Ist Mendy ein Symbol für Frauenverachtung? Nach den heftigen Reaktionen auf seinen Transfer steht Ancillo Canepa weiter zur Verpflichtung des Spielers, der wegen sexueller Vergehen vor Gericht stand.
Am Freitagnachmittag hat der FC Zürich ein Video-Interview mit seinem Präsidenten Ancillo Canepa auf seiner Website veröffentlicht. Der Inhalt: Canepa lässt sich während einer guten Viertelstunde befragen zu den heftigen Reaktionen auf die Verpflichtung des Spielers Benjamin Mendy.
Es geht nicht um den Fehler Mendys im Match vom Vorabend gegen YB, als der FCZ mit einer 2:3-Niederlage aus dem Cup ausschied. Vielmehr möchte Canepa noch einmal erklären, weshalb er einen Spieler engagiert hat, der in England wegen mehrfacher Vergewaltigung und sexueller Übergriffe angeklagt war und aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden musste. «Wir haben die Heftigkeit der Reaktionen sicher nicht so erwartet», sagt Ancillo Canepa.
Befragen lässt er sich von Karin Frei, bekannt als TV-Moderatorin, unterdessen als Spezialistin für «Konfliktklärung» tätig. Offenbar hat der Konflikt mit Teilen der FCZ-Fans und dem interessierten Publikum auch für die Klubführung ein Ausmass angenommen, dass man sich von aussen Hilfe holen wollte. Frei ist ein Profi. Sie stellt nicht alle, aber die richtigen Fragen. Und einige Antworten erhellen durchaus Canepas Sicht.
Der Spieler überzeugte im persönlichen Gespräch
Eine von Canepas Einsichten geht so: «Man muss im Fussball halt manchmal auch den Kopf hinhalten für etwas, wofür man selber nichts kann. Ich habe gelernt, dass die Kommunikation sehr wichtig ist. Wir waren immer sehr offen. Aber auch wir können lernen.»
Hat sich der Klub vor der Verpflichtung zu wenig mit der Vorgeschichte Mendys befasst? «Wir haben uns mit den Akten genau befasst», sagt Canepa, den Ausschlag für die Verpflichtung habe ein erstes persönliches Gespräch gegeben. Auch seine Frau Heliane, «im Beurteilen von Charakteren sehr, sehr kritisch», habe befunden, dass Mendy einen guten Eindruck mache, sagt Canepa.
Diese Bemerkung mag im Widerspruch stehen zu Canepas Aussage unmittelbar nach dem Transfer, dass Mendys Vergangenheit kein wesentliches Thema gewesen sei. «Es war sicher etwas unglücklich formuliert von mir und ist etwas schräg rübergekommen», sagt Canepa auf die Frage, ob er sich mit der Bemerkung, Fussballer seien oft von Frauen begehrt, abwertend gegenüber Opfern von sexueller Gewalt geäussert habe.
Er und seine Frau distanzierten sich selbstverständlich von sexueller Gewalt, nichts sei «widerlicher als alles, was mit Übergriffen oder Rape-Culture» zu tun habe. «Ich begrüsse es auch, dass die MeToo-Bewegung dazu geführt hat, dass Täter bestraft werden», sagt Canepa. Im FCZ gebe es seit langem einen Verhaltenskodex, den alle Spieler und Mitarbeiter einzuhalten hätten. Auch habe der FCZ in der Vergangenheit Leute wegen Verfehlungen im «sexistischen Bereich» entlassen, «da sind wir knallhart.»
Für Mendy sind Partys offenbar kein Thema mehr
Karin Frei konfrontiert den Präsidenten auch mit Zuschriften von Frauen, die bei der Einwechslung von Mendy am vergangenen Samstag weinten, das Stadion verliessen oder von einer Retraumatisierung heimgesucht wurden, weil Mendy eine Symbolfigur für Frauenverachtung sei.
Frei fragt: «Haben Sie in Erwägung gezogen, den Vertrag wieder aufzulösen?» Canepa sagt: «Wir haben nach den ersten Reaktionen ein zweites, vertieftes Gespräch geführt.» Mendy habe aus den Fehlern gelernt und seinen Lifestyle geändert, er sei in einer festen Beziehung und zweifacher Vater, Partys seien für ihn kein Thema mehr.
Steht der FCZ also zu Mendy? Die kurze Antwort: «Ja».