Die Bau- und Immobilienfirma Steiner hat im Sommer Nachlassstundung beantragt. Jetzt wird das Unternehmen aufgelöst, nachdem Teile davon verkauft worden sind. Die Gläubiger dürften auf mehr als 100 Millionen Franken offenen Forderungen sitzenbleiben.
Die Bau- und Immobilienfirma Steiner AG, die Anfang Juni Gläubigerschutz beantragt hat, wird liquidiert. Das Unternehmen wurde in den vergangenen Monaten in mehrere neue Firmen aufgeteilt. Diese wurden nun mit Genehmigung des Nachlassgerichts für insgesamt 27 Millionen Franken verkauft, wie am Freitag bekanntwurde.
Für die Gläubiger sind das keine schönen Aussichten. Sie werden wohl mehr als 90 Prozent ihrer Forderungen abschreiben müssen. Privilegierte Verbindlichkeiten wie Löhne oder Beiträge an Sozialversicherungen sollen jedoch voll gedeckt sein.
Wichtigster Kunde im Entwicklungsgeschäft abgesprungen
Ursprünglich hiess es, Steiner wolle sich künftig auf die Immobilienentwicklung konzentrieren und das riskante und verlustreiche Totalunternehmergeschäft (TU-Geschäft) abstossen. Nun ist eher das Gegenteil eingetreten. Das TU-Geschäft verbleibt bei der bisherigen Steiner-Eigentümerin, der indischen HCC Group. Der Geschäftszweig wurde zwar zuerst in die neu gegründete Steiner Eagle AG ausgelagert, aber danach an HCC quasi zurückverkauft.
Diese neue Gesellschaft umfasst strittige und komplexe Verbindlichkeiten aus Projekten wie dem GZO-Spital Wetzikon oder der ETH Zürich. Laut dem zuständigen Sachwalter, Balthasar Wicki, war eine Auslagerung notwendig, da viele Projekte mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Risiken verbunden seien. Die HCC Group übernimmt dafür nun die finanzielle Verantwortung. Ein Verkauf dieser Verbindlichkeiten an externe Dritte war laut Wicki nicht realistisch.
Der Bereich Immobilienentwicklung, der neu unter dem Namen Steiner Development AG firmiert, wurde an die Genfer m3 Immobilier Holding von Abdallah Chatila verkauft. Chatila ist ein umtriebiger Geschäftsmann mit libanesischen Wurzeln, der lange Zeit in den verschiedensten Geschäftsbereichen tätig war und laut der Zeitung «Le Temps» auch schon mit Liquiditätsproblemen auf sich aufmerksam gemacht hat. Nun will er sich aufs Entwicklungsgeschäft konzentrieren und mit Steiner in die Deutschschweiz expandieren. Im Frühling soll ein Börsengang geplant sein. Wie die bisherigen Besitzer, HCC, in Indien verlauten liessen, werden sie von künftigen Wertsteigerungen der Steiner Development profitieren.
Die Veräusserung der Immobilienentwicklung war laut dem Sachwalter Wicki unvermeidlich, da plötzlich auch dieser Bereich ums Überleben kämpfen musste. Der wichtigste Geschäftspartner habe überraschend sämtliche Projekte gekündigt. Damit sei rund die Hälfte des Geschäftsvolumens weggefallen, womit sich die finanziellen und betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen fundamental verändert hätten.
Brisanterweise handelt es sich bei diesem Geschäftspartner um die Seraina Investment Foundation, die einst aus der Steiner-Gruppe hervorging. Bis Ende 2022 hiess sie noch Steiner Investment Foundation. Weshalb es zu diesem abrupten Bruch kam, konnte die NZZ bis Redaktionsschluss nicht in Erfahrung bringen.
Bescheidene Nachlassdividende
Die Verkäufe der verschiedenen Geschäftsteile bringen laut dem Sachwalter insgesamt 27 Millionen Franken ein, davon 18,5 Millionen in Cash. Diese Summe ist gering im Vergleich zu den ausstehenden Forderungen, die sich laut Wicki auf mindestens 150 bis 190 Millionen Franken belaufen. Gläubiger können mit einer Nachlassdividende von nur 5 bis 8 Prozent rechnen.
Im Januar 2025 soll die Liquidation des Unternehmens im Rahmen eines Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung eingeleitet werden. Die Zustimmung der Gläubiger zum Nachlassvertrag ist jedoch unsicher. Falls sie ihn ablehnen, kommt es zum Konkurs. Aus Gläubigersicht wäre dieser allerdings im vorliegenden Fall kaum schlimmer als die geplante Liquidation. Die nun erwarteten 5 bis 8 Prozent ihrer Forderungen dürften sie wohl auch bei einem Konkurs erhalten.