Der Showdown im Kampf um die Unabhängigkeit der zweitgrössten deutschen Bank rückt näher. Die Commerzbank will ihre Aktionäre mit einer höheren Effizienz und Rentabilität in den kommenden Jahren überzeugen. Dazu gehört vermutlich auch ein weiterer Stellenabbau.
Im Übernahmekampf zwischen der Commerzbank und Unicredit rückt ein bedeutender Schachzug der Commerzbank näher: Am 13. Februar will die zweitgrösste deutsche Geschäftsbank im Rahmen der Bilanzvorlage für 2024 ihre geschärfte Strategie für die kommenden Jahre inklusive ambitionierterer Finanzziele bekanntgeben.
Bereits Ende vergangenen Jahres hatte die Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp klargemacht, dass sie die Effizienz und die Rentabilität der Bank weiter erhöhen möchte. Die in der Branche vielbeachtete Kosten-Ertrags-Quote soll von derzeit 59 auf 54 Prozent im Jahr 2027 sinken.
Unicredit kontrolliert 28 Prozent der Commerzbank-Aktien
Ein Mittel zur Erreichung des Ziels dürfte die weitere Reduktion der Stellenzahl sein. In den vergangenen Tagen berichteten verschiedene Medien, der Vorstand der Commerzbank diskutiere den Abbau «einiger weniger tausend Stellen». Bereits während der Restrukturierung in den vergangenen Jahren hatte das Institut rund 10 000 Arbeitsplätze abgebaut, es hat derzeit noch rund 39 000 Mitarbeiter.
Ein Stellenabbau könnte primär im Inland erfolgen, wogegen im Ausland sogar Arbeitsplätze im IT-Sektor geschaffen werden könnten, hiess es weiter. Das könnte etwa in Tschechien oder auch in Polen geschehen, wo die Commerzbank mit 69,1 Prozent die Mehrheit an der mBank hält.
Solange der Stellenabbau sozialverträglich geschieht, dürften Gewerkschaftsvertreter sich dafür offen zeigen. Sollte nämlich Unicredit die Kontrolle über die Commerzbank bekommen, könnte eine Stellenreduktion deutlich höher ausfallen. Der Ende 2024 ausgeschiedene Betriebsratschef Uwe Tschäge hatte sogar die immense Zahl von 15 000 Stellen in den Raum gestellt, die bei einer Übernahme der Commerzbank durch Unicredit wegfallen würden.
Die zweitgrösste italienische Geschäftsbank war im September mit 9 Prozent bei der Commerzbank eingestiegen und hatte ihre Anteile dann weiter erhöht. Laut einer Mitteilung von Mitte Dezember hält Unicredit derzeit insgesamt 28 Prozent an der Commerzbank, davon 9,5 Prozent direkt und weitere 18,5 Prozent über derivative Instrumente.
Gegenwärtig wartet das Institut offenbar noch auf die Genehmigung der Bankenaufsicht, um den direkten Anteil an der Commerzbank auf über 10 Prozent zu erhöhen. Sollte der Aktienbesitz der Italiener irgendwann 30 Prozent überschreiten, müsste Unicredit allen Aktionären ein Übernahmeangebot unterbreiten.
Gefahr für finanzielle Souveränität Deutschlands
Jüngst hatte sich erstmals Jens Weidmann, der Aufsichtsratsvorsitzende der Commerzbank und ehemalige Chef der Bundesbank, zur möglichen Übernahme durch Unicredit geäussert. Daraus ging eindeutig hervor, dass er das Vorgehen der Italiener als schlechten Stil und den Aufkauf von Commerzbank-Aktien als unfreundliche Attacke einstuft.
Auf die Frage, ob aus einem unfreundlichen Anfang noch eine freundliche Übernahme werden könnte, sagte Weidmann: «Das ist wie bei jeder Beziehung: Wenn der Start misslungen ist, wird es schwierig.» Es würde einiges an Arbeit benötigen, um genügend Vertrauen herzustellen und ergebnisoffene Gespräche zu ermöglichen.
Darüber hinaus wäre es für die finanzielle Souveränität Deutschlands vorteilhaft, zwei grosse, unabhängige Privatbanken zu haben, erläuterte Weidmann weiter. Bei einer Übernahme würde zudem die Attraktivität des Finanzplatzes Frankfurt leiden, und Kunden aus dem Mittelstand wären gezwungen, sich neu zu orientieren.
Dennoch gelobte Weidmann, ein mögliches Angebot von Unicredit unvoreingenommen und mit Blick auf alle Interessengruppen der Commerzbank zu prüfen. Bisher hat Unicredit aber noch kein konkretes Übernahmeangebot auf den Tisch gelegt. Sehr wahrscheinlich wollen die Italiener die Commerzbank mehrheitlich übernehmen und dann mit ihrer deutschen Tochter HypoVereinsbank fusionieren.
Warnung vor grossen Umsetzungsrisiken bei einer Übernahme
Am Ende werden primär die Aktionäre über die Zukunft der Commerzbank entscheiden. Der Vorstand um Bettina Orlopp will diese mit der neuen Strategie überzeugen und warnt zugleich vor den hohen und langwierigen Umsetzungsrisiken bei einer zumindest teilweise grenzüberschreitenden und möglicherweise feindlichen Übernahme.
Unicredit könnte dagegen versuchen, Fakten zu schaffen. Dies wäre, nach einer Genehmigung der Aufsichtsbehörden, etwa durch ein Übernahmeangebot an alle Aktionäre möglich. Oder die Italiener könnten versuchen, auf der Hauptversammlung (HV) der Commerzbank im Mai ihre Interessen durchzusetzen. Mit einem Anteil von knapp 30 Prozent kann man auf einer HV deutscher Aktiengesellschaften durchaus die Stimmenmehrheit der teilnehmenden Anteilseigner haben.
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