Der Österreicher war im Slalom lange ein Hasardeur, und er fiel durch Extravaganzen neben der Piste auf. Jetzt ist Manuel Feller ruhiger und stabiler geworden. In Wengen gelingt ihm bereits der dritte Triumph in diesem Winter.
Dass Manuel Feller schnell Ski fahren kann, wurde früh für jeden Laien offensichtlich. Er warf sich in hohem Rhythmus in die Slalomstangen, aber allzu oft schienen die Füsse schneller zu sein als der Kopf. Feller übertrieb den Angriff, fädelte ein, rutschte weg, schied aus. Für das Publikum war er eine Attraktion, aber auch eine Nervenprobe.
Dazu war der Österreicher im Skizirkus ein bunter Hund. Er trug die Haare lang, hörte am liebsten Reggae, und reiste nach der Saison nach Jamaica, um die dortige Kultur zu leben. Barfuss und mit einer Kerze in der Hand besuchte er das Grab von Bob Marley. Vor den Weltmeisterschaften 2023 brachte Feller einen Reggae-Song heraus. Der Titel war allerdings wenig jamaicanisch: «Frau Holle».
Feller war auch sonst immer wieder für eine Show zu haben. Im Januar 2017 dachte er, es sei jetzt an der Zeit, einmal ein Rennen zu gewinnen. Er färbte sich in Kitzbühel den Schnauz grün, als Zeichen dafür, dass die Zeit im Ziel grün leuchten solle – und schied bereits im ersten Lauf aus.
Als er auf der von ihm kritisierten «Märchenwiese» siegte
Bis es dann zum Sieg reichte, sollte es noch drei Jahre dauern. 2021 wurde der Slalom von Kitzbühel nach Flachau verlegt, weil man verhindern wollte, dass während der Pandemie Abfahrer und Techniker zusammentreffen. Feller bezeichnete den Hang am Ersatzort als «Märchenwiese», die Piste sei nicht mit der selektiven Strecke von Kitzbühel zu vergleichen. Die österreichischen Funktionäre fanden solche Kritik höchst unangebracht.
Doch Feller liess den frechen Worten grosse Taten folgen und gewann. Zum Saisonende fuhr er in Lenzerheide noch einmal allen davon; mit 28 Jahren war er endlich an der Weltspitze angekommen.
Wer eine dicke Lippe riskiert, muss meist nicht lange auf eine Gegenreaktion warten. So erging es Feller im Winter 2019/20, als er sich kein einziges Mal in den Top 10 klassierte. Der frühere Rennfahrer Christian Mayer sagte damals: «Wenn ich dem Feller beim Skifahren zuschaue, kommen mir die Tränen, weil er technisch so schlecht Ski fährt.» Was Mayer ignorierte: Feller litt unter den Folgen eines Bandscheibenvorfalls und fuhr unter höllischen Schmerzen.
Der Athlet konterte auf seine Weise: Er postete auf Instagram ein Video mit einem Rap, in dem er seine Kritiker herunterputzte. Eine Passage lautete: «Alles aus deinem Maul ist ein neidischer Schiss, weiss nicht, wieso du so bist, vielleicht weil deine Frau mein grösster Fan ist?» Am Ende des Videos zeigte Feller allen den Stinkefinger. Später entschuldigte er sich dafür. Aber in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen sagte er kürzlich: «Christian Mayer ist immer noch mein Erzfeind.»
Feller ist unterdessen ruhiger geworden. Er ist zweifacher Vater und lässt seine Seele am liebsten beim Fischen baumeln. Auch dafür wurde er schon kritisiert, nachdem er ein Bild von einem riesigen Karpfen publizierte hatte. Er stellte daraufhin klar, dass er in seinem Leben noch nie einen Fisch getötet habe. Die Karpfen setze er nach dem Fang wieder aus, und es sei auch schon vorgekommen, dass er dasselbe Tier mehr als einmal am Haken gehabt habe.
Er muss den Schnauz nicht mehr färben, um herauszustechen
In diesem Winter fällt Feller vor allem durch gute Resultate auf. Er gewann drei der bisher vier ausgetragenen Slaloms, nach jenen in Gurgl und Adelboden triumphierte er auch am Sonntag in Wengen. Er muss sich nicht mehr den Schnauz färben, um herauszustechen. Dass er der Beste seiner Zunft ist, erkennt man an der roten Startnummer, mit der er in Wengen auf die Piste ging, und die er auch in einer Woche im Heimrennen in Kitzbühel tragen wird.
Dass er so stabil ganz vorne mitfährt, hat bestimmt mit dem gezügelten Temperament zu tun – und damit, dass er endlich einmal keine gesundheitlichen Probleme hatte. Nach dem Rennen in Wengen sagte Feller ins SRF-Mikrofon, er sei im Sommer und im Herbst so viele Trainingsläufe gefahren wie noch nie.
Diese starke Basis erlaubt es ihm, zwischen den Rennen nur sehr dosiert zu trainieren. So kann er erholt an den Start gehen und vollen Einsatz geben. Der Kopf ist nun auch auf der Höhe der Beine. Feller sagte, er sei die schwierigen Hänge in Adelboden und Wengen schon so oft gefahren, dass er wisse, wo er riskieren müsse – und wo dies «nicht sinnvoll» sei.