Das Sparen mit Welt-Aktienfonds ist populär. Doch es gibt einige versteckte Risiken, die man kennen muss.
Es ist simpel: Konto aufmachen, Sparplan aufsetzen, regelmässig einzahlen, und schon ist man finanziell sorgenfrei – so lautet jedenfalls das Versprechen für die Geldanlage mit ETF, Exchange-Traded Funds. Das sind börsengehandelte Fonds, die die Entwicklung der Börsen ganzer Länder nachbilden. Über entsprechende Indizes kann sogar in die Welt investiert werden. Aktien und andere Anlageklassen werden Sparenden so einfach und günstig zugänglich gemacht.
Für den Vermögensaufbau werden ETF immer beliebter. Besonders populär sind ETF, die den Weltindex MSCI World abbilden. Das ist ein verbreiteter Aktienindex, der Hunderte Unternehmen weltweit umfasst. Die Annahme: Wollen es Sparende einfach halten, dann genügt eine Investition in einen einzigen Welt-ETF. Ein Weltindex biete genug Diversifikation und damit geringeres Risiko und zumutbare Schwankungsanfälligkeit.
Eindrückliche Rendite . . .
Der Ansatz ging in den letzten Jahren sehr gut auf und lieferte eine eindrückliche Rendite. In den vergangenen zehn Jahren erzielten Sparende mit einem ETF auf den MSCI World jedes Jahr eine durchschnittliche Rendite von fast 9 Prozent. Werden die Dividenden dazugerechnet, kommt man sogar auf 11 Prozent jährlich. Die meisten professionellen Vermögensverwalter können von einer solchen Performance nur träumen.
Sparende, die hauptsächlich im Heimatland Schweiz investiert sind, hatten das Nachsehen. Im selben Zeitraum brachte es der Schweizer Leitindex SMI bloss auf eine Jahresrendite von 4 beziehungsweise 7 Prozent, wenn Dividenden eingerechnet werden – wobei der SMI defensiver ausgerichtet ist als der Weltindex. Das bietet in unsicheren Zeiten einen gewissen Schutz nach unten, begrenzt aber das Aufwärtspotenzial.
Der MSCI World ist bei der Performance schwer zu schlagen, doch dabei gibt es einige versteckte Risiken. Der Index trägt die Welt im Namen, doch ein Weltindex, der die Weltwirtschaft abbildet, ist er nicht. Zwar werden fast 1400 Unternehmen abgedeckt, doch dabei handelt es sich vor allem um Grosskonzerne, die in 23 Industrienationen beheimatet sind. Aktien aus Schwellen- oder Entwicklungsländern fehlen.
. . . aber mit einem grossen Klumpenrisiko
Und dass der MSCI World in den letzten zehn Jahren so starke Renditen lieferte, hat vor allem mit einem Land zu tun: den USA. US-Aktien insbesondere aus der Tech-Branche zeigten eine ausserordentlich starke Performance. Gemäss dem ETF-Experten Gerd Kommer sind Phasen hoher Konzentration auf wenige Aktien, Länder oder Sektoren, wie sie heute vorherrschen, ein Nachteil der reinen Marktkapitalisierungsgewichtung.
Das führt zu einem erheblichen Klumpenrisiko im MSCI World, weil er zu rund 70 Prozent aus US-Aktien besteht. Die sieben grössten Positionen sind die amerikanischen «Magnificent Seven»-Aktien Apple, Nvidia, Microsoft, Amazon, Meta, Alphabet und Tesla. Sie allein machen 23 Prozent des gesamten Indexes aus, Technologiewerte einen Viertel.
Gemäss Kommer ist das insofern problematisch, als heute gleichzeitig die Segmente USA und Technologie hoch bewertet sind. Das führe zu geringeren zukünftigen Renditen. Wobei dieser Zusammenhang nicht für einzelne Jahre gelte, sondern sich meist über Zeithorizonte von rund zehn Jahren zeige.
Solange US-Aktien gut laufen, kann die hohe Konzentration auch ein Vorteil sein. Für Felix Niederer, Gründer und CEO von True Wealth, einem auf ETF spezialisierten Vermögensverwalter, sind Aktien wie Apple oder Nvidia mit einem Gewicht von je 5 Prozent noch nicht im «roten Bereich». Doch wenn amerikanische Tech-Aktien wegen weiter zunehmender Marktkapitalisierung noch weit mehr Raum einnehmen sollten, «dann würde es gefährlich», sagt er. Und wenn es an den amerikanischen Börsen harzt wie seit Anfang Jahr, dann hält das auch den MSCI World zurück.
Dass im ursprünglichen MSCI World Aktien wichtiger Schwellenländer wie China, Indien, Mexiko oder sogar Südkorea ausgeklammert werden, ist ebenfalls suboptimal. Zudem berücksichtigt der Index hauptsächlich Grosskonzerne. Wollen sich Sparende nur auf einen ETF konzentrieren, sollte die Wahl gemäss Kommer deshalb auf einen möglichst breit diversifizierten ETF fallen.
Das bieten zum Beispiel ETF auf den MSCI All Country World (ACWI), der auch Aktien aus den aufstrebenden Märkten umfasst. Lasse man Schwellenländer, andere Anlageklassen oder kleinere Titel aus, vergebe man sich potenziell Rendite und Diversifikation, sagt Niederer.
Mehr Diversifikation erwünscht
Es gibt auch spezialisierte Welt-ETF, die die Konzentration weiter mindern, oder sogenannte Equal-Weight-ETF, die jeder Aktienposition im Index die gleiche Gewichtung geben. Alternativ kann dem Basis-Investment MSCI World ein zweiter ETF auf den MSCI Emerging Markets zugefügt werden.
Das Verhältnis zwischen den beiden ETF sollte dabei die Risikoneigung der Anleger berücksichtigen. Grundsätzlich gilt: Je grösser der Anteil von Schwellenländern, desto grösser ist die potenzielle Rendite, aber auch die Volatilität, also die Schwankungsanfälligkeit des Portfolios. Mit Blick auf die Rendite für das eingegangene Risiko (Sharpe-Ratio) bewegt sich das optimale Mischverhältnis der ETF zwischen 70:30 und 60:40.
Sparende, die ihr Portfolio noch weiter diversifizieren wollen, können einen dritten ETF hinzunehmen, der einen Index auf kleinere Aktien abbildet, wie den MSCI World Small Cap, der auch mit Fokus auf Europa oder die USA erhältlich ist. Welt-Aktien-ETF gibt es in weiteren Varianten. Der Core MSCI World etwa bildet ebenfalls 23 entwickelte Märkte ab, investiert aber in weniger Aktien, was ihn günstiger macht.
Welt-ETF gelten gemeinhin als preisgünstige Anlage. Die jährlich anfallende Verwaltungsgebühr (TER – Total-Expense-Ratio) bewegt sich zwischen 0,1 und 0,5 Prozent. Dabei ist es für Sparende nicht relevant, ob sie in einen oder mehrere ETF investieren, denn die zu bezahlende Jahresgebühr bezieht sich auf die gesamthaft investierte Geldsumme. Generell gilt, Produkte mit möglichst tiefer TER auszuwählen, denn je höher die Verwaltungsgebühr, desto stärker mindert sie die Rendite.
Währungsrisiko absichern?
Ein weiteres Risiko ist die Währung. Besonders für Anleger aus der Schweiz stellt der MSCI World ein starkes Dollar-Risiko dar. Dieses Risiko hat aber nichts mit der Handelswährung der ETF zu tun – den MSCI World gibt es in Dollar, in Euro oder auch in Franken. Der Anlageexperte Niederer hebt hervor, dass sich das Risiko aus dem Inhalt des Indexes ergebe, also den internationalen Aktien im ETF wie Amazon, Broadcom oder JP Morgan.
Ob man das Währungsrisiko absichert, ist eine Grundsatzfrage, die jeder für sich entscheiden muss. Für junge Sparende mit einem Zeithorizont von fünfzehn Jahren oder mehr und entsprechender hoher Risikotoleranz müssten die Währungen nicht vollständig abgesichert werden, sagt Niederer. Aus Risikosicht könne es jedoch sinnvoll sein, etwa die Hälfte des Sparvermögens abzusichern, etwa mit einem zweiten, währungsgesicherten (hedged) Welt-ETF.
Berücksichtigt man Risikofaktoren wie das USA-Klumpenrisiko, die Schwellenländer und die Währungen, so kann aus einem ETF schnell ein Portfolio aus zwei, drei oder mehr Fonds werden. Wenn man es sich zutraut, kann man auch verschiedene Märkte und Anlageklassen wie Obligationen, Immobilien oder Rohstoffe mit einzelnen ETF abbilden. Das biete mehr Unabhängigkeit und Risikokontrolle und könne sogar günstiger sein, glaubt Niederer.
Doch gemäss Kommer sollten Leute, die noch gar nicht investiert sind und über einen Einstieg nachdenken, lieber mit einem Welt-ETF starten. Das sei besser, als über Monate hinweg zu überlegen, wie man ein Portfolio aus vielen ETF zusammenstelle, und am Ende gar nicht zu investieren – aus Angst, nicht das perfekte Portfolio zu haben.