Die Vermarktungsrechte der NBA könnten bald gegen 75 Milliarden Dollar wert sein. Die weltbeste Basketballliga floriert und wird auch ausserhalb Nordamerikas immer populärer. Gegenüber dem europäischen Fussball hat sie einen grossen Trumpf.
Wenn die National Basketball Association (NBA) in den kommenden Monaten ihren neuen Vermarktungsvertrag präsentiert, werden die Zahlen atemberaubend sein. In den letzten neun Jahren haben ESPN und Warner Brothers 24 Milliarden Dollar bezahlt, der nächste, 2025 in Kraft tretende Deal wird mehr Partner umfassen – und den zwei- bis dreifachen Wert einspielen.
Die NBA wird in den USA nie die Popularität der National Football League übertreffen, jedenfalls nicht auf Sicht. Aber die Liga boomt. Und sie gewinnt global stetig an Popularität – schon nur, weil Basketball ein zugänglicherer Sport ist als American Football. Und weltumspannend gespielt wird.
Wenn sich am Donnerstag die Cleveland Cavaliers und die Brooklyn Nets in Paris messen, liegt die Aufmerksamkeit weniger auf diesen zwei arg mittelmässigen Teams. Sondern mehr auf dem Gesamtprodukt NBA, das immer internationaler wird.
Zum Saisonstart im Oktober wurden in den Kadern der 30 NBA-Teams 125 Spieler gezählt, die nicht aus den USA stammen – Rekord. Darunter befindet sich mit dem seit längerem stagnierenden Genfer Clint Capela (Atlanta Hawks) ein einziger Schweizer. Einige der grössten Stars sind auf dem alten Kontinent gross geworden: Giannis Antetokounmpo (Griechenland, Milwaukee Bucks) und Nikola Jokic (Serbien, Denver Nuggets) waren schon Meister und sind als erste Europäer seit Dirk Nowitzki 2007 zum wertvollsten Spieler der Liga gekürt worden.
Der Slowene Luka Doncic vollbringt in Dallas fast jeden Abend Wunderdinge. Und der erst 20-jährige Franzose Victor Wembanyama von den San Antonio Spurs gilt als das grösste Versprechen seit LeBron James, dem 39 Jahre alten Grandseigneur der Los Angeles Lakers, der inzwischen der älteste Profi der Liga ist.
Die Unterhaltung stimmt auch neben den Courts – «Twitter-Gate» in Philadelphia
Die Anzahl an TV-Konsumenten in Europa steigt jährlich, obwohl die meisten Partien mitten in der Nacht stattfinden. Es hindert Jokic-Jünger in Belgrad und Wembanyama-Anhänger in Paris nicht daran, ihre Idole live spielen zu sehen.
Die Liga trägt dem Trend in mehrerlei Hinsicht Rechnung. Sie veranstaltet Spiele in Europa und Mexiko. Sie schickt Stars im Rahmen einer Media-Tour nach Asien und unterhält eine Entwicklungsliga in Afrika. In der Vorbereitung absolvierten NBA-Teams Testpartien gegen australische Vertreter. Gerade sind neue NBA-Shops in Berlin, Paris, Johannesburg, Melbourne und Abu Dhabi eröffnet worden.
Die NBA profitiert davon, dass sich ihre Stars prächtig vermarkten lassen; sie finden Anklang bei der jungen Instagram-Generation und sprechen die gleiche Sprache wie die Anhängerschaft. Dazu kommt: Die Unterhaltung ist vorzüglich. Auf dem Parkett – und auch daneben.
Eine der abstrusesten Geschichten der letzten Jahre stammt aus Philadelphia, wo die Partnerin eines General Managers unter falschem Namen einen Twitter-Account bediente, um die öffentliche Meinung bezüglich ihres Mannes positiv zu beeinflussen. Als sich jemand über die gar grossen Hemdkragen von Bryan Colangelo lustig machte, schrieb sie erbost, es handle sich um «normale Kragen», man solle gefälligst ein anderes Thema suchen. Als der Fake-Account von einem Journalisten aufgedeckt wurde, war Colangelo seinen Job bald darauf los.
Solche Episoden gibt es viele, nicht alle sind amüsant. Ja Morant, das Aushängeschild der Memphis Grizzlies, wurde im Herbst für 25 Spiele gesperrt, weil er in einem Instagram-Video nicht zum ersten Mal mit einer Waffe herumgefuchtelt hatte. Das war schlecht fürs Image der Liga und auch für die Grizzlies. Aber es war wieder eine Geschichte, an der sich die Szene laben konnte und welche die Kommentarspalten füllte; die NBA wirkt manchmal wie fleischgewordenes Popcorn-Kino aus Hollywood.
LeBron James verdient im Jahr allein 80 Millionen Dollar mit Ausrüster- und Sponsorenverträgen
Es ist Unterhaltung, die viel Geld wert ist. In der Saison 2022/23 setzte die Liga erstmals mehr als 10 Milliarden Dollar um. Die Spielerlöhne steigen unablässig, es gibt inzwischen Akteure mit einem Jahressalär von mehr als 50 Millionen Dollar. Selbst Ergänzungsspieler verdienen teilweise mehr als 10 Millionen. Der Coach der Miami Heat erhielt diese Woche eine Vertragsverlängerung, die mit 100 Millionen über acht Jahre dotiert ist.
Ein Ende des Goldrausches ist nicht in Sicht – im Gegenteil: Der bevorstehende neue Vermarktungsvertrag wird zur Konsequenz haben, dass die Salärobergrenze kräftig angehoben wird. Mittelfristig sind 80 Millionen pro Saison keine Utopie mehr. Zum Vergleich: Die 2003 zurückgetretene Lichtgestalt Michael Jordan verdiente in zehn Jahren total 86 Millionen Dollar.
Nicht eingerechnet sind die Einkünfte, welche die grossen Namen mit Sponsoren- und Ausrüsterverträgen erzielen. LeBron James nahm im vergangenen Jahr allein damit 80 Millionen ein. 2015 unterschrieb er einen lebenslangen Schuhvertrag mit Nike, der ihm gegen eine Milliarde einbringt.
Längst ist die NBA Big Business. Aber anders als im europäischen Fussball ist die Parität gewährleistet, was der Attraktivität der Liga sehr zuträglich ist. Die Qualität der Spiele ist meist exzellent, sie sind voller Rasanz, Dunks und unmöglich scheinender Drei-Punkte-Würfe. Die Visite der Cavaliers und der Nets in Paris bietet einem breiteren Publikum die Gelegenheit, sich davon wieder einmal zu überzeugen.