Bei den letzten Hearings vor Grünen und Sozialdemokraten werben Martin Pfister und Markus Ritter ein letztes Mal um Stimmen.
War er das? War das Martin Pfister? Kaum entdecken die wartenden Journalisten den Bundesratskandidaten, ist er schon wieder weg. Tonlos eilt er via Seiteneingang ins Kommissionszimmer 286 im Bundeshaus. Wie ein Star, der vor Paparazzi flüchtet.
Vielleicht ist Pfister einfach nervös vor seinem Hearing mit den Sozialdemokraten, ihre Stimmen braucht er für die Wahl in den Bundesrat. Hiess es anfänglich noch, die FDP werde das Rennen am Ende entscheiden, häuften sich in den vergangenen Tagen Gerüchte, die SP sei weniger klar auf Pfisters Seite als bisher gedacht. Als wirtschaftsfreundlicher und budgetbewusster Zuger Regierungsrat ist er den Genossen sachpolitisch nicht zwingend sympathischer als der konservative Bauernlobbyist Markus Ritter – Letzterer kämpft in fast schon gewerkschaftlicher Manier für das Einkommen seiner «Bauernfamilien».
Nach dem Hearing fasst sich Pfister jedenfalls kurz: Die Fragen seien schwierig gewesen, die Sozialdemokraten nett, er habe «alles gegeben».
Ganz anders Markus Ritter. Er scheint den Schein der Kameras richtiggehend zu suchen, spricht über den Service public, die Wichtigkeit der Medienvielfalt, die Liebe zu seiner Frau, dem «wichtigsten Menschen» in seinem Leben. Sachpolitisch ist das wenig ergiebig, doch die Journalisten fragen weiter, und Ritter redet und redet, auch als seine Begleiterin das Gespräch schon dreimal für beendet erklärt hat. Dabei strahlt er mit seiner lila Krawatte um die Wette. Lila ist die Farbe des Feminismus. Ob es ihm genützt hat?
Die SP-Rennleitung selbst will nach dem Hearing nichts Konkretes sagen, ausser: Man halte sich ans Ticket, obwohl man es kritisiere. Es sei ein «staatspolitisches Drama», dass am Mittwoch nur noch zwei Frauen in der Landesregierung sässen, sagt die Co-Fraktionschefin Samira Marti.
«E chli Action» bei den Grünen?
Zwei Stockwerke weiter unten halten zeitgleich die Grünen ihre Hearings ab. Man habe auch Sprengkandidaten eingeladen, damit es «e chli Action» gebe, sagt die Fraktionschefin Aline Trede im Scherz zu den Journalisten.
Auch die Grünen haben ihre Unzufriedenheit mit dem männlichen Ticket mehrfach kundgetan. Ob sie eine Wahlempfehlung abgäben, entschieden sie erst am Mittwochmorgen, sagt Trede. Es sei schwierig, zu sagen, welcher Kandidat den Grünen näherstehe. Allerdings werde man eine Sprengkandidatur nur unterstützen, wenn diese Aussicht auf Erfolg habe – nach der klaren Absage der SP ist das unwahrscheinlich.
Festlegen wollten sich die Grünen allerdings bloss auf eines: Man werde nicht leer einlegen, sagt Trede. «Das würde nämlich bedeuten, nicht mitzubestimmen.» Vermutlich werden die Grünen am Mittwoch trotz allen politischen Manövern und Vorbehalten den gesellschaftsliberalen Martin Pfister wählen und versuchen, den konservativen Markus Ritter damit zu verhindern.
Der St. Galler liess es sich dennoch nicht nehmen, sich den Grünen beliebt zu machen. Er habe im Hearing über seine jahrelange Erfahrung als Biobauer gesprochen, sagt Ritter. Ob er damit überzeugen konnte, ist fraglich.
Als Nationalrat hat der Bauernpräsident Ritter im Parlament immer wieder erfolgreich für seinen Verband und gegen grüne Anliegen geweibelt. Er gilt deshalb als Ökoschreck und wird bei den Grünen vermutlich wenig Stimmen machen, wenn überhaupt.
Zu ein paar grünen Störmanövern dürfte es im ersten Wahlgang vielleicht doch noch kommen. Martin Pfister wird hoffen, dass die Grünen spätestens im zweiten Wahlgang auf ihn umschwenken, um Ritter zu verhindern. Weil sein Konkurrent in der SVP-Fraktion die meisten Stimmen machen dürfte, braucht Pfister im linken Lager möglichst viel Unterstützung. Nach dem Hearing sagt er, er sei sehr zufrieden und habe noch einmal alle Fragen der Parlamentarier beantworten können. Doch für eine Wahlempfehlung hat das am Dienstag auch in seinem Fall nicht gereicht.