Diverse namhafte Mitte-Politiker haben abgelehnt, doch der Bauernchef will: Ritter hat am Dienstag seine Ambitionen für das Bundesratsamt bekräftigt.
Der 57-jährige Mitte-Nationalrat Markus Ritter kandidiert für den Bundesrat. Dies verkündete er am Dienstagvormittag an einer Medienkonferenz der Kantonalpartei in St. Gallen.
Ritter sagte vor den Medien, er sei «bereit, entschlossen anzupacken». Dabei sprach er auffällig oft von Projekten, die man von Anfang bis Ende durchziehen müsse. Ein Verweis auf die vielen Projekte der Schweizer Armee, die nicht wie gewünscht vorankommen.
Ritter wurde dann doch konkret und sagte: «Die Luftraumüberwachung, die Aufklärungsdrohnen, das mobile Telekommunikationssystem – die Liste der anstehenden Aufgaben ist lang.» Er traue sich aber zu, die Probleme im Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport zu lösen. «Ich habe nie ein Haus verlassen, das ich nicht aufgeräumt habe.» Das habe er immer so gehandhabt: als Stadtrat von Altstätten, als Bauernverbandspräsident, als Nationalrat.
Nach und nach zählte Ritter auf, was ihn befähige, das Amt auszuüben: dass er gerne im Militär gewesen sei oder dass er den Bauernverband zu eine der modernsten Organisationen in der Schweiz umgebaut habe.
Ritter verbreitete zudem die Erzählung, dass er vor allem antrete, um Verantwortung für die Partei zu übernehmen. In den vergangenen Wochen haben diverse namhafte Mitte-Politiker bekanntgegeben, auf eine Kandidatur zu verzichten. Er habe sich erst nicht vorstellen können, anzutreten, sagte Ritter. Doch die Absage von Mitte-Nationalrat Martin Candinas sei «ein Tiefschlag» gewesen.
Franziska Steiner-Kaufmann, Präsidentin der Kantonalpartei, und Benedikt Würth, der St. Galler Ständerat, waren ebenfalls vor Ort. Auch sie deuteten Ritters Kandidatur als eine Art Dienst, den sie der Partei erweisen. Würth sagte, über das Anforderungsprofil eines Bundesrates werde zu wenig gesprochen, Ritter bringe alles mit. «Im Fussball würde man sagen, Ritter ist der grosse Mittelstürmer. Jeder will so einen im Team haben. Aber gegen ihn zu spielen, das ist nicht einfach.»
Mächtige Bauernlobby
Ritters Kandidatur ist eine Vollzugsmeldung. Vor einer Woche liess er im Interview mit dem «St. Galler Tagblatt» durchblicken, dass ihn das Bundesratsamt reizen würde. Am vergangenen Samstag dann sagte er in der SRF-Radiosendung «Echo der Zeit», dass er eine Kandidatur anstrebe, die Kommunikation aber der Kantonalpartei obliege.
Ritter war drei Jahrzehnte lang als Bauer tätig. Vor zwei Jahren überliess er den Hof in Altstätten im St. Galler Rheintal seinen beiden Söhnen. In den Medienauftritten inszenierte er sich entsprechend als hart arbeitender Bauer. So sagte Ritter der «NZZ am Sonntag», er wache jeden Morgen um fünf Uhr auf und beginne zu arbeiten. Anzupacken und zu helfen, das gehöre zur «DNA der Landwirte». Solche Sätze gibt es seit Jahren in den verschiedensten Variationen. Gut möglich aber, dass Ritter in den nächsten Wochen ein anderes Bild zeichnen möchte. Nach Informationen der «NZZ am Sonntag» hat er nämlich eine PR-Agentur engagiert, die ihn in den Wochen vor der Wahl unterstützen soll.
Ritter gilt als einer der einflussreichsten Politiker in Bern. Seit 2011 ist er Nationalrat, seit 2012 Präsident des Bauernverbandes. In letzterer Funktion wurde Ritter auch schon als «achter Bundesrat» bezeichnet, weil die Bauernlobby in den vergangenen Jahren an Einfluss gewonnen hat. Bei den nationalen Wahlen 2023 sind zwanzig Bäuerinnen und Bauern in den Nationalrat gewählt worden, obschon die Landwirtschaft weniger als ein Prozent des Bruttoinlandproduktes ausmacht.
Einige Parlamentarier halten die Bauern deshalb für übervertreten im Bundeshaus. Zumal vier Bauern-nahe Magistraten bereits im Amt sind: Elisabeth Baume-Schneider hat Schwarznasenschafe gezüchtet, Guy Parmelin war Winzer, Albert Rösti hat Agronomie studiert, und Beat Jans ist ausgebildeter Landwirt.
Oder wird die Herkunft zum Problem? Der Kanton St. Gallen ist mit Karin Keller-Sutter bereits in der Landesregierung vertreten. Es kam bisher nur zweimal vor, dass Kantone mehrere Bundesräte gleichzeitig stellten: Mit Moritz Leuenberger und Christoph Blocher sassen zwischen 2004 und 2007 zwei Zürcher im Bundesrat, mit Simonetta Sommaruga und Johann Schneider-Ammann zwischen 2010 und 2018 zwei Berner. Noch bis in die neunziger Jahre verhinderte eine Klausel in der Bundesverfassung, dass ein Kanton zwei Bundesräte gleichzeitig stellen kann.
Viele Absagen
Der Sitz ist frei geworden, weil Verteidigungsministerin Viola Amherd Mitte Januar ihren Rücktritt bekanntgegeben hat. Ritter ist der erste Mitte-Politiker, der sich offiziell um das Amt bewirbt. Der grosse Favorit, der Mitte-Präsident Gerhard Pfister, verzichtete hingegen auf eine Kandidatur, wie auch andere bekannte Mitte-Politiker, unter ihnen die Ständeräte Isabelle Chassot und Benedikt Würth sowie der erwähnte Candinas.
Der Walliser Regierungsrat Christophe Darbellay, der zwischen 2006 und 2016 die CVP präsidierte, erwägt eine Kandidatur. Bis Mittwoch will auch der Zürcher Nationalrat Philipp Kutter mitteilen, ob er antritt. Ebenfalls kandidieren könnte die Luzerner Ständerätin Andrea Gmür. Sie stand 2020 für kurze Zeit der Mitte-Fraktion im Bundeshaus vor.
Am 3. Februar endet die Bewerbungsfrist der Mitte für das Bundesratsamt. Danach entscheidet die Partei, ob sie mit einem Zweier- oder einem Dreierticket antreten will. Am 12. März wählt die vereinigte Bundesversammlung den neuen Bundesrat.
Mehr folgt.