Die amerikanischen Medien überdenken ihre Berichterstattung zu Trump. An einem Anlass in Washington gaben sich namhafte Korrespondenten erstaunlich gelassen. Und übten Selbstkritik.
Die Pressefreiheit in den USA stehe unter Druck, hört man jetzt häufig. Grund zur Sorge gibt der Ausschluss der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) aus dem Oval Office und der Air Force One, weil diese in ihrem Stilhandbuch am Namen «Golf von Mexiko» festhält, statt «Golf von Amerika» zu schreiben, wie Donald Trump dies verlangt.
Zudem hat das Weisse Haus den «press pool» gekapert. Dieser besteht aus einer Gruppe von Journalisten, die Zugang zu Anlässen und Reisen des Präsidenten erhalten. Bisher wurde er von der unabhängigen Korrespondentenorganisation im Weissen Haus zusammengestellt. Nun sagt das Weisse Haus, wer hineinkommt. Reporter von Reuters oder der «Huffington Post» gehören nicht mehr dazu.
Gerade die Verbannung der AP beurteilen Rechtsvertreter als Diskriminierung aufgrund einer Meinungsverschiedenheit – und damit als Verletzung der Pressefreiheit. Seit Jahren spricht Donald Trump von Fake News und sieht die Medien als «Volksfeind». Nun scheint er noch entschlossener, gegen sie vorzugehen. Aber stimmt das auch? Wie beurteilen dies die Medienschaffenden selbst?
Medienprofis im Weissen Haus
An einer Podiumsdiskussion in Washington zum Thema «Media and Democracy. Covering Trump 2.0» tauschten sich über hundert Medienleute über die gegenwärtige Situation aus. Der Anlass fand einen Tag nach Trumps Rede im Kongress vergangene Woche statt.
Auf der Bühne sassen die Korrespondenten der Fernsehsender ABC, CBS, MSNBC sowie des Magazins «Politico». Als Höhepunkt gab Bret Baier ein Interview, der renommierte Politikmoderator von Fox News. Baier hatte kürzlich Emmanuel Macron interviewt. Nach dem Eklat im Weissen Haus sass Wolodimir Selenski bei ihm im Studio.
Doch statt zu klagen, gaben sich die namhaften Journalistinnen und Journalisten erstaunlich gelassen. Major Garrett von CBS News warnte zwar vor dem revolutionären Furor der Trump-Regierung. Bedauert aber wurde die Schwäche der Institutionen, nicht das harte Los der Presse. Sachlich beschrieben Ali Vitali von MSNBC und Dasha Burns von «Politico» die hohe Professionalität des derzeitigen Trump-Teams, das Fehlen von Informationslecks und die konsistente, strategisch klug vorgehende Medienkommunikation.
Die Trump-Regierung wird als äusserst zugänglich und auskunftsfreudig wahrgenommen. Trump habe im ersten Monat seiner zweiten Amtszeit «mehr Fragen beantwortet als Joe Biden in vier Jahren», scherzte Jonathan Karl von ABC News.
Selbstverschuldeter Vertrauensverlust
Hier und da wurde das Tempo der neuen Regierung beklagt, das den Medienschaffenden das Gefühl einer Achterbahnfahrt gebe. Bis zur ersten Erwähnung des Rausschmisses der AP aus dem Oval Office vergingen beinahe zwanzig Minuten. Kommentiert wurde er nüchtern. Es gehe nicht an, dass ein Präsident darüber entscheide, wer über ihn berichte, hiess es. Zudem könne der «schlechte Präzedenzfall» bei der nächsten demokratischen Präsidentschaft auch eine republikanische Opposition betreffen. Darum sei der Gang der AP vor Gericht zu begrüssen.
Eigentlich aber habe Trump das Gerangel mit der AP nicht nötig, so ein Fazit: Es lasse ihn schwach erscheinen. Schliesslich sei er ein Meister im Umgang mit Medien und liebe es, mit Reportern zu streiten.
Selbstkritisch sagte die Korrespondentin von «Politico»: Medien hätten vor acht Jahren den Fehler gemacht, in den Widerstand zu gehen. Die politische Schlagseite habe zum Vertrauensverlust beigetragen. Im Umgang mit Trump sei es nun wichtig, sich an die Tatsachen zu halten und das zu tun, was die Aufgabe der Medien sei: zu berichten. Die Medien seien nicht die Opposition, pflichtete ihr der Reporter von ABC News bei: «Wir machen einfach unseren Job.»