Für Hundehalter ist klar, wer der beste Freund des Menschen ist. Auch Entwicklungsgeschichte und Studien sprechen für sie. Doch Katzenbesitzer haben Einwände.
Loriot war davon überzeugt: Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos. Unzählige Haustierbesitzer würden Ähnliches sagen, Hunde oder Katzen machen einfach glücklich. Aber ist das wirklich so, oder bilden sich die Leute das ein – als eine Art sich selbst erfüllende Prophezeiung?
Studien, die die wohltuende Wirkung tierischer Freunde auf uns naturfremde, postmoderne Zivilisationsaffen bescheinigen, gibt es wie Sand am Meer. Doch viele davon sind leider mit Vorsicht zu geniessen: Häufig ist nicht klar, was die Henne und was das Ei ist. So sind zum Beispiel Hundebesitzer nachweislich fitter und gesünder als tierlose Menschen. Aber liegt das wirklich daran, dass sie täglich mit ihrem Hund Gassi gehen, oder schaffen sich kränkliche Couch-Potatoes gar nicht erst ein so bewegungsintensives Tier an?
Viele Studien können keine eindeutigen Antworten liefern, und deshalb ist ihre Aussagekraft begrenzt. Doch einige Langzeitbeobachtungen und neurowissenschaftliche Studien geben interessante Hinweise. So haben sich offenbar besonders Hunde erfolgreich in das menschliche Bindungssystem eingepasst.
Das kann man sogar in menschlichen Gehirnen sehen. Der amerikanische Neuropsychologe Luke Stoeckel hat das Gehirn von 14 Frauen im Kernspintomografen untersucht, als er ihnen Fotos von ihren eigenen Kindern und ihrem Familienhund zeigte. Bestimmte Hirnregionen, die an Belohnung, Emotion und Zugehörigkeitsgefühl beteiligt sind, waren beim Anblick des Familienhundes genau gleich aktiv wie beim Anblick der eigenen Kinder.
Am stärksten war die Reaktion derjenigen Frauen, die eine besonders intensive Beziehung zu ihrem Hund beschrieben hatten. Das Bild eines fremden Hundes löste bei keiner Frau diesen Effekt im Gehirn aus. Hunde erreichen demnach also nicht unbedingt den emotionalen Stellenwert des eigenen Babys, werden aber gefühlsmässig mindestens wie ein enges Familienmitglied eingestuft.
Das liegt vermutlich an der sehr besonderen Domestikationsgeschichte des Hundes. Es ist klar, dass Menschen und Hunde schon sehr lange intensiv zusammenleben: Zwischen 15 000 und 30 000 Jahren dauert diese Liebesgeschichte bereits an – es gab sie also schon lange, bevor Menschen Ackerbau und Viehzucht einführten.
Es gibt sogar eine Art Koevolution von Mensch und Hund. Hunde können Dinge, die kein anderes Tier kann: Von Geburt an verstehen sie unsere Mimik und Gesten, sie können mit Menschen über die Augen kommunizieren und lernen im Laufe ihres Lebens viele Wörter der menschlichen Sprache inhaltlich verstehen. Zum Vergleich: Menschenaffen, die genetisch viel näher mit uns verwandt sind, muss man die Bedeutung menschlicher Zeigegesten erst beibringen.
Hunde präferieren sogar von Geburt an die Beziehung zu einem Menschen gegenüber der zu Artgenossen – eine seltsame Vorliebe, die kein anderes Tier der Welt in dieser Weise mitbringt. Zudem stammen Hunde von Wölfen ab, die ähnlich wie Menschen in Gruppen leben, jagen und ein dementsprechend komplexes Sozialverhalten entwickelt haben – es gibt also viele Ähnlichkeiten zwischen den beiden «Tierarten» Mensch und Hund, die eine enge Bindung erleichtern.
Deshalb liegt nahe, was viele Studien zeigen: Sehr viele Menschen haben erstaunlich tiefe Beziehungen zu Hunden, die sie teilweise für fast so wichtig halten wie die zu anderen Menschen. Und da man weiss, wie entscheidend tiefe Beziehungen für das menschliche Wohlbefinden sind, kann man annehmen, dass die enge Beziehung zu einem Hund einen Menschen glücklich machen kann.
Es gibt noch einen weiteren Fakt, der für den Glückseffekt von Hunden spricht: Menschen sind biophil. Das bedeutet, eine Vorliebe für die Anwesenheit von Pflanzen und Tieren ist ihnen angeboren. Heute leben aber acht von zehn Menschen in Städten, kaum jemand hat im Alltag noch Kontakt zur Natur.
Ein australisches Forscherteam bestätigte 2022 mit einer Analyse von 49 Studien diese Biophilie-Hypothese: Schon ein kurzer Aufenthalt in lebendiger Umgebung mit Pflanzen und Tieren verbessert die menschliche Gefühlslage messbar. Und mit Hunden machen Menschen etwas, was mit kaum einem anderen Tier möglich ist: Sie gehen in der Natur spazieren. Die Hundehaltung könnte also eine Art doppelten Glückseffekt mitbringen.
Doch nun würden Katzenbesitzer vermutlich einhaken und betonen, dass ihre Katze sie viel glücklicher mache als ein Hund es je könnte. Schliesslich – so ein häufig reproduziertes Klischee – hätten Hunde ja einen Kadavergehorsam. Die Katze hingegen sei eine unabhängige Natur – wenn sie auf einen zukäme, so tue sie dies aus völliger Freiheit heraus, weshalb ihre Zuneigung eine besondere Auszeichnung sei.
Das ist vermutlich eine rein psychologische Projektion menschlicher Eigenschaften auf ein Tier, denn die Wahrheit ist: Die Verhaltensbiologie von Katzen ist einfach eine ganz andere. Sie sind von Natur aus Einzelgänger und sie sind, anders als Hunde, auch kaum domestiziert, also wenig an den Menschen angepasst. Mit anderen Worten: Katzen interessieren sich für Menschen und allgemein für soziale Interaktion sehr viel weniger als Hunde, und sie ähneln uns auch weniger.
Ihre emotionalen Auswirkungen auf den Menschen sind demnach sehr wahrscheinlich geringer als die von Hunden. Mensch und Katze verbringen nicht so viel Zeit zusammen, sie gehen selten miteinander spazieren und erleben seltener gemeinsame Aktivitäten, auch die Mensch-Katze-Kommunikation ist weniger ausdifferenziert.
Doch Glück ist eben relativ: Vielleicht macht es den Katzenbesitzer ja gerade glücklich, dass er weniger Arbeit hat als mit einem Hund.
Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag»