Der Erfolg von Halbleiterkonzernen wie Nvidia, Broadcom, AMD und Qualcomm beruht auf einem eleganten Prinzip: Sie konzentrieren sich auf das Design und überlassen die Fertigung ihrer Produkte anderen. Was Anleger bei Investments wissen müssen.
An den amerikanischen Börsen lautet die Devise momentan «abwarten». Der Leitindex S&P 500 hat gestern Dienstag unverändert geschlossen. Der Nasdaq 100 mit den grössten Technologiewerten ermässigte sich um 0,3%.
Vor den Inflationsdaten heute Mittwoch wollten die meisten Investorinnen und Investoren wohl nicht viel riskieren. Fed-Chef Jerome Powell hat bei seinem halbjährlichen Hearing vor dem US-Kongress erneut betont, dass er keine Eile mit weiteren Zinssenkungen hat. Das gilt wohl vor allem auch angesichts von Trumps chaotischer Zollpolitik. Eine der wichtigsten Fragen für die Märkte bleibt somit, wie sich die Teuerung in den USA dieses Jahr entwickelt.
Neue Anhaltspunkte dazu wird der Index der Konsumentenpreise (Consumer Price Index, CPI) geben. Ökonomen rechnen damit, dass er im Januar im Vorjahresvergleich bei 2,9% stagniert hat. Die CPI-Kernrate (ohne Nahrungsmittel und Energie) soll sich leicht auf 3,1% zurückgebildet haben, nach 3,2% im Dezember. Auf sequenzieller Basis wird gegenüber Dezember ein Rückgang von 0,4 auf 0,3% erwartet, wogegen bei der Kernrate eine Zunahme von 0,2 auf 0,3% befürchtet wird.
Bemerkenswerte Bewegungen gab es bei Tech-Aktien gestern praktisch nur bei Tesla. Die Aktien büssten bis Handelsschluss mehr als 6% ein. Dass Elon Musk mit einem Konsortium eng vertrauter Investoren eine Offerte für das KI-Startup OpenAI lanciert hat, dürfte kaum der Grund für die jüngste Kursschwäche sein.
Ohnehin ist schwierig zu sagen, wie ernst es Musk damit meint. Andere Nachrichten fallen vermutlich stärker ins Gewicht: Der chinesische EV-Champion BYD will sein Autopilot-ähnliches System fortan in fast sämtlichen Neuwagen ohne zusätzliche Kosten anbieten. Das nährt Befürchtungen, dass der Konkurrenzdruck für Tesla weiter zunimmt. Die Zahlen zum ersten Quartal sahen zudem ernüchternd aus.
Die Titel haben in jeder der vergangenen fünf Börsensitzungen an Terrain verloren, womit sich mehr als 200 Mrd. $ an Marktkapitalisierung in Luft aufgelöst haben. Seit dem Hoch von Mitte Dezember hat der Kurs inzwischen 30% korrigiert.
Im Gegensatz dazu hat sich die Anspannung bei Nvidia etwas gelockert. Für Zuversicht sorgen die Pläne zu den Kapitalausgaben von Amazon, Microsoft, Alphabet und Meta Platforms. Wie die vier Tech-Riesen beim Quartalsabschluss angekündigt haben, wollen sie 2025 insgesamt bis zu 320 Mrd. $ in Rechenkapazität für künstliche Intelligenz investieren, nachdem es im vergangenen Jahr 230 Mrd. $ waren.
Ein erheblicher Teil dieser gigantischen Summe wird in KI-Chips von Anbietern wie Nvidia, Broadcom, AMD und Marvell Technology fliessen. Damit bietet sich eine gute Gelegenheit, unsere Serie zum Halbleitersektor in der heutigen Ausgabe von «The Pulse» fortzusetzen.
Konkret befassen wir uns mit dem erfolgreichen Geschäftsmodell von Fabless-Chipkonzernen, die sich auf das Design konzentrieren und die Fertigung ihrer Produkte anderen überlassen.
Eine heimliche Revolution
Bahnbrechende Innovationen beginnen manchmal still und unscheinbar. So verhält es sich auch um die Mitte der Achtzigerjahre, als im Silicon Valley mit Xilinx sowie Chips and Technologies zwei Unternehmen mit einem radikal neuen Geschäftsmodell auftauchen, das die Halbleiterindustrie fundamental verändern wird.
Chipkonzerne sind zu dieser Zeit als Integrated Device Manufacturer organisiert. Im Branchenjargon kurz IDM genannt, sind sie entlang der gesamten Wertschöpfungskette aktiv: Sie entwickeln eigene Prozesse zur Produktion von Halbleitern, betreiben eigene Fabriken und verkaufen dann das fertige Fabrikat. Klassische Beispiele dafür sind Intel, Texas Instruments oder Micron Technology.
Doch Gordon Campbell, der Gründer und CEO von Chips and Technologies, hat eine andere Idee. Die innovative Firma spezialisiert sich ausschliesslich auf das Design von Grafikchips und lagert die Fertigung an andere Unternehmen in der Branche aus. Einen Wafer auswärtig fertigen zu lassen kostet zwar etwas mehr, dafür kann sie sich die Kosten zum Bau und Betrieb einer Fabrik sparen und muss ihr Kapital nicht an Produktionsanlagen binden.
Dieses neue Geschäftsmodell wendet ungefähr zur gleichen Zeit auch Xilinx mit programmierbaren Halbleitern (Field Programmable Gate Arrays, FPGA) an. Wenig später wagt Qualcomm mit Chips zur Ortung von Lastwagen via Satelliten-Technologie den gleichen Versuch. Da diese neue Art von Unternehmen keine eigenen Fabriken unterhalten, werden sie als Fabless-Halbeiterunternehmen bezeichnet.
Dass dieses Konzept funktioniert, hat einen einfachen Grund: Die Halbleiterindustrie ist ausgesprochen zyklisch und die etablierten Konzerne sind angesichts ihrer hohen Fixkosten daran interessiert, ihre Fabriken möglichst optimal auszulasten. Um Fluktuationen bei der Nachfrage nach den eigenen Chips auszugleichen, nehmen sie externe Produktionsaufträge an.
Taiwans Aufstieg zur Chip-Grossmacht
Wenige Jahre später beginnt in der Branche ein weiterer Umbruch: Morris Chang, ein vormaliger Ingenieur bei Texas Instruments, gründet im Februar 1987 mit der Taiwan Semiconductor Company (TSMC) den ersten Halbleiterkonzern, der sich vollständig auf die Auftragsproduktion für andere Unternehmen konzentriert. Auf dieses sogenannte Foundry-Modell schwenkt Mitte der Neunzigerjahre ebenso der heimische Konkurrent UMC um.
TSMC und UMC produzieren zunächst fast nur Chips für reguläre Halbleiterkonzerne, die bei Kapazitätsengpässen einen Teil der Fertigung auslagern. Im Vergleich dazu ist das Volumen von Fabless-Spezialisten noch verschwindend gering. Zusammengenommen hätten ihre Aufträge zu dieser Zeit nicht einmal eine einzige Fabrik auslasten können, wie die Branchenkenner Daniel Nenni und Paul McLellan in ihrem Standwerk zur Entstehung des Fabless-Segments berichten.
Im Lauf der Zeit ändern sich diese Verhältnisse langsam, aber stetig. Hauptsächlich dafür verantwortlich sind zwei Trends: Erstens nimmt die Zahl von Fabless-Unternehmen immer mehr zu. Broadcom wird 1991 als reiner Chipdesigner gegründet, Nvidia geht 1993 an den Start, Marvell Technology wird 1995 lanciert, um nur einige prominente Beispiele zu nennen.
Ebenso wichtig ist der zweite Trend. Das Equipment zur Produktion der leistungsfähigsten Halbleiter wird zunehmend teurer. Immer weniger Unternehmen können sich die Fertigung ihrer Chips in eigenen Fabriken leisten. Im März 2009 kommt es zu einem Schlüsselmoment: Um die Weltwirtschaftskrise zu überleben, bleibt dem Intel-Konkurrenten AMD nur noch der Verkauf der Foundry-Sparte und ein strikter Fokus auf das Design-Geschäft.
TSMC rückt derweil bei der Fertigungstechnologie sukzessive näher zur Spitze auf. Die Chipschmiede profitiert insbesondere von der Zusammenarbeit mit Apple. Der iPhone-Hersteller arbeitet für seine Smartphone-Prozessoren zunächst mit Samsung Electronics zusammen, vergibt seine Aufträge dann aber ab 2013 nach Taiwan. Sechs Jahre später überholt TSMC bei der Technologie zur Fabrikation der schnellsten Chips sogar den Branchenprimus Intel.
Ein komplexes Ökosystem
Nicht alle Pioniere der Fabless-Revolution überleben in ihrer ursprünglichen Form. Chips and Technologies wird bereits 1997 von Intel übernommen, und Xilinx wird 2022 an AMD verkauft. Doch im Lauf der vergangenen vier Jahrzehnte hat sich dank ihnen im Halbleitersektor ein komplexes Ökosystem herausgebildet, dass auf Spezialisierung und Kooperationen beruht.
Fabless-Unternehmen wie Nvidia, Broadcom, Qualcomm und AMD treiben heute den Wettlauf beim Design der schnellsten Chips voran. Mit TSMC, UMC, Global Foundries und SMIC aus China hat sich eine Reihe von Konzernen etabliert, die sich strikt auf die Fertigung fokussieren. Hinzu kommen Software-Spezialisten wie Cadence Design Systems, Synopsys und Siemens EDA, die Werkzeuge zur Architektur von Halbleitern anbieten.
Die Bedeutung des Fabless-Segments ist heute damit grösser denn je. Kam es vor zehn Jahren für rund 15% der gesamten Einnahmen im Halbleitersektor auf, waren es 2024 rund 40%. Entscheidend dazu beigetragen hat das phänomenale Wachstum von Nvidias Datacenter-Sparte. Doch auch um diesen Spezialfaktor bereinigt, sind die Einnahmen von vielen Fabless-Unternehmen schneller als der Gesamtmarkt expandiert.
Massgeblich zu ihrem Erfolg trägt bis heute das Asset-Light-Geschäftsmodell mit geringen Fixkosten bei. Im Vergleich zu IDM-Herstellern mit integrierter Fertigung bleiben ihre Kapitalausgaben wesentlich niedriger, wobei sich dieser Unterschied derzeit angesichts des massiven Ausbaus von Produktionskapazitäten besonders deutlich bemerkbar macht.
Ebenso sind Fabless-Unternehmen agiler. Sie können ihr Auftragsvolumen flexibler an die Marktnachfrage anpassen, was im schnelllebigen Technologiesektor ein bedeutender Vorteil sein kann. Verglichen mit IDM-Herstellen sind ihre variablen Kosten dafür höher, was sich unter anderem in den Ausgaben für Forschung & Entwicklung reflektiert.
An der Börse sind Aktien aus dem Fabless-Segment gegenwärtig denn auch besonders populär. Das zeigt sich unter anderem daran, dass der Fondsanbieter VanEck Ende August 2024 einen speziellen Fabless Semiconductor ETF mit dem Börsenkürzel SMHX und 23 Einzeltiteln aufgelegt hat.
Seit seiner Lancierung schlägt der ETF den PHLX Semiconductor Index zur Gesamtbranche. Das liegt in erster Linie an der starken Performance von Namen wie Broadcom, Marvell Technology und Astera Labs, die angesichts des Hypes um künstliche Intelligenz gefragt sind. Eine Ausnahme sind die Titel von KI-Superstar Nvidia, die im betreffenden Zeitraum hinter dem Markt zurückgeblieben sind.
Das TSMC-Problem
Wer sich für Investments in Fabless-Chipkonzerne interessiert, findet damit vor allem einige spannende Optionen, um auf anhaltend hohe Investitionen im Bereich künstliche Intelligenz zu setzen. In Anbetracht der teilweise ziemlich anspruchsvollen Bewertungen ist das Risiko aber auch grösser, falls sich der KI-Boom abflachen sollte. Unser Favorit ist und bleibt deshalb Qualcomm als führender Designer von Smartphone-Prozessoren.
Wenn sich ein Unternehmen vollkommen auf das Design von Halbleitern konzentriert, heisst das zudem nicht zwingend, dass es im Branchenvergleich überdurchschnittlich profitabel arbeitet. Die Schwergewichte Nvidia und Broadcom haben dank der enorm hohen Nachfrage nach KI-Chips in den letzten zwölf Monaten zwar satte Bruttomargen von über 75% verdient.
Erstklassige Hersteller von Analog-Chips mit integrierter Produktion wie Texas Instruments und Analog Devices beispielsweise erzielen mit Bruttomargen von über 58 bzw. 57% aber eine ungefähr ähnlich attraktive Gewinnspanne wie Qualcomm (56%). Andere Fabless-Spezialisten wie AMD (53%) und Marvell Technology (46%) liegen sogar nennenswert darunter. Derweil konnte TSMC als reiner Auftragsproduzent die Ertragskraft in den vergangenen Jahren deutlich steigern und weist für 2024 eine Bruttomarge von 56% aus.
Und genau hier besteht Potenzial für mögliche Probleme. Viele Fabless-Unternehmen sind auf die modernste Technologie zur Produktion von Halbleitern angewiesen, wo TSMC derzeit unangefochten den Takt angibt. Konnte vor zwei Jahrzehnten noch ein breites Feld an Chipkonzernen an vorderster Front mithalten, sind heute nur noch Samsung und Intel technologisch einigermassen konkurrenzfähig.
Mit dem Kollaps von Intel hat sich das Problem verschärft. Die Pläne des Konzerns zum Aufbau eines Foundry-Geschäfts hängen nach dem Abgang von CEO Patrick Gelsinger in der Schwebe. Fakt ist, dass gegenwärtig selbst Intel die neuste Prozessoren-Generation von TSMC fertigen lässt. In einer labilen Verfassung befindet sich ebenso Samsung, womit TSMC den Marktanteil in der Auftragsproduktion per End 2024 auf annähernd 65% ausbauen konnte.
Diese Dominanz reflektiert sich in der wachsenden Preismacht. TSMC hat den Umsatz letztes Jahr um 30% gesteigert. Mehr als zwei Drittel der Zunahme basiert auf höheren Preisen. Eine grobe Überschlagsrechnung ergibt, dass der Konzern inzwischen durchschnittlich mehr als 6’800 $ pro Wafer verlangen kann, wogen es vor fünf Jahren etwas weniger als die Hälfte war.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Preise von TSMC je nach Auftraggeber, Fertigungstechnologie und Volumen variieren. Top-Kunde Apple etwa hat gemäss gut informierten Branchenbeobachtern 2013 zur Produktion des A7-iPhone-Prozessors rund 5000 $ pro Wafer gezahlt, für die aktuelle A18-Generation sollen es 18’000 $ sein. Inzwischen werden zwar wesentlich mehr Transistoren auf einem Wafer platziert, doch Apples Smartphone-Preise haben sich längst nicht im gleichen Ausmass verteuert.
Kurzum: Die zunehmende Markt- und Preismacht von TSMC droht die Balance im komplexen Ökosystem der modernen Halbleiterindustrie empfindlich zu stören. Dass es zur Produktion der technologisch fortgeschrittensten Chips in Zukunft nicht bloss einen Anbieter gibt, liegt daher im Interesse der gesamten Tech-Branche – speziell, was die Perspektiven von Fabless-Unternehmen betrifft.
In der Serie zum Halbleitersektor sind bisher erschienen:
- Analyse: Halbleiter – Bausteine der digitalen Revolution (zum Artikel)
- Interview: «Chinas gigantischer Ausbau der Halbleiterproduktion ist beängstigend» (zum Artikel)
- Analyse: Schweizer Halbleiterzulieferer – gut und immer teuer (zum Artikel)
- Analyse: Moderne Magie: das hochprofitable Geschäft der Halbleiterausrüster (zum Artikel)
- Analyse Die Arbeitstiere des Halbleitersektors: Auftragsfertiger und Analoghersteller (zum Artikel)
Deep Diving
An dieser Stelle präsentieren wir wie immer einige Links, die einen vertieften Einblick in ein aktuelles Thema geben:
- Google Maps feiert den 20. Geburtstag. Inzwischen bringt der Dienst dem Mutterkonzern Alphabet schätzungsweise mehr als 11 Mrd. $ pro Jahr ein und wird monatlich von 2 Mrd. Nutzern verwendet; als Taschenatlas, GPS-Navigationsprogramm, Restaurantführer oder Fahrplan für öffentliche Verkehrsmittel. Zudem wird Google Maps auch von unzähligen Drittanbietern genutzt, darunter Airbnb, Uber, Immobilienportale und Lebensmittel-Lieferdiensten. Anhand der Geschichte des Mitbegründers Stephen Ma erzählt «The Guardian» in dieser Reportage, wie alles begann.
- Jim Chanos hat angesichts der Hausse an den Börsen seit Jahren einen schweren Stand. Dennoch lohnt es sich, dem legendären Leerverkäufer zuzuhören, wenn er seine Ansicht zu den Märkten und überbewerteten Unternehmen teilt. Im Interview mit Bloomberg TV spricht Chanos über den Hype um künstliche Intelligenz, über die Lehren aus dem Überraschungscoup des chinesischen KI-Startups DeepSeek und über die Risiken im Zusammenhang mit der Politik der neuen Trump-Administration.
- Im Pharma- und Biotech-Sektor stehen Abnehmmedikamente auch dieses Jahr im Mittelpunkt. Der Schlüssel zum eindrücklichen Umsatzwachstum der Branchenleader Novo Nordisk und Eli Lilly heisst GLP-1: ein natürliches Hormon, das eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutzuckerspiegels, des Appetits und der Verdauung spielt. Das Online-Portal «Global News» berichtet, wie ein kanadischer Wissenschafter und eine giftige Echse bei seiner Entdeckung Pionierarbeit leisteten.
Und zum Schluss noch dies: Mojave Nuggets
Gold eilt von Rekord zu Rekord. Mit 2908.11 $ hat der Preis für eine Feinunze im Spothandel an der Rohstoffbörse Comex zu Wochenbeginn eine weitere Bestmarke erreicht. Die eindrücklichen Avancen sorgen für ein wachsendes Interesse am Edelmetall – auch im Hinterland von Los Angeles, wo sich gegenwärtig eine Art Mini-Goldrausch abspielt.
Das Goldfieber hat in Kalifornien eine lange Tradition. Anders als man vielleicht denken könnte, wurde der erste offizielle Fund im «Golden State» aber nicht Anfang 1848 auf der Ranch des Schweizers Johann Sutter in der Nähe von San Francisco gemacht, sondern bereits sechs Jahre früher in Newhall, gut eine Autostunde nordwestlich des heutigen Stadtkerns von Los Angeles.
Ein Grundstücksverwalter namens Francisco Lopez war damals in der Gegend von Santa Clarita unterwegs, um Vieh zu inspizieren oder nach Pferden Ausschau zu halten. Die historischen Anhaltspunkte sind vage. Der Überlieferung nach war er mit ein oder zwei Gefährten unterwegs und grub für das Abendessen wilde Zwiebeln aus, als er an den Wurzeln kleine Goldklumpen entdeckte.
Auf einen solchen Glücksfund hoffen Goldgräber heute in Johannesburg. Das Provinznest in der Mojave-Wüste bei den Rand Mountains hat seinen Namen von Minenarbeitern erhalten, die zuvor in Südafrika nach Gold gegraben hatten. 1895 erlebte es einen ersten Boom, wovon Dutzende von stillgelegten Minen zeugen. Im Nachbardorf Randsburg wurde 1977 ein spektakulärer Goldklumpen mit einem Gewicht von 4,9 kg gefunden, der später als «Mojave Nugget» dem Naturhistorischen Museum von L.A. County vermacht wurde.
Mit dem Anstieg des Goldpreises ist die Nachfrage nach Land im zerklüfteten Terrain von Johannesburg neu erwacht. «Der Markt heizt sich auf», sagt David Treadwell, ein Immobilienmakler aus der Gegend, der «Los Angeles Times». «Ich erhalte zwei bis drei Hinweise pro Monat zu potenziellen Käufern, die nach einem rechtlich eingetragenen Minengrundstück suchen.»
Treadwell hat in den letzten Jahren bereits diverse Parzellen Land in der Gegend verkauft; unter anderem ein 47 Hektaren grosses Grundstück seines Onkels, was das Interesse weiterer Käufer auf sich zog. Kleinere Parzellen sind bereits ab weniger als 20’000 $ erhältlich, grössere können mehrere hunderttausend Dollar kosten.
Zu den Goldgräbern, die auf das grosse Glück hoffen, gehört Sean Tucker. Der vormalige professionelle Radfahrer leitet die Explorationsfirma Gold Discovery Group, die er 2020 mit seiner Frau und ein paar Freunden gegründet hat. Inzwischen besitzt sie fünf Grundstücke in der Gegend mit einer Fläche von insgesamt fast 100 Hektaren. Zudem verpachtet sie Schürfrechte auf Dutzenden von weiteren Parzellen.
Im kommenden Herbst will Tucker auf kommerzieller Stufe mit den Bohrarbeiten beginnen. Die Gesamtkosten, in der Branche als All-in Sustaining Costs bezeichnet, belaufen sich gemäss seinem Geschäftsmodell auf etwas mehr als 1200 $ pro Unze. Zum aktuellen Preis würde er somit eine Marge von rund 1700 $ pro Unze erzielen – vorausgesetzt natürlich, dass er tatsächlich auf Gold stösst.