Silber gilt als «Gold des kleinen Mannes». Die Subventionierung von Elektromobilität und Photovoltaik spricht für eine steigende Nachfrage. Anleger können mit Anlageprodukten oder dem Direktkauf auf einen steigenden Silberpreis wetten. Dabei sollten sie aber die Transaktionskosten im Auge behalten.
Silber steht bei der Geldanlage immer etwas im Schatten des «grossen Bruders» Gold. In letzter Zeit ist das Edelmetall aber zusehends in den Fokus gerückt.
Dafür sorgen unter anderem die Energiewende, staatliche Initiativen sowie die anhaltend hohe Nachfrage nach Schmuck. Zudem hat der Goldpreis mit den Sorgen über kollabierende Banken vorübergehend deutlich zugelegt, und so beachten Anleger zunehmend auch den «kleinen Bruder» Silber. Auch Privatanleger können in Silber investieren. Beim Vorgehen ist indessen einiges zu beachten.
Was für Silberanlagen spricht . . .
Es gibt derzeit verschiedene Gründe, die für eine Anlage in Silber sprechen. Etwa die folgenden:
Wachsende Nachfrage aus der Industrie: Laut Andreas Hablützel, Chef des Edelmetallhändlers Degussa Schweiz, wächst zurzeit die Nachfrage nach Silber in der Industrie. Sie kommt vor allem aus den Sektoren der Elektro- und Hybridfahrzeuge sowie aus der Photovoltaik-Branche. Der Silberpreis könnte also weiterhin durch die Elektrifizierung von Fahrzeugen sowie durch grüne Infrastrukturprojekte unterstützt werden. Während die industrielle Nachfrage nur 7 Prozent der gesamten Goldnachfrage ausmache, werde sie auf 50 Prozent der gesamten Silbernachfrage geschätzt, sagt Hablützel.
«Für viele industrielle Anwendungen ist Silber wegen seiner physikalischen Eigenschaften unentbehrlich geworden und schwer durch andere Metalle zu ersetzen», sagt Christian Brenner, Managing Director bei dem Edelmetallhändler Philoro.
Neue Gesetze sorgen für Nachfrage nach Silber: Die industrielle Nachfrage dürfte durch staatliche Initiativen wie die «Inflation Reduction Act» in den USA noch verstärkt werden. Diese sieht laut einer Analyse des Vermögensverwalters Incrementum Investitionen in Höhe von 370 Milliarden Franken in erneuerbare Energien vor. Dadurch dürfte die industrielle Silbernachfrage steigen. Diese hat 2022 bereits um 5,4 Prozent zugelegt.
Vielseitig einsetzbar und begrenztes Vorkommen: Als Beimischung zu einem Edelmetall-Portfolio sei Silber sehr attraktiv, denn es werde gegenüber Gold durch die industrielle Nachfrage viel stärker verbraucht, sagt Brenner. Als Vorteil von Silber gilt auch, dass es sehr vielseitig einsetzbar ist. Auch in der Schmuckindustrie ist es sehr beliebt. Hier stützt laut Incrementum die beträchtliche Nachfrage nach Schmuck und Silberwaren aus Indien.
Lange Tradition als Zahlungsmittel: Wie Gold hat auch Silber eine jahrhundertelange Tradition als Werterhaltungs- und Zahlungsmittel. Das Edelmetall ist ein Sachwert und hat viele Krisen überstanden, in denen Papierwährungen verschwunden sind. Deshalb setzen viele Anleger auf Edelmetalle als Vermögensschutz.
. . . und was gegen Anlagen in das Edelmetall
Allerdings gibt es auch Gründe, die eher gegen einen Kauf von Silber sprechen. Dazu zählen folgende:
Bewölkter Wirtschaftsausblick: «Geht es der Industrie gut, geht es dem Silber gut, lautet eine Faustregel», sagt Brenner. Da sich die Rezessionswolken verdichten, sieht er kurz- und mittelfristig beim Silber keine grossen Kurssprünge. Sollte die prognostizierte Rezession kommen, dürfte die industrielle Nachfrage nach Silber konstant bleiben oder vielleicht gar fallen, sagt er. Am Freitag sendeten die viel beachteten US-Arbeitsmarktzahlen laut einem Agenturbericht widersprüchliche Konjunktursignale. Die Beschäftigung in den USA stieg erheblich stärker als von Analytikern erwartet – allerdings legte auch die Arbeitslosigkeit deutlich zu.
Starke Schwankungen des Silberpreises: Wer sein Geld in Silber investiert, sollte die deutlichen Schwankungen des Preises einkalkulieren. Dies zeigt ein Blick auf die langfristige Entwicklung des Silberpreises (vgl. Grafik). Am Freitag kostete eine Unze Silber 23.70 Dollar. In den vergangenen zehn Jahren erreichte der Silberpreis sein Hoch bei 29.13 Dollar im August 2020 und sein Tief im März desselben Jahres, nämlich bei knapp 12 Dollar.
Keine Zinsen oder Dividenden: Anleger sollten beim Kauf von Silber beachten, dass dieses wie andere Edelmetalle auch weder Zinsen noch Dividenden abwirft. Im Vergleich mit Aktien oder Obligationen ist das ein deutlicher Nachteil. Wollen Anleger mit Silber Gewinne erzielen, sind sie auf Preissteigerungen angewiesen.
Preisentwicklung ist langfristig überschaubar: Langfristig sind die Hinzugewinne beim Silberpreis hingegen überschaubar. Anfang Juni 2013, also vor zehn Jahren, kostete eine Unze Silber 22.74 Dollar, heute sind es 23.70 Dollar. Vor fünf Jahren kostete eine Unze Silber indessen 16.41 Dollar, seitdem hat der Silberpreis also deutlich zugelegt.
Es gibt ein Währungsrisiko: Der weltweite Handel von Silber findet in Dollar statt, folglich besteht für Franken-Anleger ein Währungsrisiko. Zudem wird der Silberpreis wie der Goldpreis deutlich vom Dollarkurs beeinflusst. Derweil gibt es aber Anlageprodukte, die das Währungsrisiko absichern. In Franken gerechnet betrug der Preis für eine Unze Silber am Freitag 21.50 Franken. Sein Zehn-Jahre-Hoch hatte er im August 2020 bei 26.68 Franken erreicht, sein Zehn-Jahre-Tief im März 2020 bei 11.61 Franken.
Wie kann man Silber kaufen?
Es gibt mehrere Arten, Geld in Silber anzulegen: Fonds, strukturierte Produkte, physisch unterlegte Exchange-Traded Funds (ETF) oder Direktanlagen wie Barren und Münzen. Aus Sicherheitsgründen ist für Anleger zu empfehlen, Direktanlagen oder physisch mit Silber unterlegte Finanzprodukte zu kaufen. Die Produkte sollten physisch unterlegt sein, da dies das Risiko ausschliesst, dass die Gegenpartei – also das ausgebende Finanzinstitut – ausfällt und die Anlage damit wertlos wird.
Worauf beim Kauf von Silber zu achten ist
- Bei Anlageprodukten sind die Kosten geringer als beim Direktkauf: Bei der Anlage in physisch unterlegte Exchange-Traded Funds (ETF) zahlen Anleger eine jährliche Verwaltungsgebühr und die Kosten für An- und Verkauf. Diese sind proportional zumeist geringer als diejenigen beim Kauf von Münzen und Barren. Hablützel weist indessen darauf hin, dass hohe Umwandlungskosten entstehen können, wenn man ein Anlageprodukt kauft und das Silber dann physisch beziehen will.
- Beim Kauf von physischem Silber fällt Mehrwertsteuer an: Beim physischen Bezug von Silber schlägt im Gegensatz zu Gold die Mehrwertsteuer von 7,7 Prozent in der Schweiz zu Buche. Bei einem Rückverkauf fallen indessen keine Steuern an.
- Hohe Transaktionskosten beim Direktkauf: Beim Kauf von Silbermünzen und -barren sind die hohen Transaktionskosten zu beachten. Dies zeigt ein Blick auf die Preisliste des Edelmetallhändlers Pro Aurum. Am Freitag wurden dort für den Kauf eines 1-Kilogramm-Silberbarrens inklusive Mehrwertsteuer 861.60 Franken fällig. Der Ankaufspreis lag hingegen netto nur bei 670 Franken. Bei Münzen sind die Aufgelder teilweise proportional noch höher.
- Gängige Anlagen kaufen: Wie beim Kauf von physischem Gold sollte man auch beim Erwerb von Silberbarren und -münzen darauf achten, dass es für diese einen Sekundärmarkt gibt – dass sich diese also wieder leicht verkaufen lassen. Als bekannteste Silbermünzen nennen Edelmetall-Experten Wiener Philharmoniker, Maple Leaf und Krugerrand. Laut Brenner kaufen viele Silberanleger Ein-Kilo-Barren oder sogenannte Tafelbarren, die sich in einzelne Stücke aufbrechen lassen.
- Auf Gütesiegel «Good Delivery» achten: Brenner rät, beim Kauf von Silberbarren auf das Label «Good Delivery» zu achten. Wie es auf der Website der London Bullion Market Association (LBMA) heisst, steht dieses dafür, dass die Barren von der Organisation akkreditiert sind und deren Standards erfüllen.
- Mehrwertsteuer entfällt bei Lagerung im Zollfreilager: Falls man das Silber in einem Zollfreilager lagert, entfällt die Mehrwertsteuer von 7,7 Prozent. Beziehe man das Silber aber zu einem späteren Zeitpunkt aus dem Zollfreilager, müsse der dann aktuelle Steuersatz bezahlt werden, sagt Hablützel. Zudem werde der Mehrwertsteuersatz auf den Wert des Silbers am Tag der Auslieferung angewendet, nicht auf den Tag, an dem das Silber gekauft wurde. «Man sollte sich somit besser zweimal überlegen, ob man sich nicht gleich heute das Silber physisch ausliefern lässt», sagt Hablützel.
- Teurere Lagerung als bei Gold: Anleger sollten berücksichtigen, dass Silber bei der Lagerung deutlich mehr Volumen braucht als Gold. So entstehen hier auch höhere Kosten. Laut Brenner gibt es drei Möglichkeiten, Silber zu lagern: Die erste Möglichkeit ist die Lagerung zu Hause in einem Tresor. Zweitens kommt ein Schliessfach bei einer Bank oder einem Edelmetall-Spezialisten infrage, drittens ein Zollfreilager. Wer das Edelmetall zu Hause lagert, sollte sich zudem mit der Versicherung der Anlagen auseinandersetzen.