Die Integration der Credit Suisse verläuft planmässig, gar schneller als das, und die Gewinnkraft erholt sich. Dennoch erleiden die Aktien einen Kursrückschlag. Wie passt das zusammen?
Geschätzte Leserin, geschätzter Leser
Auf den ersten Blick brilliert UBS erneut: Der um Integrationskosten bereinigte Vorsteuergewinn für das vierte Quartal erreicht 1,8 Mrd. $. Damit hat sie die Erwartungen der Analysten erneut massiv übertroffen, diesmal um ein Viertel.
Doch die Investoren haben wohl bereits mit dieser erneut positiven Überraschung gerechnet. Denn sie wiederholt sich quartalsweise: im Vorquartal fiel der Gewinn 40%, zum Halbjahr immerhin 12% und im Auftaktquartal gar dreimal so hoch aus wie erwartet.
Das erneute Übertreffen der Schätzungen entfaltete heute damit kaum mehr Wirkung auf den Kurs – die Aktien nahmen schon einiges vorweg: Im Januar resultierte ein Plus von knapp 15%. Zwar eröffneten die Titel der Grossbank heute nochmals stärker, drehten danach aber schnell ins Minus.
Das heute vorgelegte Ergebnis ist zwar gut, in erster Linie aber lediglich eine Bestätigung, dass UBS mit der Integration der Credit Suisse wie auf Kurs ist.
Deutlich illustriert das der grosse operative Hebel, bei dem bereits kleine prozentuale Verschiebungen zwischen dem Ertrag und den Kosten massiv Gewinnpotenzial freisetzen.
Die Schätzungenauigkeit der Analysten – das Ertragspotenzial hatten sie für das vierte Quartal 1% unterschätzt und die Kosten 3% höher veranschlagt, erklärt die gesamte Gewinnüberraschung der UBS.
Entwicklung verlangsamt sich
Zudem zeigt das vierte Quartal ein gemischtes Bild: Im Vergleich zum Vorjahresquartal resultierten beeindruckende Gewinnsprünge, beispielsweise das Global Wealth Management (GWM) hat den Vorsteuergewinn auf 870 Mio. $ mehr als verdreifacht, im Vergleich zum Vorquartal aber 20% weniger Überschuss generiert.
Mit Ausnahme der schwankungsanfälligen Investmentbank zeigt sich dieses Bild in allen Divisionen. Der konzernweite Vorsteuergewinn hat mit mehr als 1 Mrd. $ die Erwartungen zwar übertroffen. Doch im Vorquartal hatte der Überschuss fast das Doppelte betragen.
Zum Ausdruck kommt die Verlangsamung auch bei der Rentabilität: Im vierten Quartal betrug die bereinigte Rendite auf dem regulatorischen Eigenkapital (RoCET1) 7,2%, für das Gesamtjahr steht der Wert bei 8,7%.
Dennoch: Mit diesen Werten ist UBS ihren selbst gesetzten Zielen voraus. Angestrebt wurde für 2024 eine Rentabilität im mittleren einstelligen Prozentbereich, nun liegt sie um die Hälfte höher. Dasselbe gilt beim Altlastenabbau sowie der Kostenreduktion, wo UBS ihren Zielen ebenfalls voraus ist.
Fast 100 Mrd. $ Neugeld
Nur knapp auf Kurs ist die Bank beim Neugeld. Im vierten Quartal vertrauten Kunden dem GWM zwar weitere 17,7 Mrd. $ zur Verwaltung an. Für das Gesamtjahr summiert sich das Neugeld damit auf 97 Mrd. $. Das liegt aber unter dem Ziel von 100 Mrd. $.
Bis 2028 will die Bank den Zufluss auf 200 Mrd. $ jährlich verdoppeln, sodass das verwaltete Vermögen auf über 5 Bio. $ steigt. Gegenwärtig liegt der Wert bei 4,2 Mrd. $ – auch hier: 7% höher als vor einem Jahr, aber 2% unter dem Vorquartalswert.
UBS kündigte zudem an, ihre amerikanische Vermögensverwaltung, die die Hälfte der globalen Vermögen der Bank verwaltet, effizienter machen zu wollen. Dort ist die Gewinnmarge von in früheren Jahren 15 auf 9% gesunken und soll ab 2027 zurück auf den alten Wert steigen. Dies als Massnahme, den Weg hin zur konzernweit angestrebten Kosten-Ertrags-Relation von unter 70% zu schaffen. Derzeit steht diese bei 80%.
Kosten weiter drücken
Entsprechend gehen die Sparmassnahmen weiter. Bis Ende 2024 waren Kosteneinsparungen von 7,5 Mrd. $ erreicht. Zum Abschluss der Integration der Credit Suisse Ende 2026 sollen es 13 Mrd. $ werden. Den Aufwand, um diese dann jährlich wiederkehrenden Einsparungen zu erreichen, veranschlagt die Bank neu auf insgesamt 14 Mrd. $ und damit um 1 Mrd. $ höher als bislang.
Der bislang geleistete Aufwand für die Integration veranschlagt UBS auf 9,1 Mrd. $, wovon gut die Hälfte aus Kaufpreisanpassungen finanziert wurde, die die Bank bei der Übernahme der Credit Suisse vorgenommen hatte. Sprich: Sie hat Positionen zu einem Abschlag von anfänglich insgesamt mehr als 10 Mrd. $ in ihre Bilanz überführt. Doch sie erwartet, dass diese über die Zeit wieder werthaltig werden, der Abschlag also gewinnbringend wieder zurück gebucht werden kann.
Bis zur vollständigen Umsetzung des Sparprogramms rechnet die UBS mit weiteren rund 5 Mrd. $ an Kosten – genau so gross ist auch das noch verbleibende Aufwertungspotenzial aus den CS-Assets.
Restrukturierung belastet – aber nur zur Hälfte
In den kommenden zwei Jahren der Restrukturierung sollte etwa die Hälfte dieses Aufwertungspotenzials gewinnbringend zurück gebucht werden können, so dass wie in den beiden Vorjahren auch etwa die Hälfte der noch anfallenden Restrukturierungskosten damit aufgefangen werden kann – und darüber hinaus noch etwa 2,5 Mrd. $ an weiterem Aufwertungspotenzial verbleiben.
Dieser Mechanismus führt dazu, dass der den Aktionären zurechenbaren Gewinn während der Integrationsphase zwar jeweils niedriger ausfällt als die um die Integrationskosten bereinigten Zahlen, aber deutlich abgemildert wird. So verblieb trotz des hohen Restrukturierungsaufwands 2024 auch ohne Bereinigungen ein Überschuss von 5,1 Mrd. $.
Wieder zweistellige Eigenkapitalrenditen
Das Management hat den Renditepfad, der durch die Kombination von Kostensenkungen und Ertragswachstum erreicht werden soll, konkretisiert: Im laufenden Jahr soll die bereinigte Rendite auf das regulatorische Kapital auf 10% steigen, im Gesamtjahr 2026 auf rund 13%, bis zum Jahresende soll die Effizienz soweit gesteigert werden, dass eine Rendite von 15% erreicht wird. Ab 2028 werden dann auf unbereinigter Basis 18% in Aussicht gestellt.
Werden diese Ziele erreicht, spricht das für eine weiterhin anziehende Bewertung: Die derzeitige Notierung zum 1,2-Fachen des Buchwertes nimmt zwar bereits eine gewisse Rentabilitätssteigerung vorweg. Doch die bis 2026 und darüber hinaus in Aussicht stehenden weiteren Effizienzsteigerungen versprechen im Zusammenspiel mit einem wachsenden Gewinnpotenzial noch beträchtliches Kurspotenzial. Etwas Geduld braucht es aber wohl und mit Rückschlägen wie heute muss immer gerechnet werden.
Ausschüttungen steigen
Gleichsam zur Vertröstung hat die Grossbank heute die Dividende um 29% auf 0.90 $ je Aktie angehoben und für das laufende Jahr eine weitere Steigerung um 10% versprochen.
Zudem stellt das Management trotz der anhaltenden Diskussion im schärfere Kapitalvorschriften, ein neues Aktienrückkaufprogramm in Aussicht. So ist unter der Voraussetzung, dass die in der Schweiz geltenden Eigenmittelanforderungen «nicht unmittelbar und wesentlich ändern», für das erste Halbjahr der Rückkauf von Aktien im Wert von 1 Mrd. $ geplant und für die zweite Jahreshälfte angestrebt, für weitere 2 Mrd. $ eigene Titel zu erwerben.
In Summe ergibt sich 2025 eine Aktionärsrendite von rund 6%, die sich je hälftig aus der Dividende und den Rückkäufen speist.
Am heutigen Tag entschädigt das zwar nur für den Kursverlust. Mit Blick zurück sowie nach vorn verspricht die Übernahme der Credit Suisse aber für die Aktionäre zum Erfolg zu werden – ausser die weiterhin offene Neukalibrierung der Eigenkapitalanforderungen macht hier einen Strich durch die Rechnung.
Derzeit hält diese Unsicherheit die Entwicklung der UBS-Aktien merklich zurück, sollte sich die Frage im Jahresverlauf mit einem positiven Ausgang klären, könnte diese Last aber abfallen. In dieser Erwartung hat The Market die Aktien der UBS auf seine Favoritenliste für 2025 gesetzt. Darauf setzen wir weiterhin.
Freundlich grüsst im Namen von Mr Market
Ruedi Keller