Der radikale Islam will die Weltherrschaft und die Vernichtung der Juden. Trumps Tabula-rasa-Vorschlag wäre ein ernsthafter Versuch, eine von Ideologie durchseuchte Gesellschaft zu erneuern.
Es wurde ordentlich rumgebrüllt die letzten Tage: Trump sei doch irre mit seinem Vorschlag, die Bevölkerung des komplett zerstörten Gazastreifens in die Nachbarländer umzusiedeln und aus dem Stück Land die «Riviera des Nahen Ostens» zu machen. Das sei Vertreibung, so der Tenor. Deutsche Medien von der «Zeit» über die «Süddeutsche Zeitung» bis hin zum «Spiegel» übertrafen sich reflexhaft in Abwehrhaltung, während etliche Palästinenser in Gaza selbst jubelten, wie man in viral gegangenen Videos sehen konnte.
Die Reaktion der Medien und der Gesellschaft in Deutschland ist ein sicheres Zeichen dafür, dass der Nahe Osten nicht verstanden wird – grosse Ideen darf es einfach nicht geben. Aber ohne Mut und Risiko geht nichts im Leben. Das weiss nicht nur Trump, das wissen insbesondere Juden. Vor über hundert Jahren gaben sie, im Gegensatz zu Christentum und Islam, die Phantasie auf, ein Messias werde irgendwann kommen, um sie zu erlösen.
Die Idee vom jüdischen Staat
Die Juden entschieden sich für aufklärerische Mündigkeit und nahmen ihr Schicksal selbst in die Hand: Der Zionismus entstand und mit ihm die Idee vom jüdischen Staat. Nach 2000 Jahren Vertreibung hatten die Juden ihr angestammtes Land zurückerobert. Nicht nur mit Waffengewalt, sondern auch mit diplomatischem Geschick und infolge des Holocausts, der sechs Millionen Menschen das Leben kostete, aber den Überlebenden gleichzeitig in die Hände spielte.
Geschichte ist komplex – besonders dann, wenn ein Krieg stattfindet. Jener, der nun fast anderthalb Jahre in Gaza und Israel wütete, war von den Palästinensern selbst ausgerufen worden. Die «Al-Aqsa Flood», wie die Islamisten den gewaltsamen Grenzübertritt nach Israel und das anschliessende Massaker nennen, war über Jahre vorbereitet worden und der Wahnvorstellung von der kompletten Auslöschung Israels («From the river to the sea») geschuldet.
Der 7. Oktober 2023 war der kriegerische Angriff auf einen souveränen Staat, bei dem über 1200 Menschen innerhalb weniger Stunden abgeschlachtet sowie über 250 Geiseln verschleppt wurden. So etwas wie Bedauern oder Irritation in der muslimischen Welt blieb grösstenteils aus.
Wer verliert, verliert: Nazideutschland und die Siegermächte
Die grössenwahnsinnige Idee der Einnahme Israels durch Tausende von Hamas-Terroristen und Zivilisten aus Gaza ist gescheitert. Aus der Befreiung Palästinas wurde das Ende der Zweistaatenlösung. Das hätte der Mastermind und Hamas-Chef Yahya Sinwar alles antizipieren können. Wer aber einen solchen Vernichtungskrieg plant, ihn begeht und diesen Krieg verliert, der kann anschliessend nicht jammern und auch keine Ansagen machen. Denn der Sieger eines Krieges diktiert die zukünftigen Bedingungen.
Deutschland musste nach der Niederlage nicht nur ordentlich Land abgeben und 14 Millionen Menschen umsiedeln, sondern das Land wurde auch zehn Jahre lang unter die Verwaltung von vier alliierten Mächten gestellt. Diese Konsequenzen dienten dazu, eine ideologisch verseuchte Gesellschaft zu gesunden und wieder in ein demokratisches Selbstverständnis zu bringen, um eine internationale Zusammenarbeit in der Zukunft möglich zu machen.
Im Gazastreifen dominiert eine islamistisch motivierte Gesellschaft, die glaubt, erst wenn der letzte Jude tot sei, werde man selber frei sein. Wie einst in Nazideutschland ist die Erlösungsvorstellung an die Vernichtung der Juden geknüpft. Denken alle in Gaza so? Mit Sicherheit nicht. Glaubten alle Deutschen an den Nationalsozialismus? Nein. Aber die Alliierten betrachteten es dennoch als Notwendigkeit, einmal Tabula rasa in Germany zu machen, um die Herausbildung demokratischer Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland zu ermöglichen und damit die nachfolgenden Generationen vor einer erneuten Ideologisierung zu schützen.
Seit dem Beginn des Waffenstillstands am 19. Januar hat die islamistische Terrororganisation Hamas wieder richtig Welle gemacht. Kinder werden mit den paar übriggebliebenen Kalaschnikows ausgestattet. Man wickelt ihnen grüne Hamas-Stirnbänder um den Kopf und lässt sie in die Kameras irgendeinen antisemitischen Müll reden.
Das konnte man auch am Samstag live verfolgen, als drei völlig ausgehungerte Geiseln im Zuge des Waffenstillstands nach 500 Tagen freigelassen wurden. Die Hamas hatte erneut eine Parade organisiert, bei der die Geisel Eli Sharabi menschenverachtend vorgeführt wurde. Ein Hamas-Terrorist fragte den Mann vor laufenden Kameras auf Hebräisch, worauf er sich am meisten freue. Sharabi antwortete: «Auf meine Frau und meine Töchter.» Die drei waren von den Terroristen aber am 7. Oktober bereits ermordet worden. Davon hat Sharabi erst nach seiner Freilassung in Israel erfahren.
Die diktatorische Herrschaft in Gaza ist das Problem
Nehmen wir also an, Hitler hätte sich geweigert zu kapitulieren. So wie die Hamas. Die Amerikaner hätten ihm zwar in den Kopf geschossen, aber der Rest der Irren hätte nach einem ausgehandelten Waffenstillstand eine neue politische und gesellschaftliche Hierarchie aufgebaut. Mit demselben Ziel im Übrigen: der Weltherrschaft und der Vernichtung der Juden. Da treffen sich Islamismus und Naziideologie.
Die an Deutschland angrenzenden Länder wären weiterhin in Gefahr gewesen. Die Juden auch. Deutschland wäre zwar in Schutt und Asche gelegt und ein Grossteil der Nazis tot gewesen. Aber die Gesellschaft immer noch fehlgeleitet von einer kranken Ideologie und nach zwölf Jahren Diktatur unfähig, jemals so etwas wie Demokratie zu denken. Nichts hätte sich gross geändert. Die Situation wäre völlig fragil geblieben.
Wer Trumps Plan vom Tisch wischt, fordert nichts weiter als die Aufrechterhaltung einer diktatorischen Herrschaft in Gaza. Mit Mitgefühl den Palästinensern gegenüber hat das aber rein gar nichts zu tun.
Wohlstand entradikalisiert Menschen
In den letzten Monaten wurde immer wieder diplomatisch versucht, die anderen arabischen Staaten für die Zeit nach dem Krieg einzubinden. Saudiarabien, Ägypten, Jordanien. Aber die Verweigerung ist gross. Denn nicht nur das Schicksal der Palästinenser ist den umliegenden arabischen Staaten egal, sondern auch der Gazastreifen.
Was diese Länder wirklich interessiert, ist, den Konflikt am Leben zu halten, weil er ihnen als Ablenkung von innenpolitischen und innerarabischen Problemen dienlich ist. Das winzige, aber extrem erfolgreiche und attraktive Israel liegt inmitten von 22 arabischen Staaten, die mithilfe von Kolonisierung, ethnischer Säuberung, Massenmorden, Vertreibung und jahrhundertelanger Apartheid entstanden sind. Israel ist den grössenwahnsinnigen Islamisten nur deshalb ein Dorn im Auge, weil es ihnen ihre politische und gesellschaftliche Rückständigkeit vor Augen führt.
In der arabischen Welt ist die Macht des Stärkeren so etwas wie der heilige Gral. Trump weiss das. Denn Trump spricht Arabisch. Nicht im eigentlichen, sondern im kulturellen Sinn. Das macht ihn zu einem wirklichen Verhandlungspartner, weil die Regeln dort andere sind. Ob man das im woken, weichgespülten Deutschland nun erträgt oder nicht, ist komplett egal. Deutschland spielt bei der Lösung des Nahostkonflikts keine Rolle.
Seit den neunziger Jahren waren wir dieser Lösung noch nie so nah wie jetzt. Trump ist kein Kriegstreiber. Das ist Netanyahu auch nicht. Aber Trump versteht, dass Wohlstand Menschen entradikalisiert. Und ein starkes Israel mit arabischen Verbündeten ist für die Eindämmung des den Westen bedrohenden Islamismus ausschlaggebend. Zudem wird es Russlands Position und dessen Beziehung zu Iran schwächen.
Man muss Trumps Plan weiterdenken
Der Nahe Osten wird sich in den nächsten Jahren vollständig neu ausrichten. Die arabischen Länder, die dem Westen wohlwollend gegenüberstehen, werden ihre abgehängten muslimischen Brüder und Schwestern hinter sich lassen müssen, um endlich glücklich mit Gucci-Läden und Michelin-Restaurants leben zu können. Erst durch eine ökonomische Isolation der islamistischen Staaten werden diese sich von dem ganzen Mittelalter-Wahnsinn verabschieden.
Man muss Trumps Plan weiterdenken. Denn mithilfe der USA und anderer (arabischer) Alliierter würde auf der einen Seite eine Riviera des Nahen Ostens entstehen, während auf der anderen Seite im Westjordanland, in Jemen, Libyen und anderen Failed States, also den gescheiterten Staaten, immer noch Kindern Kalaschnikows in die Hände gedrückt würden. Eine solche Diskrepanz würde den Blick nicht nur der Palästinenser verändern, sondern aller Araber, die sich bis dato einem Todeskult verschrieben haben.
Es geht schon lange nicht mehr um den Nahen Osten oder den Westen. Spätestens seit der grossen Flüchtlingskrise vor zehn Jahren geht es in beiden Regionen um Terror oder Frieden, um Islamismus oder Modernität. Nur wenn der Westen das endlich versteht, kann er sich um sein eigenes Islamismus-Problem kümmern und zulassen, dass der Nahe Osten endlich modern wird.
Mirna Funk ist eine deutsche Schriftstellerin und Publizistin. Jüngst von ihr erschienen: «Von Juden lernen», DTV-Verlagsgesellschaft, München 2024. 160 S., Fr. 27.90.