Neun von zehn Teenagern und jungen Erwachsenen geht es gut, sehr gut oder sogar ausgezeichnet. Das zeigt eine neue Studie von Pro Juventute.
Wie geht es den Jugendlichen in der Schweiz? Wie fühlen sich junge Frauen und Männer im Kanton Zürich? Wie geht es ihnen psychisch? Diese Fragen sind ein Dauerbrenner. Und das Verdikt scheint klar: Die Pandemie habe eine ganze Generation von jungen Erwachsenen verunsichert. Das kann man immer wieder lesen, in Studien, in den Medien.
Mit gutem Grund, zumindest mit Blick auf die Corona-Krise damals: Vor ziemlich genau fünf Jahren wurden Schulen und Universitäten geschlossen. Vom einen Tag auf den anderen mussten Teenager und Studenten ohne ihren wichtigsten sozialen Treffpunkt auskommen. Stattdessen versauerten sie vor dem Bildschirm und am Smartphone zu Hause. Sekundarschüler bangten um ihre Zukunft. Schnupperlehren wurden abgesagt. Viele Jugendliche wussten nicht, ob sie überhaupt eine Lehrstelle finden würden. Etliche Branchen waren ebenfalls in die Corona-Krise gestürzt und hatten anderes zu tun, als sich um die Ausbildung von Berufseinsteigern zu kümmern.
Kurz: Die Jugendlichen waren «lost», ahnungslos, verloren und ohne Plan, was gerade abgeht. Der neudeutsche Begriff wurde zum Jugendwort des Jahres 2020 gekürt.
«Warum so traurig?»
Dieses Narrativ hält sich bis heute. Obwohl die Zeiten von Fernunterricht, Shutdown, Masken und Social Distancing schon lange vorbei sind. «Teenies, warum seid ihr so traurig?», schrieb die «NZZ am Sonntag» in einem langen Artikel im November 2023. Es ist einer von vielen Berichten, die dazu in den vergangenen Jahren publiziert wurden.
Gleich zu Beginn des Textes erfährt man: «Um die psychische Gesundheit von Schweizer Kindern und Jugendlichen steht es so schlecht wie nie.» Garniert wurde diese Feststellung mit den üblichen Schreckensmeldungen: Behörden und Fachstellen schlügen Alarm. Die Plätze in der Jugendpsychiatrie seien belegt, die Wartelisten lang, schreiben die Journalisten. Und: «Beim Sorgentelefon 147 der Stiftung Pro Juventute melden sich pro Tag bis zu acht junge Menschen wegen Suizidgedanken und vier wegen Depressionen. So viele wie nie zuvor.»
Und so steht für die «NZZ am Sonntag» ebenfalls fest: Diese Generation ist verloren. Die jungen Menschen, mit denen die Journalisten gesprochen haben, blieben isoliert voneinander, selbst unter Freunden: «‹Wir haben uns alle›, sagen sie, ‹an unsere Handys verloren.›»
«Gesunde Jugend jetzt!»
Pro Juventute sieht das ähnlich, zumindest beim Lobbying auf Bundesebene. Vor einem Jahr sagte die Stiftungsdirektorin Nicole Platel im «Blick»: «Jugendliche fühlen sich immer gestresster.» Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider (SP) sei eingeladen, sich ein Bild «von der wichtigen Arbeit (der Notrufnummer) 147» zu machen.
Und für die Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen ist klar: Es braucht mehr Therapieplätze für Jugendliche, mehr Prävention, mehr Früherkennung und -intervention bei Anzeichen von psychischen Problemen.
Sorgen um die seelische Gesundheit der Jugendlichen macht sich die Politik auch im Kanton Zürich. Im Januar hat der Kantonsrat 10 Millionen Franken bewilligt für eine bessere psychiatrische Versorgung von Kindern und Jugendlichen. Ausgegeben werden soll dieses Geld unter anderem für eine digitale Plattform, die junge Patienten und Therapeuten einfacher miteinander vernetzen soll.
Profitieren von diesem Paket soll auch die Weiterbildung von Jugendpsychologen – ein Kernanliegen der Volksinitiative «Gesunde Jugend jetzt!» des Präsidenten der Jungen Mitte des Kantons, Benedikt Schmid. Diese Spezialisten sollen Jugendpsychiater entlasten und somit den Kreis der Fachkräfte erweitern, die sich um psychisch angeschlagene Jugendliche kümmern können.
Generation happy
Das ist bestimmt nicht falsch. Niemand kann etwas dagegen haben, dass es gestressten Jugendlichen besser geht, ob in Zürich oder anderswo in der Schweiz.
Allein, in dieser Debatte geht ein Punkt allzu leicht vergessen: Die allermeisten Jugendlichen und jungen Erwachsenen hierzulande haben keine psychischen Probleme. Das geht aus einer repräsentativen Studie hervor, die Pro Juventute am Donnerstag publiziert hat: Nach ihrer psychischen Gesundheit gefragt, antworteten fast 90 Prozent der befragten 14- bis 25-Jährigen, dass es ihnen «gut», «sehr gut» oder sogar «ausgezeichnet» gehe. Mit «weniger gut» (9,7 Prozent) oder «schlecht» (2,8 Prozent) antwortete nur eine kleine Minderheit.
Das sind immer noch zu viele. Aber vom Bild einer verlorenen, weil unglücklichen Generation sollten wir uns vielleicht verabschieden – zum Glück.