Schweizer Wohnimmobilien sind auch 2023 teurer geworden. Die Dynamik der Preise schwächt sich aber ab, vor allem bei Einfamilienhäusern. Die Gründe hierfür und wie es weitergehen könnte.
Kommt das Rally bei den Preisen ins Stocken? Vom Schweizer Markt für selbstgenutztes Wohneigentum kommen derzeit gemischte Signale. Laut dem Transaktionspreisindex der Bankengruppe Raiffeisen sind die Preise für Einfamilienhäuser im vierten Quartal 2023 gegenüber dem Vorquartal um 1 Prozent gesunken. Eigentumswohnungen waren indessen 1,7 Prozent teurer als im Quartal davor.
Ähnliche Zahlen publiziert das Beratungsunternehmen Fahrländer Partner. Gemäss diesen gingen die Preise für Einfamilienhäuser in der Schweiz im vierten Quartal zum Vorquartal mit 0,2 Prozent zurück, bei Eigentumswohnungen gab es ein Plus von 0,9 Prozent. Dabei ist indessen stets noch die Inflation zu berücksichtigen – rechnet man diese ein, zeigen sich die Bremsspuren bei den Preisen noch deutlicher.
Schweizer Wohnimmobilien langfristig immer teurer
Angesichts des langfristigen Trends sind diese Zahlen bemerkenswert: In den vergangenen zwanzig Jahren haben die Preise für Einfamilienhäuser in der Schweiz um durchschnittlich 3,4 Prozent und diejenigen für Eigentumswohnungen um 3,8 Prozent pro Jahr zugelegt. Dies teilt Hausinfo, ein Portal der Gebäudeversicherung Bern und des Hauseigentümerverbands Schweiz, mit.
«Die Dynamik des Preiswachstums nimmt derzeit ab», sagt Fredy Hasenmaile, Chefökonom Raiffeisen Schweiz. In diesem Jahr sei sogar eine kleine Preiskorrektur bei Schweizer Immobilien denkbar. Zumindest sei 2024 im einen oder anderen Quartal mit negativen Vorzeichen bei der Preisdynamik bei Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen zu rechnen, heisst es in einer Publikation der Bankengruppe.
Vergleicht man die Preise mit denen im vierten Quartal 2022, kosteten Einfamilienhäuser indessen gemäss dem Raiffeisen-Index 2,2 Prozent und Eigentumswohnungen 5,9 Prozent mehr. Leichte Preisrückgänge gab es bei Einfamilienhäusern in Zürich und in der Südschweiz mit jeweils 0,5 Prozent. Auch in der Nordwestschweiz sanken die Preise leicht, und zwar um 0,4 Prozent.
Die Gründe für die Bremsspuren am Immobilienmarkt
Dafür, dass die Preisentwicklung im vierten Quartal an Dynamik verloren hat, sehen Immobilienexperten mehrere Ursachen.
Höhere Zinsen: Als wichtigsten Grund für die Abschwächung des Preiswachstums nennt Hasenmaile die höheren Zinsen. Diese sorgten dafür, dass das Wachstum bei den Hypothekarvolumen der Privathaushalte jüngst unter 2 Prozent gelegen habe. Langfristig betrage dieses rund 5 Prozent. «Seit der Zinswende ist die Zurückhaltung grösser geworden», sagt er.
Laut Robert Weinert, Partner beim Beratungsunternehmen Wüest Partner, schlägt dieser Effekt bei den Einfamilienhäusern deutlich stärker durch als bei den Eigentumswohnungen. Dies liege vor allem daran, dass die Finanzierungskosten bei Einfamilienhäusern grösser seien.
Wohneigentum ist weniger erschwinglich: Zweitens wird der Kreis der potenziellen Käufer von Wohneigentum kleiner. Hasenmaile nennt ein Beispiel. Grundsätzlich gehe man davon aus, dass ein Durchschnittshaushalt für den Erwerb einer 1 Million Franken teuren Eigentumswohnung Eigenkapital in Höhe von 200 000 Franken brauche.
Allerdings darf man dabei nicht vergessen, dass die laufenden Wohnkosten laut einer Regel von Banken für eine Fremdfinanzierung nicht mehr als einen Drittel des Bruttoeinkommens eines Käufers ausmachen sollen. Unter den Wohnkosten werden die Hypothekarzinsen, die Nebenkosten sowie die Amortisation der zweiten Hypothek verstanden. Die meisten Finanzinstitute rechnen aufgrund regulatorischer Vorgaben bei den Hypothekarzinsen mit einem Satz von 5 Prozent, bei Nebenkosten und Unterhalt mit 1 Prozent des Kaufpreises.
Bei einer Hypothekarschuld von 800 000 Franken betragen die Wohnkosten also rund 60 000 Franken pro Jahr. Folglich wäre ein Haushaltseinkommen von rund 180 000 Franken pro Jahr nötig, um die Tragbarkeitskriterien zu erfüllen. Wenn ein Haushalt dieses Einkommen nicht habe, könne er sich die Immobilie nicht leisten, sagt Hasenmaile.
Weinert verweist auf eine Studie von Wüest Partner vom Herbst letzten Jahres. Gemäss dieser erfüllten bei den Personen im Alter zwischen 30 und 50 Jahren nur 20 Prozent der Haushalte noch die Tragbarkeitskriterien, um ein Einfamilienhaus in der Schweiz zu kaufen. Bei den Eigentumswohnungen waren es 40 Prozent.
Unsicherheit bei den Zinsen: Auch die mangelnde Klarheit darüber, wie sich die Zinsen weiterentwickeln, bremst die Nachfrage nach Wohneigentum. «So ist für viele Interessenten beispielsweise nicht klar, wie es mit der Inflation weitergeht», sagt Hasenmaile. Als weiterer Grund für die vermehrte Zurückhaltung gelten die höheren Lebenshaltungskosten.
Wenig «grüne» Objekte verschmäht: Bei den inserierten Einfamilienhäusern sei der Anteil an Objekten, bei denen es punkto Nachhaltigkeit Investitionsbedarf gebe, grösser als bei den angebotenen Eigentumswohnungen, sagt Weinert. Dies schrecke manchen potenziellen Käufer von Wohneigentum ab. «Im Vergleich zu Eigentumswohnungen gibt es bei den angebotenen Einfamilienhäusern mehr Occasionsobjekte, bei denen in den nächsten Jahren erhebliche Investitionen anfallen.»
Maximal geringe Korrekturen bei Immobilienpreisen erwartet
«Einen Preiseinbruch am Schweizer Immobilienmarkt kann man indessen fast ausschliessen», sagt Hasenmaile. Eine moderate Preiskorrektur sei denkbar, aber viele Spezialisten hielten auch das für wenig wahrscheinlich. Die Preisrückgänge dürften sich in engen Grenzen halten, denn schliesslich hätten auch die Hypothekarzinsen ihren Höhepunkt bereits überschritten.
Für deutlich niedrigere Preise bei Schweizer Immobilien sei die Knappheit einfach zu gross, sagt der Raiffeisen-Vertreter. Auch sei die Schweiz in sich zu stabil und letztlich zu wenig betroffen von den gestiegenen Zinsen.
Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen werde dadurch gestützt, dass diese eher eine Alternative zu einer Mietwohnung seien als Einfamilienhäuser, sagt Weinert. Zudem gebe es bei inserierten Eigentumswohnungen mehr Neubauobjekte, und diese seien weiterhin sehr beliebt. Dies sei vor allem auch deshalb der Fall, weil diese oft ökologisch nachhaltig seien. In den Zahlen zur weiterhin positiven Preisentwicklung bei Eigentumswohnungen spiegele sich auch die weiterhin starke Nachfrage nach Zweitwohnungen in touristischen Gebieten.
Für 2024 rechnet Wüest Partner mit einem Preisanstieg vor Abzug der Inflation in Höhe von 0,3 Prozent bei Einfamilienhäusern und 1,2 Prozent bei Eigentumswohnungen. Der leichte Anstieg trotz gewissen negativen Rahmenbedingungen erkläre sich auch durch die geringe Neubautätigkeit in den beiden Segmenten, sagt Weinert.