Edelmetalle können ein 2024 ein Glanzjahr verbuchen. Im Gegensatz dazu fällt die Performance von Minengesellschaften durchmischt aus. Die Bewertungen im Sektor sind damit nach wie vor günstig, was für 2025 einen spannenden Investment Case ergibt.
Es ist eine der grössten Überraschungen des auslaufenden Jahres: Trotz anhaltend erhöhter Renditen am amerikanischen Bondmarkt und des festen Dollars haben sich Edelmetalle hervorragend geschlagen. Mit einer Performance von mehr als 28% seit Januar übertrifft Gold den S&P 500. Letztmals hat sich der Preis 2020 während der Covid-Pandemie besser als der US-Leitindex entwickelt.
Nach der Konsolidierung der vergangenen Wochen handelt Gold derzeit rund 5% unter dem Allzeithoch, das am 30. Oktober mit 2787 $ pro Unze markiert wurde. Bewegt sich die Notierung am Silvesterabend ungefähr auf dem gleichen Stand wie heute, resultiert für Investoren das beste Jahr seit 2010. In Franken könnte das Edelmetall sogar die stärkste Performance seit Ende der Siebzigerjahre verbuchen.
Zum Vergleich: Seit den frühen Siebzigerjahren hat der Goldpreis gemäss dem Liechtensteiner Vermögensverwalter Incrementum in Dollar gerechnet durchschnittlich 10,8% pro Jahr zugelegt. Nach verschiedenen Währungen betrachtet, fällt die Wertentwicklung für 2024 gemessen an der türkischen Lira mit einem Plus von knapp 52% am besten aus. Für Anleger, die in Südkorea, Norwegen, Schweden und Japan beheimatet sind, resultiert ein Zuwachs von jeweils rund 40% oder mehr.
Glänzen konnte dieses Jahr auch Silber mit einer Avance von leicht mehr als 30%. Das entspricht der besten Kursentwicklung seit 2020, als der «kleine Bruder von Gold» annähernd 48% vorgeprescht war. Im Durchschnitt verzeichnet Silber seit 1971 einen Gewinn von 12,8% pro Jahr. Im Gegensatz zu Gold bewegt sich der Preis aber noch weit unter den historischen Rekordwerten.
Die Performance von Minengesellschaften hingegen fällt trotz dieser vorteilhaften Voraussetzungen durchmischt aus. Ihre Aktien korrelieren in der Regel eng mit dem Preis von Gold und Silber, verhalten sich aber wesentlich volatiler und sind zuletzt unter Druck geraten.
Der VanEck Gold Miners ETF (GDX) mit den grössten Namen aus dem Sektor hat in der vergangenen Woche erneut beträchtliche Kursschwankungen verzeichnet und notiert für 2024 «nur» 18% fester. Der VanEck Junior Gold Miners ETF mit kleinen und mittelgrossen Unternehmen steht 24% höher.
Bei einem genaueren Blick zeigt sich jedoch, dass die Kursentwicklung der einzelnen Unternehmen stark variiert. Die Branchenriesen Newmont und Barrick Gold, die im GDX-ETF prominent vertreten sind, notieren für 2024 zur grossen Enttäuschung sogar im Minus. Andere bedeutende Namen wie Agnico Eagle Mines, Kinross Gold oder Alamos Gold verbuchen demgegenüber Avancen von 40% und mehr.
Fundamentale Treiber für Edelmetalle stimmen zuversichtlich
Mit Blick auf das kommende Jahr stellt sich daher die Frage, wie man sich am besten positionieren soll. Entscheidend ist diesbezüglich natürlich in erster Linie, wie es mit Gold und Silber weitergeht. Obschon sich in den bisherigen Avancen der beiden Edelmetalle bereits einiges an Zuversicht reflektiert, spricht aus fundamentaler Sicht viel dafür, dass die Hausse 2025 anhalten kann.
Zu den kräftigsten Treibern der Nachfrage zählen die Goldkäufe von Zentralbanken. Vor allem in aufstrebenden Volkswirtschaften wie Indien, der Türkei, Polen oder Tschechien wurden die Reserven zur Diversifikation auch 2024 deutlich ausgebaut. Vor wenigen Tagen hat ebenso die People’s Bank of China erstmals nach einer sechsmonatigen Pause wieder offiziell Goldkäufe gemeldet.
Gemäss einer Umfrage des World Gold Council, dem Branchenverband der Minenkonzerne, planen weltweit 70% der Zentralbanken, ihren Bestand in den nächsten Jahren weiter auszubauen. Seit 2009 haben Zentralbanken jedes Jahr netto Gold gekauft, wobei sich der Trend seit 2022 mit einem Zuwachs von jeweils mehr als 1000 Tonnen akzentuiert hat. Zum Stand per Ende September belief sich das Volumen für dieses Jahr bisher auf knapp 695 Tonnen.
Eine wichtige Rolle spielt ebenfalls die Nachfrage von Privatpersonen. Mit der Hochzeitssaison in Indien, den anstehenden Feiertagen mit Weihnachten und Hanukkah sowie den Neujahrsfeierlichkeiten in China Ende Januar ist das Umfeld für Gold und Silber gegenwärtig vielversprechend. Historisch betrachtet, erhalten die Preise von Edelmetallen nach einer temporären Konsolidierung im Spätherbst oft ab Mitte Dezember neuen Auftrieb.
Der dritte Schlüsselfaktor für die Preisentwicklung im nächsten Jahr ist das Interesse von Finanzinvestoren. Dieses lässt sich am besten an den Mittelzuflüssen in Gold-ETF messen. Pionierleistungen in diesem Bereich hat der SPDR Gold Shares ETF (GLD) erbracht. Der erste kotierte Goldfonds konnte Mitte November das 20-Jahre-Jubiläum feiern.
Eine Analyse der ETF-Mittelflüsse zeigt, dass westliche Anleger ihr Exposure seit Anfang 2022 über einen längeren Zeitraum stetig reduziert hatten. Im Zug der Avancen von Gold und Silber haben nordamerikanische und europäische Gold-ETF ab der zweiten Hälfte 2024 jedoch erstmals wieder nennenswerte Zuflüsse verzeichnet.
Die folgende Grafik verdeutlicht diesen Sachverhalt. Ab dem zweiten Semester haben sich besonders Investoren aus Nordamerika vermehrt für Gold-ETF interessiert. Im November ist es allerdings zu einer gegenläufigen Entwicklung gekommen, angeführt von Verkäufen europäischer Anleger.
Absicherung gegen böse Überraschungen
Die gegenwärtige Konsolidierungsphase könnte sich damit als gute Gelegenheit erweisen, Positionen zu eröffnen oder auszubauen. Obwohl der Goldpreis 2024 einen Rekord nach dem anderen markiert hat und Silber auf dem höchsten Stand seit mehr als zehn Jahren notiert, besteht weiterhin reichlich Potenzial. Die meisten Investoren sind bestenfalls in bescheidenem Umfang in Edelmetallen investiert.
Gemäss Daten von UBS macht Gold noch immer bloss rund 1 bis 2% der Asset Allocation professioneller Anleger aus. Das ist deutlich weniger als in früheren Zeiten. «Die Beweggründe, Gold im Portfolio zu halten, sind jedoch robust; namentlich als Diversifizierung und als Absicherung gegen makroökonomische sowie geopolitische Risiken», halten die Rohstoffspezialisten der Grossbank fest.
Hinzu kommt, dass Gold im Vergleich zu den meisten anderen Anlageklassen (abgesehen von Öl) nicht teuer ist. Gerade im Vergleich zu amerikanischen Aktien bewegt sich die Bewertung gegenwärtig auf einem ausgesprochen attraktiven Niveau.
Hinsichtlich der makroökonomischen Rahmenbedingungen ist der wichtigste Faktor für 2025, was mit der Inflation passiert. «Die jüngsten Daten zeigen, dass der Rückgang der Inflation stagniert, und es besteht die Gefahr, dass sie sich erneut aufheizt», meint Torsten Slok, Ökonom in Diensten von Apollo Global Management, zur Situation in den USA.
Der Index der US-Konsumentenpreise (Consumer Price Index, CPI) ist im November gegenüber dem Vorjahr auf 2,7% gestiegen; bereits der zweite Zuwachs in Folge seit September. Die Kernrate, bei der Preise für Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden, ist auf 3,3% verharrt. Beide Werte bewegen sich weiterhin klar über der Zielrate der US-Notenbank von 2%.
Entscheidende Impulse für Gold könnten somit von einer Veränderung der Inflationserwartungen ausgehen. Trotz des Teuerungsschubs im Nachgang der Pandemie sind sie während der letzten Jahre niedrig geblieben. Das Vertrauen in die Zentralbanken ist indes wesentlich geringer als auch schon. Sollten sich Zinssenkungen als verfrüht erweisen und eine neue Inflationswelle begünstigen, werden Edelmetalle noch deutlich mehr gefragt sein.
Wichtig sind in diesem Kontext ebenso die Staatsschulden. Von den USA über Frankreich, Italien und Spanien bis hin zu Japan und China sind viele Länder schwer verschuldet, was das Vertrauen in Regierungen und Währungen zusehends untergräbt. (Hier dazu einige lesenswerte Gedanken des Marktstrategen und Historikers Russell Napier.) Auch in dieser Hinsicht sollte Gold als Absicherung gegen böse Überraschung profitieren. Das Gleiche gilt mit Blick auf das Konfliktrisiko in der Geopolitik.
«Wir empfehlen, Gold bei jedem grösseren Rücksetzer zu kaufen, da Spielraum für steigende Kurse besteht», denkt das Rohstoff-Team von Citigroup. Selbst wenn sich die Lage im Nahen Osten und in der Ukraine während der Präsidentschaft von Donald Trump entspannen sollte, bleibe die Nachfrage aus Gründen der Absicherung und Diversifizierung robust. «Themen wie der rapide Anstieg der weltweiten Verschuldung und die Nachfrage nach Alternativen zu Fiat-Währungen sind ebenfalls strukturell vorteilhafte Trends für Gold.»
Minenkonzerne erwirtschaften rekordhohe Margen
Können Gold und Silber 2025 an die erfreuliche Entwicklung des vergangenen Jahres anknüpfen, sollten auch Aktien von Minengesellschaften im Portfolio nicht fehlen. Dies, immer im Bewusstsein, dass die Risiken – aber auch die Chancen – aufgrund der hohen Schwankungsanfälligkeit der Titel erheblich grösser sind.
Ein unglückliches Beispiel ist Newmont. Der Branchenprimus mit einer für 2024 geschätzten Goldproduktion von 6,6 Mio. Unzen hatte gegen Ende Oktober mit den Quartalszahlen bitter enttäuscht. Die Aktien sackten bei der Resultatpublikation annähernd 15% ab; der grösste Tagesverlust seit 25 Jahren. Der Kursgewinn von mehr als 40%, den sich die Valoren seit Anfang Jahr erarbeitet hatten, war kurz darauf praktisch vollständig verpufft.
Der Rückschlag ist ein Misstrauensvotum der Börse gegen das Management. CEO Tom Palmer musste überoptimistische Prognose zur operativen Entwicklung im vergangenen Jahr wiederholt revidieren. Ein Mangel an Vertrauen in die Unternehmensführung um CEO Mark Bristow hat 2024 ebenso den Aktien von Barrick Gold zugesetzt, der Nummer zwei der Branche mit einer geschätzten Produktion von knapp 3,9 Mio. Unzen.
Beide Konzerne haben sich bezüglich des Ausblicks zum Produktionsvolumen und zu den Kosten als unzuverlässig erwiesen. Aufgrund höherer Ausgaben für Personal, Materialien und Equipment sowie Problemen mit einzelnen Minen sind die Gesamtkosten (All-in Sustaining Costs, AISC) zur Förderung von Gold bei Newmont zwischen 2019 und 2023 auf von 966 auf 1444 $ pro Unze gestiegen. Für 2024 rechnen Analysten mit einer weiteren Zunahme auf 1524 $.
Ähnlich sieht es bei Barrick aus, wo der Konsens für dieses Jahr mit einem Anstieg der Gesamtkosten auf annähernd 1500 $ pro Unze rechnet. Besser schlägt sich Agnico Eagle Mines. Doch selbst beim weltweit drittgrössten Goldförderer, der für seine operative Exzellenz bei Investoren ein hohes Renommee geniesst, haben sich die Produktionskosten im Lauf der letzten Jahre merklich erhöht.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber ebenso: Bei höheren Edelmetallpreisen lohnt es sich für Minenkonzerne vermehrt, auch Erzschichten abzubauen, die proportional einen weniger grossen Goldgehalt aufweisen und bei tieferen Preisen aus ökonomischen Überlegungen vernachlässigt werden.
«Die Förderung solcher Ressourcen ist im aktuellen Umfeld rentabel, aber die Kosten sind höher», sagt dazu Heinz Isler, Berater institutioneller Investoren in Genf. «Aus diesem Grund werden regelmässig Bodenproben vorgenommen. Dadurch lässt sich abschätzen, wie viel Gold sich in verschiedenen Bereichen einer Mine befindet, worauf beim Abbau je nach Preislage eine andere Mischrechnung gemacht wird», erklärt der Rohstoffexperte mit mehr als fünfzig Jahren internationaler Erfahrung.
Trotz höherer Kosten wird die Branche dieses Jahr denn auch rekordhohe Margen ausweisen. Im Fall von Newmont etwa belief sich die Gewinnspanne zwischen dem durchschnittlichen Goldpreis und den Gesamtkosten 2019 auf weniger als 430 $ pro Unze. Dieses Jahr sollen es gemäss dem Analystenkonsens mehr als 850 $ sein. Bei Agnico Eagle wird sogar mit einer Ausdehnung der Marge von 455 auf 1145 $ pro Unze gerechnet.
Chance für Contrarian-Investoren
Selbst wenn sich der Goldpreis im kommenden Jahr nicht gross bewegen sollte, bergen Aktien von Minenkonzernen damit reichlich Aufholpotenzial. Die anstehenden Resultate zum vierten Quartal, die ab Ende Januar eintreffen, werden davon zeugen. Weil das Produktionsvolumen in den letzten drei Monaten des Geschäftsjahres üblicherweise am höchsten ist, zeichnen sich bei einem durchschnittlichen Goldpreises von mehr als 2684 $ pro Unze rekordverdächtig gute Zahlen ab.
Vor diesem Hintergrund sind Minenaktien ein klarer Fall für Value-Investoren. «Die Menschen in Asien und die Zentralbanken kaufen Gold, aber nicht nordamerikanische Goldminengesellschaften», berichtet der Contrarian Fred Hickey. «Goldminenaktien dümpeln trotz Rekordproduktion, Rekordmargen und Rekord-Cashflows immer noch vor sich hin, weil das Interesse an diesen Aktien völlig fehlt und sie oft sogar verhasst sind», hält er in seinem monatlichen Investorenbrief fest.
Entsprechend sind die meisten Titel aus dem Sektor nach wie vor verlockend günstig. Auf Basis der Analystenschätzungen für die nächsten zwölf Monate beläuft sich das Verhältnis von Unternehmenswert zum Ebitda für die Konzerne im VanEck Gold Miners ETF auf lediglich 5,8. Für den S&P 500 beträgt der Vergleichswert 16,3. Bei den sieben Tech-Riesen Apple, Nvidia, Microsoft, Alphabet, Amazon, Meta Platforms und Tesla (Mag 7), die den US-Aktienmarkt dominieren, kommt er auf 21,5 zu liegen.
Attraktiv sind die Bewertungen von Minengesellschaften vor allem auch, wenn man sie in Relation zum Goldpreis stellt. Am weitesten zurück gehen die Daten hierzu für den Gold BUGS Index mit den wichtigsten Namen aus der Branche. Im Vergleich zu Gold bewegt er sich derzeit etwa auf dem gleichen Niveau wie auf dem Tief im Jahr 2000 nach dem Platzen der Internetblase, als die letzte grosse Hausse im Edelmetallsektor begann.
Das gleiche Bild zeigt sich bei Einzelaktien. Newmont und Barrick Gold handeln verglichen zum Goldpreis zum grössten Abschlag seit mindestens zehn Jahren. Selbst bei den operativ besten Vertretern der Branche wie Agnico Eagle oder Alamos Gold beträgt der Discount 11 bzw. 7%. Dies, obschon sich ihr Aktienkurs nahe dem Allzeithoch von Ende Oktober bewegt. Zu Spitzenzeiten attestiert der Markt solchen Qualitätstiteln eine Prämie von bis zu 40%.
Auf diesem wenig anspruchsvollen Bewertungsniveau braucht es speziell bei Newmont und Barrick Gold wenig für positive Überraschungen. Agnico Eagle wiederum ist ein Qualitätswert, der praktisch in jedes Portfolio passt. Generell ist die Bilanz der meisten Unternehmen gesund, und Anleger können mit steigenden Dividenden und/oder neuen Programmen für Aktienrückkäufe rechnen.
Wer bereit ist, das Risiko zu tragen, kann auch etwas auf mittelgrosse und kleinere Gesellschaften aus dem VanEck Junior Gold Miners ETF (GDXJ) spekulieren. Eine Auswahl aus diesem Segment mit Titeln wie Alamos Gold, Wesdome Gold Mines, New Gold und Rupert Ressources haben wir in dieser Analyse vorgestellt. Bei solchen Unternehmen spielt zudem Übernahmefantasie, wofür die Akquisition von O3 Mining durch Agnico Eagle das aktuellste Beispiel ist.