Die Vergabe von Bonuszahlungen an Manager steht zunehmend unter Generalverdacht. Firmen sollten Zusatzzahlungen an ihre Führungskräfte heute besser begründen als früher. Eine Abkehr von Boni wäre aber kontraproduktiv.
Einem unterdessen pensionierten Richter in Zürich wird nachgesagt, dass er Angeklagte in Wirtschaftsstrafprozessen automatisch schuldig gesprochen habe, wenn sich der Streitwert auf über eine Million Franken belief. Zahlen im siebenstelligen Bereich empfand er offenbar als generell verdächtig und unanständig, so erzählen es wenigstens Anwälte, unter denen bis heute Anekdoten über den gefürchteten Richter kursieren.
Ein solches Schuldig-Verdikt fällt heute auch eine gefühlt immer breitere Öffentlichkeit über Manager in der Privatwirtschaft, die ein Gehalt in dieser Grössenordnung beziehen. Dies bekam jüngst Christoph Brand, CEO von Axpo, der grössten Stromproduzentin im Land, zu spüren. Nach Bekanntgabe seiner Kompensation, bestehend aus Fixgehalt und Bonus von total 1,5 Millionen Franken, ergoss sich ein Shitstorm über ihn. Brand erklärte darauf, es tue ihm leid, dass sich die Leute so über sein Salär aufregen mussten.
Während vieler Jahre konzentrierten sich die medialen Kontroversen auf die oft zweistelligen Millionenboni der Chefs von internationalen Grosskonzernen aus Finanz oder Pharma. Das hat sich geändert. Heute sind Investoren und Aktionäre über alle Branchen hinweg durchwegs kritischer geworden, wenn es um die variablen Kompensationsanteile der Führungsetage geht.
Dabei handelt es sich nicht einfach um eine Neiddiskussion, wie das Firmenvertreter gerne hinter vorgehaltener Hand propagieren. So sind Aktionäre, Politiker und die Bevölkerung generell besser informiert als früher und sind die meisten Informationen über eine Firma in wenigen Klicks auffindbar. Und ist damit ein Urteil darüber möglich, wie sich ein Unternehmen im Markt schlägt – und ob die Höhe von Gehalt und Boni der einzelnen Manager gerechtfertigt ist.
Etwas vereinfacht formuliert, reichte es also früher oft aus, als Firma den hohen Bonus des Chefs mit dem Hinweis auf gestiegene Gewinne und die noch höheren Boni bei der Konkurrenz zu begründen. Heute aber fragen die Anspruchsgruppen deutlich kritischer nach, wie ein Gewinn erreicht worden sei, ob ein Unternehmen von staatlicher Unterstützung profitiert habe, warum Mitarbeiter entlassen oder Leistungen an Kunden gekürzt worden seien.
Nun brauchte solche Kritik die Firmenführer nicht direkt zu kümmern, schliesslich sind die Eigentümer mit den Bonizahlungen einverstanden. Doch sind gerade Firmen wie die Axpo oder die UBS auch auf das Wohlwollen der Bevölkerung und der Politik angewiesen. Und Letztere zeigt sich immer ungnädiger, wenn sie ein Missverhältnis zwischen hohen Boni für die Chefs und Sparübungen bei Mitarbeitern oder bei Leistungen ortet.
Vor diesem Hintergrund hat sich auch die Frage, welchen Bonus die UBS ihrem Chef Sergio Ermotti zugesprochen habe, zum Politikum erster Güte entwickelt. Am kommenden 17. März, wenn die Zahl publiziert wird, könnte das sogar eine Weichenstellung bedeuten für den Grad des Goodwills, den Bern der UBS hinsichtlich der neuen Kapitalregeln zugestehen wird.
Dass ein Unternehmen seine Boni besser begründen muss als früher, ist richtig. Boni aber komplett zu hinterfragen, ist falsch, auch die hohen. Der Kern einer funktionierenden liberalen Marktwirtschaft steckt in dem Wissen eines jeden Einzelnen, dass eine aussergewöhnliche persönliche Leistung am Arbeitsplatz auch ausserordentlich belohnt wird. Wer mehr leistet als andere, soll dafür auch mehr erhalten.
Geschieht das nicht und erhalten Arbeitnehmer für Sonderefforts immer nur einen feuchten Händedruck des Chefs, empfinden sie das als ungerecht. Und sind irgendwann, menschlich und ökonomisch nachvollziehbar, nicht mehr zu dieser Zusatzanstrengung bereit. Erhält man aber eine finanzielle Zusatzvergütung, die man sich redlich verdient hat, macht das zuerst einmal stolz. Und motiviert dazu, auch weiterhin sein Bestes zu geben.