Sika behauptet sich in der Baukrise und ist dennoch ein grosser Verlierer im SMI. Das liegt auch an einem gern übersehenen Geschäftsfeld.
Wenn auf einer Baustelle geklebt, gemischt oder abgedichtet wird, kommen oft Produkte des Bauchemie-Riesen Sika zum Einsatz. Der Konzern mit Sitz in Baar ist Weltmarktführer in diesem Bereich und schlägt sich recht gut, auch in der derzeit schwierigen Zeit für die Bauindustrie.
Nur bei den eigenen Aktien klebt Sikas Spezialchemie nicht: Seit Oktober 2024 haben die Titel rund 20 Prozent an Wert verloren. Das machte sie im Gesamtjahr zu einem der schlechtesten Werte im Leitindex SMI.
Sika-Aktien sind «ungeliebt und überverkauft»
Analysten reiben sich etwas die Augen angesichts dieser enttäuschenden Performance. Auch am Donnerstag reagierten die Aktien kaum, obgleich Sika einen Umsatzrekord meldete. Der Konzern erzielte vergangenes Jahr einen Erlös von 11,8 Milliarden Franken. Das sind knapp 5 Prozent mehr als im Vorjahr. In Lokalwährungen gerechnet, also ohne den Effekt des starken Frankens, beträgt das Plus über 7 Prozent.
«Ungeliebt und überverkauft», so kommentierte die Investmentbank Stifel in dieser Woche die Performance der Aktien. Bezüglich Produktbreite und Kundenservice sei Sika in der Bauchemie unerreicht; Investoren übersähen hier eine Kaufgelegenheit, so die Analysten.
Dies umso mehr, weil der Markt für Bauchemie laut Stifel seit Anfang 2022 um einen Zehntel geschrumpft sei, aber Sika dennoch die Marktanteile ausgebaut habe. Das ist nicht selbstverständlich: Die Baubranche, insbesondere in China und Europa, läuft schlecht, und auf dem Heimatkontinent macht Sika rund 40 Prozent des Umsatzes.
Zugegeben: Aus eigener Kraft ist der Ausbau der Marktanteile überschaubar. 85 Prozent des Umsatzwachstums gingen im vergangenen Jahr auf das Geschäft zugekaufter Firmen zurück. Die Branche ist stark fragmentiert. Bereits im Jahr 2023 hatte Sika den Konzern MBCC übernommen, das frühere Bauchemie-Geschäft der deutschen BASF. 2024 kamen Akquisitionen in den USA, der Dominikanischen Republik und Peru hinzu.
Das Problem: Sika-Chemie steckt auch in Autos
Dass die Sika-Aktien im Herbst plötzlich den Gleichschritt mit dem SMI verloren, könnte an einem Geschäftssegment liegen, das in guten Zeiten wenig beachtet wird: Sika liefert Chemikalien nicht nur für die Baubranche, sondern auch für Industriekunden aus der Automobilbranche. In einem Auto wird nicht nur viel geschraubt, sondern auch geklebt.
Dieses Industriegeschäft steuert rund 15 Prozent zu Sikas Erlös bei. Doch seit dem Herbst haben sich die Aussichten für die Industrie und insbesondere für die globalen Autoproduzenten erheblich eingetrübt. Konkret verweist Sika auf die sinkende Nachfrage nach Neuwagen in Europa. Nur der Absatz von Hybridfahrzeugen sei gewachsen.
Positiv stach hingegen das Baugeschäft in den USA hervor, wo Sika weiterhin von staatlich geförderten Infrastrukturprojekten profitiert. Ausserdem werden mehr kommerzielle Bauten errichtet, weil Firmen ihre Produktion in die USA verlagern. Dieser Wachstumstreiber dürfte nach dem Amtsantritt des protektionistischen Präsidenten Trump bestehen bleiben.
Die Sika-Aktien haben es allerdings schon länger schwer: Ende 2021 hatten sie ein Hoch von 380 Franken erreicht. Doch bis Herbst 2022 schmolz ihr Wert um die Hälfte; seither geht es grob seitwärts. Derzeit stehen die Titel bei 217 Franken.
Die Ziele wurden bestätigt – zieht die Aktie bald an?
Ein Grund für die Skepsis der Anleger könnte die streckenweise abschreckend hohe Bewertung gewesen sein. Doch mittlerweile sind Sika-Aktien gemessen am erwarteten Gewinn wieder billiger geworden. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) hält die Anteilscheine nun für attraktiv bewertet.
Dies umso mehr, als der CEO Thomas Hasler die mittelfristigen Wachstumsziele bestätigt hat. Ausserdem wird für 2024 weiterhin ein überdurchschnittlich gestiegener Betriebsgewinn (Ebitda) erwartet, was laut Analysten-Konsens eine Marge von 19 Prozent bedeuten könnte. Ob das stimmt, zeigt sich im Februar, wenn die detaillierten Geschäftszahlen für 2024 vorgelegt werden.
Derweil erwartet die Bank Vontobel, dass Sikas Zielmärkte im Verlauf von 2025 aufgrund der niedrigeren globalen Zinsen anziehen werden. Stifel hofft, dass nun das «Tal der Tränen» verlassen wird. Sika ist also mit guten Aussichten in das neue Jahr gestartet. Davon muss nur etwas kleben bleiben.