Donald Trumps Justizministerin Pam Bondi ist seit Mittwoch im Amt. Nun ist klar: Sie will gegen jene, die den Präsidenten anklagten und gegen ihn ermittelten, vorgehen. Beim FBI wurden bereits etliche Spitzenbeamte entlassen und Listen mit Verdächtigen angefertigt.
Donald Trumps politische Gegner warnten immer wieder vor einem juristischen Rachefeldzug, sollte er erneut an die Hebel der Macht gelangen. Wie sich nun herausstellt, waren ihre Ängste nicht unberechtigt. Trumps neue Justizministerin Pam Bondi hatte bereits 2023 in einem Interview damit gedroht, die Ermittler und Staatsanwälte verfolgen zu wollen, die unter anderem seine Rolle beim Sturm auf das Capitol untersuchten. In ihrer Anhörung vor dem Senat gelobte sie zwar, das Justizministerium nicht zu politisieren. Doch nach ihrer Vereidigung am Mittwoch setzte sie sofort eine Arbeitsgruppe ein, welche die «politisierte Justiz» unter Präsident Joe Biden aufarbeiten soll.
Bondi beauftragte die Arbeitsgruppe unter anderem damit, die Ermittlungen des Sonderermittlers Jack Smith zu untersuchen. Dieser hatte Trump wegen seines Putschversuchs im Zusammenhang mit dem Wahlresultat und der Unterschlagung von Geheimdienstdokumenten angeklagt. Bei seinem Auszug aus dem Weissen Haus 2021 nahm Trump eine grosse Zahl an Geheimakten mit in seine Residenz Mar-a-Lago in Florida. Weil er nicht alle Dokumente aushändigen wollte, führte das FBI im August 2022 eine Hausdurchsuchung durch. Bondi bezeichnet den Vorfall in ihrer Anordnung als «präzedenzlosen Überfall».
Eine Liste mit 5000 FBI-Agenten
Die neue Justizministerin will zudem auch untersuchen, ob der Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg und die Generalstaatsanwältin Letitia James in New York bei ihren Anklagen gegen Trump mit der Biden-Regierung kooperierten. In den Prozessen ging es um geschäftlichen Betrug, die Zahlung von Schweigegeld und Wahlbeeinflussung; beide Male wurde Trump in erster Instanz schuldig gesprochen. Trump sprach indes stets von einer politischen «Hexenjagd», die Biden vom Weissen Haus aus gegen ihn orchestriert habe.
Ausserdem will Bondi auch «unzulässige Ermittlungsmethoden und unethische Strafverfahren» gegen die Trump-Anhänger aufrollen, die am 6. Januar 2021 das Capitol stürmten. Präsident Trump hatte nach seinem Amtsantritt sämtliche der über 1500 verurteilten Randalierer entweder begnadigt oder durch eine Strafmilderung in die Freiheit entlassen.
Bereits vor Bondis Vereidigung am Mittwoch vollzog die Trump-Regierung im Justizministerium indes erste Entlassungen und Versetzungen leitender Beamter – unter ihnen ehemalige Mitarbeiter des Sonderermittlers Smith. Auch bei der vom Justizministerium beaufsichtigten Bundespolizei FBI kam es zu ersten Säuberungen. Mit Emil Bove setzte Trump einen seiner persönlichen Anwälte interimistisch als stellvertretenden Justizminister ein. Wiederholt forderte dieser die FBI-Führung auf, die Namen der Mitarbeiter zu liefern, die das «Kernteam» bei den Ermittlungen zum Sturm auf das Capitol bildeten.
Weil sich der interimistische FBI-Direktor Brian Driscoll jedoch weigerte, dies zu tun, verlangte Bove am Freitag eine schriftliche Liste mit den Namen aller beteiligten Ermittler. Tausende von FBI-Agenten erhielten danach ein Formular mit zwölf Fragen zu ihrer Rolle bei den Untersuchungen. Zudem ordnete Bove die Entlassung von sieben leitenden FBI-Beamten an, um «die Empfänglichkeit für die Direktiven von Präsident Trump» sicherzustellen.
Angst vor Rache der Capitol-Stürmer
Am Montag händigte Driscoll der Führung des Justizministeriums schliesslich eine Liste mit rund 5000 FBI-Mitarbeitern aus. Sie wurden allerdings nicht mit Namen, sondern nur mit ihrer Dienstnummer und ihrer Funktion identifiziert. FBI-Agenten, die an den Ermittlungen zum Capitol-Sturm beteiligt waren, haben Klagen gegen die Anfertigung der Liste eingereicht. Sie fürchten um ihre Sicherheit, sollten ihre Namen veröffentlicht werden. Begnadigte Randalierer und Organisatoren des Sturms haben im Internet oder in Interviews bereits zu Vergeltung aufgerufen. Driscoll war etwa selbst an der Verhaftung des Capitol-Stürmers Samuel Fisher beteiligt. Bei dessen Festnahme in New York 2021 fanden die Beamten in einer Wohnung grosse Mengen an Munition und Waffen.
Die Trump-Regierung wird vermutlich nicht 5000 von insgesamt 38 000 FBI-Agenten entlassen können. Auch Bove schrieb, dass nur diejenigen um ihre Stelle fürchten müssten, die mit «korrupter und parteiischer Absicht» gehandelt hätten. Trotzdem sind die Demokraten alarmiert. Am Donnerstag wollte die republikanische Mehrheit im Justizausschuss eigentlich die Nomination von Kash Patel für das Amt des FBI-Direktors durchwinken. Doch die demokratischen Senatoren erzwangen eine Verschiebung der Abstimmung um eine Woche.
Mehr als eine Verzögerung dürften sie jedoch kaum erreichen. Patel ist davon überzeugt, dass das FBI und das Justizministerium von den Demokraten als politische Waffe missbraucht wurden. Der Trump-Vertraute fordert seit langem eine radikale Reform der Bundespolizei und die Absetzung ihres Führungspersonals. Dieser Ansicht ist heute auch eine grosse Mehrheit in der Republikanischen Partei.
Nach dem Watergate-Skandal in den siebziger Jahren galt in den USA die Praxis, dass das Justizministerium in Fragen der Strafverfolgung unabhängig vom Weissen Haus agieren sollte. In erster Linie sollte die Behörde der Verfassung und nicht dem Präsidenten verpflichtet sein. Indem Trump die Führung im Justizapparat nun mit überaus loyalen und engen Vertrauten besetzt, setzt er diese Tradition aufs Spiel. Bei der Vereidigung seiner Justizministerin am Mittwoch meinte Trump: «Ich weiss, ich sollte nun sagen: ‹Sie wird total unparteiisch sein in Bezug auf die Demokraten.›» Dann fügte der Präsident hinzu: «Ich denke, sie wird so unparteiisch sein, wie es ein Mensch sein kann.»