Der langwierige Streit um das neue Zielgebäude ist beigelegt, die Organisatoren sind erleichtert. Und hoffen, dass jetzt endlich über Sport gesprochen wird.
«Soulagé», erleichtert, das sei er, sagt Nicolas Féraud, der Gemeindepräsident von Crans-Montana. Es ist ein Wort, das man gerade oft hört auf dem Haut-Plateau. Dort ist in diesen Tagen der Ski-Weltcup der Männer zu Gast, am Samstag findet die Abfahrt statt, am Sonntag der Super-G. Die Rennen sind eine Art Prolog zu den Ski-WM, die in zwei Jahren in Crans-Montana ausgetragen werden. Vierzig Jahre wird es dann her sein, dass die WM schon einmal im Ort stattfand: die WM 1987, bei der das Schweizer Skiteam das ganze Land in jenen legendären Goldrausch versetzte, der seither untrennbar verknüpft ist mit Crans-Montana.
Im Walliser Bergort erhoffen sie sich von der neuerlichen Austragung wieder einen solchen Werbeeffekt. Der Ort kann ihn durchaus gebrauchen, weil er zwar wunderbar liegt, aber keine Schönheit ist. Wahllos schossen hier einst Apartment-Blöcke aus dem Boden, und die Sünden der Bauboom-Jahre zeichnen das Dorf bis heute. Mit Sportanlässen ist Crans-Montana daran, seinen Ruf aufzufrischen. Nur stand die WM 2027 bisher unter keinem guten Stern. Eigentlich war immer irgendetwas. Aber damit soll es jetzt vorbei sein.
Nächste Woche fahren die Bagger auf
Féraud, der Gemeindepräsident, ist auch Vizepräsident des WM-Organisationskomitees. Am Mittwoch sass er sieben Stunden in einer Sitzung. Worum es dabei genau ging, will er nicht verraten, nur das Ergebnis: dass man sich jetzt gefunden habe. Und das neue Zielgebäude endlich gebaut werden könne.
Über dieses Zielgebäude streiten sie in Crans-Montana schon lange. Anwohner wehrten sich gegen das Projekt, das eine komplette Renovation des bestehenden, in die Jahre gekommenen Zielgebäudes vorsieht, sowie den Bau einer unterirdischen Einstellhalle und eines Depots. Kostenpunkt: rund 15 Millionen Franken.
Die Anwohner gingen gegen das Bauprojekt vor, weil sie negative Folgen für sich befürchteten. Sie legten Einsprache ein gegen die Baubewilligung, beantragten aufschiebende Wirkung. Diese wurde von allen Instanzen abgelehnt, zuletzt, am Mittwoch, auch vom Bundesgericht. Die Baubewilligung ist damit rechtskräftig, und nächste Woche soll ein Vertrag unterschrieben werden, der alle offenen Fragen zwischen Organisatoren und Anwohnern klärt.
Der Streit um das Zielgebäude fügt sich ein in eine Reihe von Wirren, die die WM 2027 begleiten – und jeweils just dann an die Öffentlichkeit kamen, wenn der Ski-Weltcup-Zirkus in Crans-Montana zu Gast war. Im Februar 2023 ging die CEO Caroline Kuyper nur ein paar Wochen nach ihrem Stellenantritt im Streit; im Jahr darauf drohte die FIS dem Schweizer Skiverband gar schlagzeilenträchtig mit dem Entzug der WM, weil man sich bei Vertragsverhandlungen nicht fand.
Diese Woche begann für die WM-Organisatoren mit Schlagzeilen, dass die WM auf der Kippe stehe, weil beim Zielgebäude-Streit immer noch keine Einigung gefunden worden sei. Nun sollen nach dem Bundesgerichtsurteil schon nächste Woche, wenn die Weltcup-Rennen vorbei sind, die Bagger im Zielgelände auffahren. «Die Zeit drängt», sagt Féraud. Bis im Oktober 2025 muss die neue Anlage stehen, weil dann die Skisaison wieder beginnt.
Fehlende Hotelbetten und Kritik an der Piste
Seit Mai 2023 ist Didier Défago der CEO der WM 2027. Der Walliser hat einst in Vancouver Abfahrtsgold gewonnen. Jetzt ist auch er erleichtert, denn das Gezerre um das Zielstadion hat seine Planungsarbeit erschwert. Und er hofft, was in Crans-Montana alle hoffen: dass nun endlich der Sport in den Mittelpunkt rückt.
Wobei Défago und seinem Team die Arbeit nicht ausgehen wird. So gilt etwa die Zahl der Hotelbetten im Hinblick auf die WM als Problem, rund 3500 sollen in zwei Jahren zur Verfügung stehen – an den Ski-WM in Saalbach waren es weit über 10 000. Und nach den Abfahrtstrainings von dieser Woche äusserten Fahrer wie Marco Odermatt und Dominik Paris Kritik an der Strecke, auf der in zwei Jahren die WM-Abfahrt stattfindet. Zu leicht, war ihr Befund.