Forschende haben in lokalen Gewässern zwei bislang unbekannte Fischarten entdeckt. Die Bevölkerung kann nun über ihre Namen entscheiden.
Über 36 000 bekannte Fischarten gibt es weltweit, und jedes Jahr kommen neue hinzu. Nun haben Forschende in der Schweiz zwei weitere entdeckt. Ein Team der Universität Bern, des Naturhistorischen Museums Bern und des Wasserforschungsinstituts Eawag fand sie in heimischen Gewässern.
Beide Arten gehören zur Gattung Barbatula, auch Bartgrundel oder Bachschmerle genannt. Sie unterscheiden sich von ihren Artgenossen jedoch, was ihre Lebensräume angeht. Eine der beiden neuen Arten bewohnt die schnell fliessenden Flüsse des Rhein-Systems, die andere bevorzugt ruhigere Seen des Aare-Systems, darunter den Neuenburger-, Bieler-, Vierwaldstätter-, Zürich- und Walensee.
Bisher waren insgesamt 13 europäische Barbatula-Arten bekannt. Forschende schätzen jedoch, dass europaweit noch 800 Arten zu beschreiben sind. Die meisten davon seien vor über zweihundert Jahren entdeckt worden, weshalb sich in den letzten Jahren nur wenige Forschende diesen Populationen gewidmet hätten, sagt die Biologin Bárbara Calegari in einem Interview mit der Universität Bern. «Auch in der Schweiz werden Fischarten oft übersehen, da ihre Lebensräume als gut erforscht gelten.»
Breiterer Kopf und spezielle Pigmentierung
Die neuen Fischarten unterscheiden sich morphologisch und genetisch von den bisher bekannten Barbatula-Arten. «Diese Fischgattung ist für ihre genetische Vielfalt bekannt, wurde aber lange kaum erforscht», sagt Calegari. Ihr breiterer Kopf und die spezielle Pigmentierung von Bauch und Brust machten die Fische einzigartig.
Auch ihr Lebensraum prägt ihr Erscheinungsbild: «Die Art, die in schnell fliessenden Gewässern lebt, hat grössere und kräftigere Brustflossen, die ihr Stabilität geben und Halt in turbulenten Strömungen ermöglichen», sagt Calegari. Die Art aus den ruhigeren Gewässern besitze hingegen kleinere und filigranere Brustflossen und eine grössere Schwimmblase, die eine bessere Auftriebskontrolle in den unterschiedlichen Wassertiefen ermögliche.
Bevölkerung kann aus vier Vorschlägen wählen
Die neu entdeckten Fische brauchen nun Namen – und die Bevölkerung soll sie wählen. Wer nun aber hofft, er könne Vorschläge einreichen, der irrt. Das ist nicht möglich. Stattdessen stehen für jede Art zwei wissenschaftliche Namen zur Auswahl. Diese setzen sich aus dem Gattungsnamen und einem lateinischen Epitheton zusammen, das eine besondere Eigenschaft beschreibt.
Für die Bartgrundel aus schnell fliessenden Gewässern stehen Barbatula «fluvicola» und Barbatula «amnicus» zur Wahl. Beide Namen bedeuten «Bewohner eines Flusses» und spiegeln ihren Lebensraum. Die zweite Art könnte Barbatula« ommata» oder Barbatula «limnicus» heissen. «Ommata» verweist auf ihre auffällig grossen Augen, «limnicus» auf ihren bevorzugten Lebensraum in Seen. Die Bevölkerung kann per Umfrage über die endgültigen Namen entscheiden.
Mit dieser Aktion wollen die Forschenden das Bewusstsein für Biodiversität stärken. «Die Bevölkerung soll eine tiefere Verbindung zur Natur entwickeln», sagt Calegari. Die Entdeckung neuer Arten sei entscheidend für den Artenschutz. «Nur was wir kennen, können wir schützen.»