Viel grössere Auswirkungen auf die Vorsorgekapitalien könnte der Kurszerfall an den Märkten haben.
Was in der US-Politik und an den US-Finanzmärkten passiert, hat immer auch Folgen für die Schweizer Pensionskassen und damit für die Schweizer Arbeitnehmer und Rentner: Ein Teil ihrer Vermögen ist in US-Unternehmen, in Dollar-Obligationen oder in US-Staatsanleihen angelegt. Ausserdem agieren amerikanische Finanzinstitute als Depotbanken für Schweizer Pensionskassen.
Seit Donald Trump einen forschen aussenpolitischen Kurs fährt und dabei auch vor einschneidenden wirtschaftlichen Massnahmen nicht zurückgeschreckt, mehren sich in der Schweiz die Sorgen darüber, zum Ziel unfreundlicher Aktionen der Amerikaner zu werden.
Diese Befürchtungen haben nun auch die Zürcher Kantonspolitik erreicht. Auslöser waren Berichte der Tamedia-Zeitungen, wonach die Zürcher Beamtenversicherungskasse (BVK) über 30 Milliarden Franken bei der Schweizer Tochter der US-Bank JP Morgan parkiert habe.
Die BVK ist nach eigenen Angaben die grösste Pensionskasse der Schweiz. Sie zählt über 140 000 Versicherte, darunter namentlich die Angestellten des Kantons Zürich. Wie zuvor bereits bei den AHV-Geldern stellt sich auch bei der BVK die Frage, wie sicher die bei US-Institutionen deponierten Vorsorgevermögen sind.
Im Zürcher Kantonsparlament sind diese Woche dazu zwei Anfragen eingereicht worden. Eine stammt von Sibylle Marti und Tobias Langenegger von der SP. Sie wollen von der Kantonsregierung unter anderem wissen, wie sie das Risiko einschätzt, dass Zürcher Pensionskassengelder von US-Sanktionen erfasst werden. Weiter stellen sie die Frage, ob es noch sinnvoll ist, PK-Gelder von ausländischen Finanzinstituten verwalten zu lassen.
«Die Entwicklung in den USA ist sehr bedenklich», sagt Sibylle Marti. «Die US-Regierung handelt autoritär und willkürlich. Wir sehen neue Formen von Wirtschaftskriegen.» Es sei gut vorstellbar, dass dieser Druck auch die Schweiz erreiche, zum Beispiel über die riesigen Anlagevolumen bei US-Depotbanken.
Die Bestände könnten ein Hebel sein, um die Schweiz zu einem bestimmten Verhalten zu drängen. «Die Depots könnten eingefroren werden oder nicht mehr zugänglich sein», sagt Marti. Es gehe um Vermögen von Schweizer Versicherten, die zu schützen seien.
Gleichzeitig stelle sich grundsätzlich die Frage, ob sich die Schweiz nicht andere, verlässlichere Partner ausserhalb der USA suchen müsse, gerade auch im Inland. «Im Kleinen löscht vielleicht jemand sein Amazon-Konto, im Grossen sucht sich die Zürcher Beamtenversicherungskasse eine Schweizer Depotbank.»
Auch Schweizer Bank nicht vor US-Sanktionen gefeit
Lukas Müller-Brunner ist Direktor des Schweizerischen Pensionskassenverbands (ASIP). Aus seiner Sicht sind die Unmutsbekundungen nicht mehr als eine politische Nebelpetarde, wie er im Gespräch mit der NZZ sagt.
Eine Depotbank sei ein administrativer Dienstleister für die Verwaltung der Wertschriften, mehr nicht. «Sie ist wie ein Hauswart», sagt Müller-Brunner. «Der ist auch jeden Tag da und macht seine Arbeit, aber es käme niemand auf die Idee, dass ihm das Gebäude gehört.»
Dass die Schweizer Vorsorgegelder gefährdet sein könnten, sei nicht mehr als ein Schreckgespenst. Als Schweizer Versicherter müsse man sich über mangelnden Zugriff kaum Sorgen machen. Ein Problem für die Versicherten sei etwas ganz anderes: «Die aktuellen Verwerfungen an den Märkten haben einen viel direkteren Einfluss auf die Vermögen der Pensionskassen», sagt er.
Dies gilt auch für die BVK. Einige ihrer grössten Positionen sind US-Werte wie Apple, Nvidia und Microsoft. Ausserdem hält sie US-Staatsanleihen im Wert von über einer Milliarde Franken.
Grundsätzlich sei zwar denkbar, dass die US-Regierung Sanktionen gegen ein Finanzinstitut ergreife. Aber auch in diesem Fall würden die Bestände nicht einfach verschwinden; allenfalls sei der Zugriff vorübergehend eingeschränkt.
«Ausserdem ist auch eine Schweizer Bank nicht vor US-Sanktionen gefeit, wie Erfahrungen aus der Vergangenheit gezeigt haben», sagt Müller-Brunner. «Eine amerikanische Bank würde in dieser Hinsicht vielleicht sogar mehr Schutz bieten, weil die US-Regierung zurückhaltender sein könnte, gegen diese vorzugehen.»
Der ASIP-Direktor gibt weiter zu bedenken, dass eine Einschränkung der Depot-Banken auf Schweizer Institute die Auswahl einschränke und möglicherweise höhere Verwaltungskosten mit sich bringe – auch dies zum Nachteil der Versicherten.