In der ersten Runde der Budgetdebatte hat der Nationalrat eine steile Erhöhung der Armeeausgaben beschlossen. Die Finanzministerin zeigte sich skeptisch und sprach von Steuererhöhungen.
Die bürgerliche Allianz für die Armee hat gehalten: SVP, FDP und Mitte haben sich am ersten Tag der Budgetdebatte im Nationalrat in der umstrittensten Frage mit 124 gegen 68 Stimmen klar durchgesetzt. Sie haben beschlossen, die Ausgaben für die militärische Landesverteidigung in den nächsten Jahren deutlich stärker und schneller zu erhöhen als bisher geplant. Das Armeebudget beträgt im laufenden Jahr 5,7 Milliarden Franken, nächstes Jahr sollen es nunmehr 6,4 Milliarden sein. Das entspricht einer Zunahme von 12 Prozent. Gegenüber der Planung des Bundesrats wurden die Rüstungskredite um 530 Millionen aufgestockt.
Noch vor einem Jahr hatte sich die Mitte-Partei gegen die raschere Erhöhung des Armeebudgets ausgesprochen. Mittlerweile hat man im bürgerlichen Lager die Reihen geschlossen, am Dienstag gab es weder Abweichler noch Stimmenthaltungen. Auf der anderen Seite haben sich SP, Grüne und Grünliberale ebenso ausnahmslos gegen die zusätzliche Aufstockung ausgesprochen.
Die Nerven sind angespannt. Der Nationalrat hat auch noch beschlossen, das Personalbudget und die weiteren Ausgaben der Verwaltung im nächsten Jahr gegenüber dem Vorschlag des Bundesrats um 125 Millionen zu reduzieren. In parteiübergreifender Empörung drohen die SP und die Grünen, das Budget in der Gesamtabstimmung abzulehnen, die voraussichtlich am Donnerstag stattfinden wird.
Keine Tricks
Ursprünglich wollten die bürgerlichen Parteien das Armeebudget im nächsten Jahr noch stärker erhöhen. Dies ist ihnen wegen der Restriktionen der Schuldenbremse nicht gelungen. Trotzdem haben sie es unterlassen, an dieser zu rütteln. Insbesondere haben sie darauf verzichtet, sich mit fragwürdigen Tricks mehr Spielraum zu verschaffen, indem sie zum Beispiel die Ausgaben für ukrainische Flüchtlinge weiterhin vollständig ausserordentlich verbuchen.
Die Schuldenbremse muss aber immer nur im Budget des kommenden Jahres eingehalten werden. Im Finanzplan der folgenden Jahre hingegen hat das Parlament relativ freie Hand. Davon hat die bürgerliche Mehrheit des Nationalrats denn auch gerne Gebrauch gemacht: Sie hat für die Armee in den Jahren ab 2026 nicht nur die Millionen eingeplant, die sie gerne bereits nächstes Jahr budgetiert hätte, sondern sieht darüber hinaus ein weiterhin steiles Wachstum vor.
Die jährlichen Ausgaben für die Armee sollen bis 2028 in rasantem Tempo von 5,7 auf 8,4 Milliarden Franken anwachsen. So wollen die Bürgerlichen ihr grosses Ziel erreichen: Ab 2030 soll das Armeebudget 1 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) betragen. Allerdings ist nach wie vor unklar, wie die Parteien diese Aufstockungen realisieren wollen, ohne die Schuldenbremse zu ritzen oder die Steuern zu erhöhen. Beides schliessen insbesondere die SVP und die FDP aus.
Keller-Sutter mahnt
Unüberhörbar skeptisch hat sich am Dienstag die Finanzministerin geäussert. Karin Keller-Sutter erinnerte daran, dass im Finanzplan ab 2026 bereits jetzt beträchtliche Defizite drohen – die mit der zusätzlichen Erhöhung des Armeebudgets noch deutlich höher ausfallen. Der Bundesrat will zwar Ende Januar ein Entlastungspaket in die Vernehmlassung schicken, das namhafte Einsparungen erlauben würde, die aber teilweise auf massiven Widerstand stossen.
Keller-Sutter betonte, dass der Bundeshaushalt mit dem anvisierten Wachstum des Armeebudgets nicht einmal dann im Lot gehalten werden kann, wenn sämtliche Kürzungsvorschläge aus dem Paket umgesetzt werden. Das Fazit der FDP-Bundesrätin: «Solange der Haushalt nicht bereinigt ist – dessen muss man sich schon bewusst sein –, kann man auch der Armee keine Planungssicherheit geben.»
Sie ging noch weiter und stellte die Frage einer Steuererhöhung in den Raum. Solange man nicht wirklich wisse, wie der Bund die Ausgaben in den nächsten Jahren tätigen solle, werde es schwierig. «Und wenn die Finanzierung eben nicht mehr über Kompensationen möglich ist, dann müssen Sie vielleicht auch über Mehreinnahmen diskutieren.»
Entwicklungshilfe um 16 Prozent kürzen?
Im Ständerat liegt ein Vorstoss auf dem Tisch, der die Mehrwertsteuer zweckgebunden für die Armee erhöhen will. Doch der Entscheid darüber ist im Vorfeld der laufenden Session kurzfristig auf März 2025 verschoben worden. Stattdessen steht im Ständerat eine andere Idee zur Debatte, wie der Bund Geld für die Armee beschaffen könnte: Die Kantone sollen ihm einen grösseren Teil der Einnahmen aus der neuen OECD-Steuer für internationale Konzerne abliefern. Doch auch dieser Plan stösst bereits auf Widerstand. Nach den Kantonen, die naturgemäss dagegen sind, hat sich am Dienstag auch die SVP klar dagegen ausgesprochen.
Die Budgetdebatte geht am Mittwoch nahtlos weiter. Auf dem Programm steht der nächste umstrittene Entscheid: Um die Mehrausgaben für die Armee zu kompensieren, wollen die Bürgerlichen das Budget der Entwicklungszusammenarbeit im nächsten Jahr um 250 Millionen Franken reduzieren. Diese Kürzung sei problematisch, sagte die Finanzministerin Keller-Sutter.
Es gehe hier um 16 Prozent der budgetierten Gesamtausgaben. «Eine so hohe Kürzung ist kaum möglich, ohne dass Projekte abgebrochen werden.» Deshalb habe ihr Bundesratskollege, der Aussenminister Ignazio Cassis, darauf hingewiesen, dass dies für die Schweiz zu Reputationsschäden führen könne.