Trockenes und windiges Wetter, viel Brennmaterial und Feuerquellen, die der Mensch zu verantworten hat, spielten zusammen. Die Hebel für die Prävention sind bekannt, man muss sie aber umsetzen.
Die Waldbrände in Los Angeles wollen einfach nicht aufhören. Auch in der zweiten Woche seit Beginn der Katastrophe standen in der kalifornischen Metropole ganze Hügel in Flammen. Die gefürchteten Santa-Ana-Winde waren zeitweise wieder aufgelebt; sie hatten die noch nicht gelöschten Brände erneut angefacht. Das Inferno hat «die Stadt der Träume» zu einem Albtraum für Zigtausende von Bewohnern werden lassen.
Brände gehören zwar zum Leben im Süden Kaliforniens. Aber diesmal hätten sie aussergewöhnlich heftig getobt, sagen Forscher. «Das schiere Ausmass der Schäden sticht ins Auge», sagt Jonathan Swain, ein Klimawissenschafter an der University of California in Los Angeles.
Mindestens 25 Menschen sind bis jetzt ums Leben gekommen. Mehr als 12 000 Gebäude und Infrastrukturen wurden zerstört, Zehntausende mussten ihr Zuhause verlassen. Mit geschätzten Schäden zwischen 50 und 275 Milliarden Dollar könnten die Brände zu den teuersten in der Geschichte der USA werden.
Damit es zu dem Desaster kommen konnte, mussten mehrere extreme Faktoren zusammenkommen. An den natürlichen Voraussetzungen für solche Brände – etwa dem Wind – kann man nichts ändern. Doch bei den menschengemachten Ursachen – etwa dem Zustand der Stromleitungen oder der für Feuer anfälligen Gebäude – kann man eingreifen, um künftige Brandkatastrophen zu verhindern oder zu lindern.
Kein Feuer brennt ohne den richtigen Zündstoff
Damit es so heftig und so lange brennen kann, braucht es Brennmaterial. In Los Angeles gab es das reichlich, denn in den vergangenen beiden Jahren hat es viel geregnet, die Vegetation ringsum ist üppig gediehen. Sie besteht mehrheitlich aus Strauchlandschaften, die sich an Hitze und Trockenheit angepasst haben – ähnlich der Macchia in Italien.
Die Dürre, die in den vergangenen Monaten folgte, war allerdings so extrem, dass die Pflanzen ihr nicht standhalten konnten. Gestrüpp, Blätter und Äste trockneten aus. «Der Feuchtegehalt wird so gering, dass die Biomasse brennbar wird», sagt Alexander Held vom European Forest Institute in Freiburg im Breisgau. Bei dem gegenwärtigen Wetter in Kalifornien sei im Moment alles an Biomasse Brennmaterial.
Kontrollierte Brände könnten vor der regulären Feuersaison das Brennmaterial reduzieren und so der Intensität und der Ausbreitung von Feuern entgegenwirken, sagt Held. Gesellschaftlich sei das aber noch schwierig. Die Angst der Menschen vor Feuer überwiege.
In Siedlungen sind Grünanlagen und Gebäude potenzielles Brennmaterial. Viele Besitzer denken nicht an die Brandsicherheit, wenn sie Büsche, Bäume und Holzzäune rings um ihr Haus und ihre Veranda pflanzen und ungenügend pflegen. Es gibt zwar Vorschriften, die Hausbesitzer in erhöhten Risikogebieten in der Region Los Angeles einhalten sollen, aber deren Durchsetzung ist oft schwierig.
Forscher fordern Schutzmassnahmen, damit die Feuer nicht zu nah an den Menschen herankommen können. «Es geht darum, Abstand zwischen dem Feuer und der Gemeinde zu schaffen», sagt Michael Gollner vom Fire Research Lab an der Universität Berkeley in einem Interview mit dem amerikanischen Magazin «The Atlantic». Dazu gehören Brandschneisen vor Ortschaften wie auch Kieswege um das eigene Haus.
Bei starkem Wind helfen Schneisen allerdings nur bedingt. In Los Angeles berichteten Feuerwehrleute, dass glühende Asche drei bis fünf Kilometer vor der Flammenfront Brände entfacht habe. Vor allem Palmen, die in vielen Gärten angepflanzt wurden, aber in der Region nicht heimisch sind, produzieren laut der Feuerwehr zahlreiche Glutpartikel, welche der Wind kilometerweit verweht. Das wirft die Frage auf, ob ausländische Pflanzenarten künftig überhaupt angepflanzt werden sollen.
Für Forscher wie Gollner und Held stellt sich eine andere Frage zuerst: Wie können sich Gemeinden künftig gegen die Funkenflüge wappnen? Für Hausbesitzer bedeutet das: Was kann brennen, wenn der Funke fliegt, und wie nah an oder in das Haus kann das Feuer kommen?
Glühende Asche sammelt sich bei Wind oft an einem Ort: zwischen den Brettern einer Terrasse oder in Spalten am Fuss einer Wand oder vor der Verkleidung. Sie kann in Ecken und Ritzen auf dem Dach landen und sich dort auftürmen oder in einen Lüftungsschacht fliegen und auf brennbarem Material landen. In einem Mulchhaufen kann die Glut gut schwelen und sich entzünden.
Das Baumaterial ist nicht der entscheidende Faktor
Natürlich müssen auch die Häuser selbst feuerfest sein. Hölzerne Schindeldächer seien das «absolut Schlimmste», sagt Gollner. Heute sind sie in der Region nicht mehr so verbreitet. Stattdessen sind entflammbare Verkleidungen der Häuser und der Veranden oder offene Lüftungsöffnungen ohne Schutzgitter das Problem.
In Kalifornien wird oft mit Holz gebaut, weil Holzhäuser Erdbeben besser widerstehen können als Steinhäuser und weil sie günstiger im Bau sind. Bedeuten die Feuer in Los Angeles nun das Ende des Holzbaus in der Region?
Alexander Held wiegelt ab. Bei einem Haus aus Beton und Stein brennten die Wände zwar nicht, aber der Brandschutz könne auch bei einem Holzhaus gewährleistet werden. Es gehe um die Anfälligkeit des Gebäudes gegenüber Feuern. Würden Glutpartikel ins Haus eindringen, zum Beispiel, weil fragile Fenster zersprängen oder weil die Klimaanlage Funken einsauge, werde es selbst dann abbrennen, wenn es aus Beton oder Stahl gebaut sei.
Trockenheit und Wind schufen ideale Bedingungen
Die meisten Brände gibt es in Kalifornien eigentlich im Herbst. Im Winter regnet es normalerweise ausreichend. Das war in den vergangenen beiden Jahren auch der Fall, doch diesmal blieb wegen «La Niña» der Winterniederschlag fast vollständig aus; seit dem vergangenen Frühling hat es kaum mehr geregnet. Laut dem Klimaforscher Swain war es «entweder der trockenste oder der zweittrockenste Beginn der Regensaison in ganz Südkalifornien in den vergangenen hundert Jahren». Die ruppigen Santa-Ana-Winde schufen anschliessend ideale Bedingungen für die Brände. In Böen erreichten sie teilweise Hurrikanstärke, was nur sehr selten passiert.
Die Erderwärmung beeinflusst generell das Wetter in der ganzen Region, zum Beispiel verstärkt sie den plötzlichen Wechsel zwischen Dürre und Nässe. Es ist aber nicht nachweisbar, dass der Klimawandel die Santa-Ana-Winde stärker gemacht hat.
In der Region ist es jedoch auf jeden Fall wärmer geworden: Laut Patrick Brown von der Johns Hopkins University in Baltimore liegt die Temperatur in der Gegend um Los Angeles heute im Schnitt rund drei Grad Celsius höher als zu Beginn der Industrialisierung. Diese Erwärmung trage zum Austrocknen der Vegetation bei, und darum könnten Waldbrände heutzutage noch stärker werden als früher.
Stromleitungen lösen viele Brände aus
Die einzige natürliche Entzündungsquelle in Kalifornien sind Blitzschläge, und die fehlen im Winter. Wahrscheinlich hat also der Mensch die gegenwärtigen Brände verursacht. Eine Gruppe um Jon Keeley vom U. S. Geological Survey hat einmal untersucht, wodurch Brände in Kalifornien ausgelöst wurden, die sich im Herbst oder Winter ereigneten und die von Santa-Ana-Winden verstärkt wurden. Laut der Studie von 2021 wurden all diese Brände durch den Menschen hervorgerufen.
Derzeit vermutet man, dass Defekte an Stromleitungen einen oder mehrere der jüngsten Brände in Los Angeles ausgelöst haben. Es kommt aber auch Brandstiftung infrage – oder das Wiederaufflammen von Brandherden, die nicht vollständig gelöscht worden sind.
Die Gebiete, in denen sich die menschliche Zivilisation und die Natur berühren – das «Wildland-Urban Interface» –, werden durch das Siedlungswachstum in Kalifornien immer grösser. Das steigert das Risiko für Entzündungen. Hinzu kommt der Klimawandel, der immer öfter günstige Bedingungen für Brände schafft. In Kalifornien sprechen die Behörden inzwischen davon, der Begriff «Feuersaison» sei gar nicht mehr zeitgemäss. Waldbrände stellten ganzjährig eine Gefahr dar.
Die Gegenmassnahmen sind bekannt: Man kann Schneisen in die Vegetation schlagen, Siedlungen feuerresistent anlegen und Stromleitungen sichern. Entsprechende Vorschriften sind erlassen worden, aber es hapert mit der Umsetzung. Das erhöht das Risiko, dass sich auch künftig Feuer zu Brandkatastrophen auswachsen werden.
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