Bei der Amtseinführung ihres Mannes zeigt sich die First Lady undurchschaubar wie immer und macht damit doch alles anders.
Es ist nicht ungewöhnlich, bei der Amtseinführung des Präsidenten mit Hut zu erscheinen. Frühere First Ladys, darunter Mamie Eisenhower, Nancy Reagan und Jackie Kennedy, trugen sie zu dem Anlass. Nur waren die Hüte früher in der Regel so konzipiert, dass sie das Gesicht der Frauen nicht verdeckt haben. Doch nicht mit Melania Trump!
Die neue alte First Lady wählte für die Vereidigung von Donald Trump als dem 47. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika am Montagabend einen Hut im Boater-Stil. Dessen Basisversion sitzt auf den Köpfen von Venedigs Gondolieri. Also flach, mit farblich kontrastierendem Band. Melania Trump trug ihn in einer marineblauen Version aus Filz, aber mit genauso breiter Krempe, so dass ihre Augen die gesamte Zeremonie über im Schatten lagen. Man konnte nicht ausmachen, ob ihr die Show gefällt oder ob sie, wie so oft auf Fotos, ihre Augen zu ungnädig blitzenden, schmalen Schlitzen zusammenkneift.
Auf jeden Fall kam ihr damit niemand zu nahe. Auch nicht der neue Präsident der USA, der nach geleistetem Amtseid seine langjährige Gattin zu küssen versuchte und an der Krempe scheiterte.
Spott und Spekulationen in den sozialen Netzwerken
Auf X erntet Melania Trump für die Kopfbedeckung Spott. Es folgten unvorteilhafte Vergleiche mit Zorro, und es wurde spekuliert. Ob sie sich verstecken wolle? Ob sie Abstand von ihrem Mann und damit von seiner Rolle als Präsident sowie seiner Politik nehmen wolle? Während der letzten Jahre ist in den Medien viel darüber gewerweisst worden, ob Melania Trump eine Art Opfer sein könnte, an einer Scheidung gehindert durch Geld oder Vereinbarungen. In der ersten Runde als First Lady galt sie als kalt und unnahbar.
Bei Auftritten sah man Melania Trump, die sich von ihrem Mann abwendet. Melania Trump, die Donald Trumps Hand wegschlägt. Das war lange das öffentliche Bild des Paares. Melania, die Abwesende. In ihrer ersten Amtszeit wohnte sie nur Teilzeit in Washington. Das soll in der zweiten anders werden. Auch sie wollte zurück. Sie habe schon lange vor der Inaugurationsfeier fürs Weisse Haus gepackt, wie sie in einem Interview mit Fox News betonte. «This time I have everything», sagte sie weiter. Dieses Mal ist sie vorbereitet: «I have the plans.»
Hinweis auf neue Pläne?
Ihr Outfit am Montagabend passte zum Vorsatz, es müsse dieses Mal alles anders werden. Wie die Vergangenheit zeigt, neigen Präsidentengattinnen bei ihrem An- und Rücktritt dazu, kräftige und positiv konnotierte Farben zu tragen. Siehe Michelle Obama im Jahr 2009 in Gelb, im Jahr 2017 in Rot und Hillary Clinton im Jahr 1997 in Rosa. Dazu kommt: Melania Trump im Jahr 2017 in einem babyblauen Ralph-Lauren-Look. Mit ihrem strengen dunkelblauen Mantel und dem gleichfarbigen schmalen Rock kontrastierte Melania Trump nun also auch sich selbst.
Der dunkle Hut erinnert zugleich an die weisse Kopfbedeckung, die Melania Trump 2018 während eines Staatsbesuches des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und seiner Frau trug. 2022 versteigerte sie diesen und beschrieb ihn auf der Website als «ikonisch» und «einzigartig». Sie war ihre eigene Referenz.
Den «Inauguration»-Hut behielt Melania Trump während der ganzen Feier auf dem Kopf, sie legte ihn nicht einmal ab, um ihrem Gatten die Annäherung zu erleichtern. Sie zieht ihre eigenen Grenzen. Man hüte sich, tiefere Einsichten für die Zukunft aus ihrem Auftritt ableiten zu wollen. Gertrude Steins sinnentfremdetes Bonmot «There is no there there» meint hier, in Melania Trumps Fall: Es gibt da nichts weiter zu enthüllen. Melania Trump ist dort, wo sie ist, und sie ist dort, weil sie dort sein will.