahrnimmt. Sonst kracht der FC Zürich an die Wand.