Die Trump-Regierung kritisiert die Annullierung der rumänischen Präsidentschaftswahl heftig. In Rumänien sorgt man sich um amerikanische Sicherheitsgarantien.
Rumänien kann sich dieser Tage nicht über mangelndes Interesse aus den USA beklagen. Bei seinem Auftritt am Jahrestreffen der amerikanischen Konservativen, CPAC, kam J. D. Vance am Donnerstag zum zweiten Mal innert weniger Tage auf das südosteuropäische Land zu sprechen. Wer Wahlen annulliere, weil ihm das Ergebnis nicht passe, teile keine gemeinsamen Werte mit den USA, sagte der amerikanische Vizepräsident. Genau das sei in Rumänien passiert.
VICE PRESIDENT JD VANCE: «Germany’s entire defense is subsidized by the American taxpayer. There are thousands upon thousands of American troops in Germany today. Do you think that the American taxpayer is going to stand for that? If you get thrown in jail in Germany for posting… pic.twitter.com/eu1w5w78oI
— Charlie Kirk (@charliekirk11) February 20, 2025
«Totalitäre Tendenzen in der EU»
Bereits in seiner Rede an der Münchner Sicherheitskonferenz vergangene Woche war Vance auf die rumänische Präsidentschaftswahl im November 2024 zu sprechen gekommen. Der Entscheid, das Resultat zu annullieren, gehe auf einen fadenscheinigen Verdacht und enormen Druck europäischer Partner zurück, sagte der amerikanische Vizepräsident.
Dabei schlug er einen Bogen zu der bevorstehenden Bundestagswahl in Deutschland. Auch dort könnte ein unliebsames Ergebnis annulliert werden. Die grösste Gefahr für Europas Sicherheit gehe demnach nicht von Russland oder China aus, sondern von totalitären Tendenzen im Innern des Kontinents.
Vance verwies dabei auf eine Aussage des früheren französischen EU-Kommissars Thierry Breton, der gesagt hatte, die EU könne in Deutschland dieselben Schritte einleiten wie in Rumänien. Allerdings bezog sich die Aussage nicht auf die Annullierung der Wahl, für die es in Brüssel gar keine Handhabe gibt, sondern auf das EU-Verfahren gegen die Videoplattform Tiktok.
Das rumänische Verfassungsgericht hatte im Dezember das Ergebnis der ersten Runde der Präsidentschaftswahl für ungültig erklärt. Gewonnen hatte diese überraschend der Ultranationalist Calin Georgescu. Der präzedenzlose Schritt wurde mit ausländischer Einflussnahme im Wahlkampf begründet. Der bisher wenig bekannte Georgescu erzielte in den letzten Wochen vor der Wahl auf Tiktok eine auffällig grosse Reichweite.
Viele offene Fragen
Die Kritik am Richterspruch ist berechtigt. Auch mehr als zwei Monate nach dem Urteil sind noch viele Fragen offen. Zwar gibt es durchaus Grund für die Annahme einer russischen Einflussnahme. Der Ultranationalist ist ein ätzender Kritiker der Nato, lehnt die Unterstützung der Ukraine ab und äussert sich anerkennend über Putin.
Doch selbst wenn Moskau dessen Wahlkampf unterstützt haben sollte, ist fraglich, ob die manipulierte Sichtbarkeit auf einer Videoplattform die Annullierung eines ganzen Urnengangs rechtfertigt. Und warum gab es bei der nur eine Woche später stattfindenden Parlamentswahl nichts zu beanstanden?
Wenig plausibel ist das in rechtspopulistischen Kreisen verbreitete und von J. D. Vance übernommene Narrativ, ein abgehobenes EU-Establishment versuche in Rumänien mit aller Kraft den Aufstieg einer weiteren rechten Bewegung in Europa zu verhindern.
Naheliegender ist eine innerrumänische Dynamik. Laut den meisten rumänischen Beobachtern stehen hinter der Annullierung geheimdienstnahe Kräfte, die in der unvollkommenen Demokratie des ehemaligen Securitate-Staats noch immer über grossen Einfluss verfügen.
Die Nähe vieler Kader der sogenannten «Systemparteien» zu den Diensten ist belegt. Sie sind es, die von der Annullierung am stärksten profitiert haben. Bezeichnend ist auch, dass nicht nur die nationalistischen Kräfte in Rumänien das Urteil des Verfassungsgerichts kritisiert haben, sondern auch die dezidiert proeuropäische Reformpartei USR.
Sorge um amerikanische Truppenpräsenz
In Rumänien gibt die Politik der neuen amerikanischen Regierung nicht nur wegen der Debatte um die Wahl zu reden. Am Mittwoch sagte der Sicherheitsberater des Interimspräsidenten, Cristian Diaconescu, in einem Fernsehinterview, dass Russland beim Ukraine-Gipfel in Riad von den USA den Rückzug der Nato-Truppen aus Osteuropa verlangt habe. Laut Diaconescu wurde die Forderung zurückgewiesen. Es gebe aber keine Garantie, dass sich Präsident Trump nicht irgendwann doch darauf einlasse.
In Rumänien lösen solche Spekulationen Urängste aus. Wie in Polen gelten auch hier die USA als wichtigster Garant, dereinst nicht wieder in den russischen Einflussbereich zu geraten. Die Bitte um die Stationierung zusätzlicher amerikanischer Truppen auf rumänischem Boden steht seit Jahrzehnten bei praktisch jedem bilateralen Gespräch auf der Tagesordnung.
Seit vergangenem Jahr baut Rumänien in der Nähe der Hafenstadt Constanta sogar den flächenmässig grössten Nato-Stützpunkt Europas. Ein explizites Ziel ist dabei die Erhöhung der amerikanischen Truppenpräsenz.
Engagement für die Tate-Brüder
Sicherheitspolitisch weniger relevant, aber ebenfalls Ausdruck des veränderten Klimas, ist eine Episode, die sich laut der «Financial Times» am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz zugetragen haben soll. Demnach soll der frühere amerikanische Botschafter in Berlin und heutige Sondergesandte der Regierung, Richard Grenell, den rumänischen Aussenminister Emil Hurezeanu gebeten haben, das Ausreiseverbot gegen die Tate-Brüder aufzuheben. Bukarest sagt allerdings, es habe keine solche Anfrage gegeben.
Die Influencer und selbsterklärten Frauenfeinde Andrew und Tristan Tate wurden in Rumänien wegen Menschenhandels und weiterer Vergehen verhaftet. Anfang Februar hatte Grenell auf X geschrieben, dass die staatliche Entwicklungsorganisation USAID in Rumänien Justizreformen gefördert habe, die sich gegen alle richteten, die nicht woke seien. Rumänien sei das letzte Beispiel dafür, wie die Vorgängerregierung weltweit Programme unterstützt habe, die konservative Kräfte ins Visier nähmen.
Auch Elon Musk nutzt Rumänien für den Angriff auf Gegenspieler zu Hause. Der Multimilliardär retweetete diese Woche eine Nachricht, wonach die Annullierung der Präsidentenwahl auf eine Richterin zurückgehe, die enge Verbindungen zum Netzwerk von George Soros habe. Der Entscheid des Verfassungsgerichts wurde allerdings einstimmig getroffen.
Musk nach Bukarest eingeladen
Am rechten Rand in Rumänien stösst das erwachte Interesse der amerikanischen Regierung auf grosse Zustimmung. George Simion, der Präsident der stärksten nationalistischen Kraft, AUR, hat Elon Musk am Donnerstag in einem offenen Brief für die Unterstützung im Kampf gegen die Wahl-Annullierung gedankt und ihn nach Bukarest eingeladen.