Der afrikanische Kontinent ist für nur rund 4 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich, wird aber schon heute heftig von den Folgen steigender Temperaturen gebeutelt. Im Rahmen der Klimaverhandlungen kämpfen Vertreter der afrikanischen Staaten für mehr finanzielle Unterstützung. Ein Gespräch.
Wie wird Donald Trumps klimafeindliche Politik von Diplomaten in Entwicklungsländern eingeschätzt, allen voran in Afrika? Wir haben jemanden gefragt, der zuvorderst mitmischt. Ali Mohamed ist der Klimabotschafter der kenyanischen Regierung und klimapolitischer Berater des Präsidenten William Ruto. In diesem Jahr leitet er die Verhandlungsgruppe der afrikanischen Staaten und ist somit eine der zentralen Figuren auf der kommenden Weltklimakonferenz in Brasilien.
Die USA sind die weltgrösste Wirtschaftsmacht und der zweitgrösste Verschmutzer nach China. Ohne die finanzielle Spritze der Amerikaner wird der schwelende Streit um die geforderten Milliarden für den Klimaschutz in Entwicklungsländern noch einmal härter zu lösen sein. Ali Mohamed erklärt im Gespräch, wie sich die afrikanische Verhandlungsgruppe auf die kommenden Jahre einstellt.
Herr Mohamed, wie fielen die Reaktionen der restlichen Regierungen auf Trumps erneuten Ausstieg aus dem Pariser Abkommen aus?
Donald Trump hatte sein Vorhaben schon während des Wahlkampfes angekündigt. Es war also zu erwarten. Die Reaktionen waren entsprechend eher gedämpft. Diejenigen Länder, die beim Klimaschutz sowieso vorangehen, werden weitermachen. Selbst in den USA ergreifen der private Sektor und viele Gliedstaaten bereits Klimaschutzmassnahmen – und vieles davon geschieht trotz dem geplanten Ausstieg.
Regierungen hatten also Zeit, sich auf eine erneute Präsidentschaft Donald Trumps vorzubereiten.
Es ist nicht das erste Mal, dass wir diesen Entscheid von den USA sehen. Die Sache ist doch die: Der Klimawandel ist eine Realität. Er ist eine Tatsache, ob man nun beim Pariser Abkommen mitmacht oder nicht. Er betrifft uns alle.
Die internationale Reaktion deutet also nicht auf eine Abschwächung der Unterstützung der internationalen Klimaziele hin?
Die grüne Energiewende wird nicht gestoppt werden – unabhängig davon, ob Präsident Trump die USA zurückzieht oder nicht. Die Realität – dazu gehören die Technologien und die fallenden Preise der sauberen Energien – ist doch bereits besiegelt und kann durch den Rückzug nicht mehr aufgehalten werden.
Ein Problem ist der Entscheid dennoch. Droht Donald Trump den Konsens hinter dem Pariser Abkommen aufzuweichen, gar zu untergraben?
Es ist schon schlimm genug, dass sich ein Land wie die USA zurückzieht. Gleichzeitig steht der Multilateralismus weltweit an einem sehr ernsten Scheideweg. Wir müssen weiterhin an der Notwendigkeit einer globalen Zusammenarbeit festhalten. Kein Land kann die globale Herausforderung des Klimawandels alleine bewältigen. Das multilaterale System muss bestehen bleiben. Dass sich ein Land nicht daran hält – ob jetzt die USA oder ein anderes Land –, ist natürlich nicht wünschenswert.
Warum ist das gerade in Fragen der Klimapolitik so dringend?
Wir alle haben doch die Berichte wissenschaftlicher Organisationen gelesen. Wir alle sehen, dass die globalen Temperaturen Jahr für Jahr steigen: 2024 war das wärmste Jahr aller Zeiten! Die Tatsache, dass all diese Berichte auf die Gefahren hinweisen und dass einige Länder – das zeigt der klimapolitische Rückzug der amerikanischen Regierung – diese trotzdem nicht ernst nehmen, das ist besorgniserregend.
Donald Trump hat angekündigt, jegliche Finanzhilfe für den internationalen Klimaschutz zu streichen. Was sind die Folgen dieser Politik für das Erreichen der Klimaziele?
Vorweg muss gesagt werden: Die Gesamtsumme der bisher beschlossenen Klimafinanzierung ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Wir haben uns bei der letzten Klimakonferenz in Baku auf das Ziel geeinigt, bis 2035 jährlich mindestens 300 Milliarden zu erreichen. Aber das meiste davon wird von den multilateralen Entwicklungsbanken und dem privaten Sektor kommen. All dies wird trotz den USA weitergehen.
Trumps Ankündigung stellt also kein Problem dar?
Natürlich wird es ein Defizit geben, daran besteht kein Zweifel. Die USA leisten einen grossen Beitrag, unter anderem zu den Budgets der Uno. Es ist ein grosses Defizit. Dennoch muss man festhalten: Der Betrag, der aus dem öffentlichen Sektor kommt, ist viel kleiner als die Summe, die eigentlich für den Klimaschutz benötigt wird.
Seit Jahren liefern sich die Industriestaaten und die aufstrebenden Wirtschaftsmächte einen Schlagabtausch darüber, wer finanziell gefordert ist. Sollten grosse Verschmutzer wie China, Indien oder die Golfstaaten mehr zur Klimafinanzierung beitragen?
Die Diskussion darum, die Gruppe der zahlenden Staaten zu erweitern, ist eine heikle. Entwicklungsländer, die andere Entwicklungsländer unterstützen wollen, können und tun es schon. Aber es besteht keine Notwendigkeit. Die Zielpfosten sollten hier nicht verschoben werden.
Welchen Herausforderungen stehen afrikanische Regierungen gegenüber, wenn es darum geht, die Finanzierungslücke in der Zwischenzeit zu schliessen und in die Energiewende zu investieren?
Die Kapitalkosten für den afrikanischen Kontinent sind ein besonderes Problem. Wenn wir das nicht angehen, wird es für Afrika schwierig, seinen klimapolitischen Verpflichtungen nachzukommen und die erneuerbaren Energien auszubauen. Wir wiederholen ständig die Tatsache, dass fast alle afrikanischen Länder rund 5 Prozent mehr zahlen müssen als andere Entwicklungsländer. Das ist unfair. Das muss sich ändern.
Der Zugang zu Finanzmitteln ist also die grosse realpolitische Barriere für die Energiewende in den Ländern, die Sie auf den Klimaverhandlungen vertreten?
Ja, der Zugang zu Finanzmitteln ist ein grosses Problem für Entwicklungsländer wie unseres. Die Schuldenfrage ist erdrückend. Ein erheblicher Teil unserer Einnahmen fliesst in die Schuldentilgung. Gleichzeitig wächst die Schuldenlast weiter. Das ist der Grund, weshalb unsere Regierungen an Reformen des internationalen Finanzsystems arbeiten.
Erschwert Donald Trump die Arbeit und die Aussichten für eine solche Reform?
Es ist noch zu früh, darüber etwas zu sagen. Bis jetzt liegen von Donald Trump keine Äusserungen dazu vor, wie er das Thema sieht. Da sage ich lieber noch nichts.
Wird sich die Energiewende weltweit verlangsamen, oder werden die Marktkräfte sie aufrechterhalten?
Die grünen Technologien werden von Tag zu Tag besser. Die Kosten dieser Technologien sinken, und der Bedarf an sauberer Energie ist – aus vielen Gründen, sei es Klima oder Gesundheit – unaufhaltsam. Die Energiewende wird stattfinden.
Gilt das auch für den afrikanischen Kontinent?
Für Afrika besteht die folgende Herausforderung: Damit wir den Übergang hin zu grünen Technologien beschleunigen können, sind Investitionen erforderlich. Damit das gelingt, müssen wir die Ungleichheiten im internationalen Finanzsystem angehen. Sonst kommt die Finanzierung nicht in Gang.