Mit dem Momentum Screen durchleuchtet The Market die Indizes nach Aktien mit Aufwärtstrend, die zudem fundamental attraktiv bewertet sind. Sie setzen ihren Anstieg häufig fort. Im noch jungen Jahr fallen insbesondere deutsche Titel und eine Branche besonders auf.
Die ersten fünf Handelstage im Jahr gelten als richtungsweisend für das gesamte Jahr, wenn es nach dem bekannten Indikator der verstorbenen Börsenlegende Yale Hirsch und dessen Sohn Jeffrey, Autor des Stock Trader’s Almanac, geht. 2025 könnte demzufolge ein gutes Börsenjahr werden, denn der breite US-Index S&P 500 hat das vergangene Jahr mit 5882 Punkten abgeschlossen und notierte nach den ersten fünf Tagen im Januar dieses Jahres mit 5918 Zählern 0,6% darüber. Das saisonale Signal hat seit 1950 in 52 von 75 Jahren ins Schwarze getroffen, also in 69,3% der Fälle – eine gute Trefferquote.
Beim Dax sieht das Bild ähnlich aus. Der deutsche Leitindex hat im vergangenen Jahr nämlich nicht nur um 18,8% zugelegt und es mit einem Stand von 19’909 Punkten beendet. Er notierte im noch jungen Jahr nach fünf Handelstagen auch bei 20’330 Zählern – sprich 2,1% höher. In der Vergangenheit lag das Signal beim Dax nach Berechnungen von The Market seit 1988 in 25 von 37 Jahren, also in 67,6% der Fälle richtig. Unter Berücksichtigung des Vorgängerindex des Dax beträgt die Quote seit 1968 sogar 70,2%. Der Aufwärtstrend scheint ungebrochen und könnte sich also fortzusetzen. Darauf und auf starke Titel, die oft weiter zulegen, setzt The Market mit dem Momentum Screen.
Der Dax, beziehungsweise seine Kurs-Variante ohne Berücksichtigung der Dividenden, führt nun sogar das Ranking der vierzig von The Market beobachteten Indizes nach relativer Stärke an, während die US-Barometer ebenso wie die chinesischen Indizes kurz vor Donald Trumps Vereidigung zum 47. US-Präsidenten am 20. Januar an Schwung verloren haben. Kein Wunder, im Vergleich zu zehnjährigen US-Treasuries ist das Chance-Risiko-Verhältnis des S&P 500 dank einer viel beachteten Kennziffer mittlerweile ungünstig. Die Gewinnrendite («earnings yield», der Kehrwert des Kurs-Gewinn-Verhältnisses) ist auf 3,44% gefallen und liegt somit unter der Rendite von US-Staatsanleihen (4,8% bei Bonds mit zehn Jahren Laufzeit). Diesen Zustand erreichten die Märkte letztmals vor mehr als zwanzig Jahren, er gilt als Warnsignal für die Aktienmärkte.
Ein anderer übergeordneter Trend lässt sich in allen europäischen Indizes beobachten: Bankaktien besitzen Momentum – egal ob Commerzbank und Deutsche Bank im Dax, Julius Bär und UBS im SLI oder auch Erste Group Bank (ATX), Société Générale (CAC 40), BBVA (Euro Stoxx 50) und HSBC (Stoxx 50). Deren fundamental gute Verfassung könnte für eine anhaltende Erfolgsserie der Titel sprechen. Spannend dürfte in diesem Zusammenhang auch sein, welche Ergebnisse die US-Banken verkünden, die fast alle am Mittwoch und am Donnerstag ihre Zahlen zum vierten Quartal vorlegen.
Besonders ins Auge stechen im Dax ein paar altbekannte Valoren wie Siemens Energy, Heidelberg Materials, Rheinmetall und SAP, die allesamt auf den vorderen Plätzen in der Tabelle des Momentum Screens zu finden sind. Wenngleich Anleger bei Spitzenreiter Siemens Energy Kasse gemacht haben und der Abstand zum 52-Wochen-Hoch deutlich grösser geworden ist.
Neu dabei und wieder im Dax, weil für Covestro nachgerückt, ist Fresenius Medical Care (FMC). Die Aktien des Dialysekonzerns teilen allerdings das Schicksal so vieler Titel, die in die erste Börsenliga aufsteigen: Nach offizieller Bekanntgabe über die Änderung ging der Kurs eher runter anstatt rauf. Die ausserplanmässige Änderung war nötig geworden, weil der Streubesitz von Kunststoffspezialist Covestro weniger als 10% betragen hatte nach der Übernahme durch den staatlichen Ölkonzerns XRG (vormals Adnoc) aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dennoch haben die FMC-Valoren Momentum, wenn auch nicht mehr so stark wie Mitte Dezember.
Von den Anlegern wird der künftige US-Präsident Trump als eher positiv für FMC gesehen. Die USA sind für das Unternehmen mit Abstand der wichtigste Markt – dort erzielt FMC rund 70% des Umsatzes. Entsprechend vorteilhaft wären US-Steuererleichterungen. Gleichzeitig ist der Umsatzanteil in China sehr gering. Verbrauchsmaterialien lässt FMC teils allerdings in Mexiko produzieren. Hier drohen Importzölle, wobei auch eine Ausnahme für medizinische Produkte denkbar wäre. Die Aktien werden derzeit knapp unter dem Buchwert gehandelt. Fresenius hält noch 32,2% an FMC und will die Beteiligung «werthaltig» entwickeln.
Ganz anders sieht es bei den Commerzbank-Aktien aus, die nahe ihres 52-Wochen-Hochs notieren. Das Frankfurter Kreditinstitut gilt am Markt längst als Übernahmekandidat durch die italienische Unicredit. Diese hat sich über Aktien und Derivate insgesamt rund 28% der Anteile an der zweitgrössten deutschen Bank gesichert und will bis 29,9% aufstocken. Auch wenn die Beteiligung in den Augen der Unicredit «derzeit ausschliesslich eine Investition» sei, treibt das Interesse den Aktienkurs an. Bei der Coba sei ein «erheblicher Wert» vorhanden, so Unicredit in einer Mitteilung. Diesen Schatz will man in Mailand offensichtlich heben.
Das deutsche Bankhaus befeuert den Kurs seit November vergangenen Jahres selbst mit einem Aktienrückkauf, um das Grundkapital zu verringern. Papiere mit einem Gesamtwert von bis zu 600 Mio. € will die Coba so aus dem Verkehr ziehen. Jüngst ist man bei rund 35,8 Mio. Stück und einem Volumen von 547,2 Mio. € angekommen. Das Programm läuft noch bis 12. Februar. Die Aktie hat ein Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) von 0,7. Zum Vergleich: Die Unicredit-Valoren sind mit dem 1,1-fachen des Buchwerts bewertet.
Flugzeugbauer Airbus hat indes geliefert, was versprochen war. Rund 770 Auslieferungen waren das Ziel und 766 Jets waren es am Ende des Jahres, die durch einen regelrechten Endspurt 2024 noch ihren Weg zu den Kunden fanden. Das waren 31% mehr als ein Jahr zuvor und zehn Flieger mehr als von Analysten angenommen. Ein Kursfeuerwerk löste diese Abschlussbilanz aber nicht aus, hatte Airbus doch ursprünglich bis Mitte des vergangenen Jahres noch mit 800 Maschinen gerechnet. Dennoch hat der Titel nach wie vor einen intakten Aufwärtstrend.
Aus den Reihen der momentumstarken Aktien verabschiedet hat sich hingegen vorerst der Versandhändler Zalando. Offensichtlich kommt die Übernahme von About You doch nicht so gut an, wie es der Markt zunächst erahnen liess. Der Zusammenschluss ist in den Augen von The Market jedoch sinnvoll und die Aktie nach wie vor attraktiv. Trendfolger behalten den aktuellen 200-Tage-Durchschnitt von 26.30 € im Auge. Ein Unterschreiten wäre aus technischer Sicht ein Verkaufssignal. Am Montag ging Zalando mit 28.22 € aus dem Handel. Zahlen zum abgelaufenen Geschäftsjahr gibt es am 6. März.
Im Schatten der Autokrise hat sich indes der Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck zu einem vergleichsweise starken Titel gemausert. Die Aktien notieren nun knapp über ihrem 200-Tage-Mittelwert. Daimler Truck hat sich am Montag den bislang grössten Auftrag für Elektro-Lkw in seiner Firmengeschichte sichern können. Amazon habe 200 schwere Elektro-Lkw vom Typ Mercedes-Benz eActros 600 bestellt, teilte der Onlinehändler mit.
Zuletzt hatte Daimler Truck mit rückläufigen Zahlen zu kämpfen. Zwar stiegen die Verkaufserlöse pro Fahrzeug im dritten Quartal stark an (114’000 €; +12%), den Rückgang beim Absatz konnten sie aber dennoch nicht voll kompensieren. Daimler Truck schnitt im Vergleich zu Wettbewerbern wie Volvo und Paccar trotzdem besser ab. Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) aus Basis der für 2025 geschätzten Gewinne von 9 sind die Valoren von Daimler Truck teurer als die VW-Tochter Traton (5), aber günstiger als Volvo (11) und Paccar (15).
In der Schweiz lassen sich dagegen derzeit deutlich weniger Valoren mit Kursmomentum finden. Das zeigt auch ein Blick auf die Indizes. Während Kurs-Dax und Dax die Tabelle des Momentum Screens mit einer Relativen Stärke nach Levy (RSL) von 105,2 anführen, kommt der Swiss Leader Index (SLI) nur auf 98,8 und notiert damit unter seinem 130-Tage-Durchschnitt. Er ist damit allerdings in guter Gesellschaft. Aktuell bringt es der SDax ebenfalls nur auf 98,8, der SPI auf 98,0, der SMI auf 97,9 und der MDax auf 96,6.
Im SLI führen Swiss Re, Julius Bär und die UBS das Ranking nach relativer Stärke an. Während die beiden erstgenannten etwas an Momentum verloren haben, konnte die Grossbank hinzugewinnen.
Die UBS steht einem Bericht des Wall Street Journals (Paywall) zufolge kurz vor einem Vergleich bezüglich alter Verfehlungen der geschluckten Credit Suisse (CS). Im Kern geht es um eine vor mehr als zehn Jahren geschlossenen Vereinbarung der CS mit dem US-Justizministerium über Beihilfe zum Steuerbetrug. Die CS hatte sich 2014 für schuldig bekannt, US-Amerikanern bei der Steuerhinterziehung geholfen zu haben und zahlte daraufhin 2,6 Mrd. $ an die Behörden.
Sie hatte sich zudem verpflichtet, alle verbliebenen nicht deklarierten Konten aufzuspüren, zu schliessen und den Strafverfolgern entsprechende Daten weiterzugeben. Das geschah aber nur mit Verzögerung und zog weitere Untersuchungen nach sich. Für diese und andere Altlasten hat die UBS bei der Übernahme der CS pauschal Rückstellungen über 4 Mrd. $ gebildet. Mit dem Vergleich über mehrere hundert Millionen dürfte ein weiteres Kapitel abgeschlossen sein. Die Aktie reagierte daher kaum auf die Nachricht.
Zum Schluss ein Nachtrag zum Börsenindikator von Yale Hirsch: Falls das eingangs erwähnte positive Signal der ersten fünf Tage im Jahr eine Bestätigung durch einen guten ersten Monat findet, ist das ein weiteres Zeichen für ein unter dem Strich erfolgreiches Börsenjahr. Denn der Trend ist und bleibt unser der Freund.
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