Es läuft gut für Wladimir Putin. Im Weissen Haus kommt es zum öffentlich vollzogenen Bruch zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodimir Selenski. Und auch auf dem Schlachtfeld geht es langsam voran.
Dorf für Dorf kommt Putin seinem proklamierten Zwischenziel näher: den gesamten Donbass zu unterwerfen. Die Provinz Luhansk hat er faktisch erobert, mit massivem Kräfteeinsatz soll auch die Provinz Donezk fallen.
Ein vollständig von Russland kontrollierter Donbass würde Moskau nicht nur ein starkes Faustpfand für allfällige Friedensverhandlungen geben. Mit einer Russifizierung des Donbass könnte Putin seinen Krieg zumindest teilweise als Erfolg verkaufen.
Gegenwärtig stehen die russischen Truppen nur wenige Kilometer vor der Stadtgrenze von Pokrowsk entfernt. Pokrowsk ist die viertgrösste Stadt im Donbass, die noch von der Ukraine kontrolliert wird. Sie ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt und für Russland essenziell, um tiefer in das Landesinnere der Ukraine vorstossen zu können.
Und nun also Pokrowsk. Wie lange die Verteidigungslinien halten, vermag niemand zu sagen. Vieles spricht dafür, dass Russland die Stadt nicht direkt angreift, sondern sie einkreist, um sie mit weniger Aufwand zu belagern.
Wann Russland die verbleibenden 422 Siedlungen des Donbass ins Auge fassen wird und ob es das Momentum nutzen kann, darüber teilen sich die Meinungen.
Viel Aufwand für wenig Land
Der Militäranalyst George Barros nimmt an, dass Russland nach der Eroberung Pokrowsks in eine Erholungsphase übergehen wird. Die russische Armee habe mehr als 500 Panzer und 1000 Kampffahrzeuge verloren – genug, um fünf mechanisierte Divisionen auszurüsten. Zudem habe sie Zehntausende Soldaten während ihres einjährigen, 45 Kilometer langen Marsches nach Westen eingebüsst. Ihr Ziel: die Aussenbezirke von Pokrowsk, so der Militäranalyst des amerikanischen Institute for the Study of War.
«Was wir hier sehen, ist das Ende eines langen russischen Marathons, bei dem die Russen eine ungeheure Menge an Ressourcen aufgewendet haben, um auf ein objektiv gesehen kleines Gebiet vorzurücken. Sollten die Russen Pokrowsk einnehmen, wird die derzeitige Kampagne aufgrund der begrenzten Kräfte und Ressourcen wahrscheinlich ihren Höhepunkt erreichen», so Barros.
Russlands Armee hat sich aber immer wieder als widerstandsfähiger erwiesen als erwartet. Das Potenzial an möglichen Soldaten ist nach wie vor gross – von einer generellen Mobilmachung hat Putin bisher abgesehen. Trumps Ankündigung, dass die Ukraine Gebiete an Russland abtreten müsse, lässt für Putin zudem nur einen Schluss zu: bis zu den Verhandlungen noch so viel von der Ukraine einverleiben wie möglich.
Quelle und Methode
Städteumrisse und Strassen stammen von Open Street Map, Gebäude von Microsofts GlobalMLBuildingFootprints. Wann Siedlungen von Russland eingenommen wurden, wurde anhand von Gebietskarten von LiveUAMap berechnet. Es zählt jener Tag, an dem mehr als 90 Prozent des Gebietes erobert wurden. Wurde eine Siedlung zurück- und erneut erobert, zählt die letzte Eroberung. Stand: 5. März 2025