Eine belgische Stiftung stellt dem Sauriermuseum Aathal ein spektakuläres Skelett zur Verfügung. Nicht nur zum Anschauen, sondern auch für die Forschung.
Köbi Siber hat einen Coup gelandet. Sein halbes Leben hat er sich mit dem Ausgraben von Dinosaurierknochen beschäftigt, er hat in Peru die Fossilien von Bartenwalen ausgegraben und in den USA die Überreste eines mächtigen Allosaurus. Viele der Funde sind im Sauriermuseum in Aathal zu sehen, das Siber 1992 gegründet hat.
Nun, mit 81 Jahren, hat sich einer seiner grössten Wünsche erfüllt. Siber hat es geschafft, den König der Dinosaurier in sein Museum zu holen: einen Tyrannosaurus Rex namens Trinity, elf Meter lang und vier Meter hoch, bestehend aus insgesamt drei verschiedenen Sauriern und 293 Elementen. Mehr als die Hälfte des Skeletts ist echt, unter Sammlern ist das ein guter Wert.
Mit Trinity ist zum ersten Mal überhaupt ein T. Rex in der Schweiz zu sehen. Normalerweise müssen Dino-Fans nach Edinburg ins schottische Nationalmuseum fahren oder gegenwärtig nach Berlin ins Museum für Naturkunde. Nun reicht eine zwanzigminütige Zugfahrt ins Zürcher Oberland, wo Trinity ein Jahr lang ausgestellt sein wird. Und Siber sagt ganz bescheiden: «Wahrscheinlich werden wir deshalb mehr Besucher haben als im Vorjahr.» Zur Sicherheit öffnet das Museum ab Dienstag eine Stunde früher als bisher, um 9 Uhr.
Für fast 5 Millionen Franken versteigert
Es ist nicht selbstverständlich, dass dieser T. Rex in einem Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Ebenso gut hätte es sein können, dass das Skelett im Keller eines reichen Sammlers gelandet wäre. Denn Trinity war der Star einer Versteigerung des Auktionshauses Koller unter dem Titel «Out of This World 2», die letzten Frühling in Zürich stattfand.
Dabei kamen auch ein Zahn eines Urzeit-Hais, ein Astronautenanzug und ein Fragment eines Meteorits unter den Hammer, doch das T.-Rex-Skelett zog am meisten Aufmerksamkeit auf sich. Das lag auch daran, dass es erst der dritte T. Rex weltweit war, der versteigert wurde. Er ging schliesslich für 4,8 Millionen Franken an die Phoebus Foundation mit Sitz in Belgien. Gegründet hat sie Fernand Huts, ein Kunstfreund und Teilhaber des Hafen-Logistik-Unternehmens Katoen Natie.
Einen Dinosaurier zu erwerben, sei schon immer ihr Traum gewesen, sagt Katharina Van Cauteren, die Direktorin der Phoebus Foundation. Sie ist am Montag mit einem ganzen Tross von Mitgliedern der Stiftung nach Aathal gereist, um die Ausstellung im Museum zu eröffnen. «Dinos sind einfach cool, und der T. Rex berührt jeden.»
Die Stiftung will Trinity dereinst im Boerentoren ausstellen – einem Art-déco-Wolkenkratzer in Antwerpen, den der Architekt Daniel Libeskind in ein Kunstzentrum umbauen lässt. Doch bis der T. Rex dort einziehen kann, wird es noch eine Weile dauern. In der Zwischenzeit sollte das mächtige Skelett der Öffentlichkeit und der Forschung zur Verfügung gestellt werden.
Dass Trinity vorübergehend im Zürcher Oberland zu sehen ist, verdankt Siber seinen guten Kontakten – und seinem Ruf als autodidaktischer Paläontologe. Siber, Träger des Ehrendoktortitels der Universität Zürich, ist weit über die Schweiz hinaus für seine Forschung bekannt. Es war denn auch das Team des Sauriermuseums, das Trinity für die Versteigerung in der Tonhalle in der Stadt Zürich aufgebaut hat. «Deshalb ist Trinity bei Köbi Siber in den besten Händen», sagt die Stiftungsdirektorin Van Cauteren.
«Astronomische Summe» für Versicherung
Bis Trinity im Museum ausgestellt werden konnte, war viel Vorarbeit nötig. Kuratiert wird die Ausstellung von Yolanda Schicker-Siber, der Vizedirektorin des Museums und Tochter von Köbi Siber, die selbst an Grabungen in den USA teilgenommen und bei Präparationen mitgeholfen hat.
Drei Tage lang habe es gedauert, Trinity aufzubauen, sagt Schicker-Siber. Aber der Aufbau war nicht der schwierigste Teil, sondern die Anlieferung. Das Skelett lagerte in neun Holzkisten, die so gross waren, dass sie nicht durch die Türen des Museums passten. Die Türen mussten deshalb ausgehängt werden – «und auch dann war es noch Millimeterarbeit».
Die Phoebus Foundation stellt Trinity dem Museum gratis zur Verfügung, doch kostenlos ist die Ausstellung nicht, wie Köbi Siber erklärt. Allein die Versicherungssumme sei «astronomisch», sagt er. «So viel haben wir noch nie bezahlt.» Alles in allem kostet die Präsentation von Trinity 5o 000 bis 60 000 Franken, so viel wie andere Sonderausstellungen im Museum auch.
Doch der Aufwand lohnt sich, davon ist Siber überzeugt. Nicht nur, weil er im Museum ein einzigartiges Skelett zeigen kann. Sondern auch, weil an Trinity Forschung betrieben wird. Der Tyrannosaurus Rex sei der berühmteste Dinosaurier überhaupt, sagt der Paläontologe Nizar Ibrahim an der Pressekonferenz. Ein Fleischfresser mit mächtigem Gebiss, einer, der einen Eisbären – das grösste heute lebende Raubtier – als Snack verspeisen würde.
Aber wie der T. Rex sich entwickelt habe, darüber sei noch nicht viel bekannt. Trinity soll helfen, mehr über den T. Rex zu lernen. Paläontologie, betont Ibrahim, sei dabei keineswegs nur Vergangenheitsforschung, sondern auch aufschlussreich für die Zukunft. Trinity sei das Opfer eines Massensterbens gewesen. Mit dem dramatischen Verlust der Biodiversität finde ein solches auch heute wieder statt.
Nach der Pressekonferenz steht ein Kadermitglied von Fernand Huts’ Unternehmen draussen vor dem Museum und raucht eine Zigarette. Es hat zu regnen begonnen, die Schneereste verwandeln sich in braunen Matsch. Der Mann hat seinen Chef von Belgien hierher begleitet, «in the middle of nowhere», ins Niemandsland, sagt er und lächelt.
Er habe sich gefragt, was ihn hier wohl erwarten werde. So viel Begeisterung wie sein Chef könne er für Dino-Skelette nicht aufbringen, räumt der Mann ein. Und dann diese Kunststoffsaurier vor dem alten Fabrikgebäude, in dem das Museum untergebracht ist! Aber dann habe er Trinity gesehen und den Aufwand, den Siber und sein Team betrieben, um das Skelett zu präsentieren. «Schon ziemlich beeindruckend.»
Dann drückt er seine Zigarette aus und geht zurück ins Museum, wo zwei Buben im Shop warten. Sie möchten unbedingt einen Plastikdino kaufen.