An seiner ersten Medienkonferenz nach der Wahl sprach der neugewählte Bundesrat über seine Vorgängerin, seine künftigen Regierungskollegen, die Aufrüstung in Europa und die Neutralität.
Gefasst, fast schon locker ist der Zuger Martin Pfister drei Stunden nach seiner Wahl seelenruhig vor die Medien getreten. Er dankte all seinen Unterstützern und versprach, er werde sich dafür einsetzen, dass es den Menschen in der Schweiz weiterhin gutgehe und «die soziale und liberale Schweiz weiterhin Bestand hat». Dann beantwortete er Fragen der anwesenden Journalistinnen und Journalisten.
Herr Bundesrat, die Grünen schreiben in ihrer Medienmitteilung, Ihre Wahl sei eine «Bedrohung» für Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. Ausserdem entstehe mit Ihnen ein rechtsbürgerlicher «Fünferblock» im Bundesrat. Was sagen Sie dazu?
Wir haben in der Schweiz eine Kollegialregierung. Alle sieben Mitglieder sind gleichberechtigt, können mitstimmen, mitgestalten. Ich gehe davon aus, dass der Bundesrat diese Verantwortung auch in Zukunft gemeinsam wahrnehmen wird, nicht in Blöcken.
Was sagt es über die politische Kultur der Schweiz aus, wenn jene, die Sie sehr wahrscheinlich gewählt haben, zwei Stunden später schreiben, Sie seien eine «Gefahr»?
Ich musste lernen in den letzten Wochen, dass das Klima in Bern etwas rauer ist als im Kanton Zug. Damit habe ich aber schon leben gelernt.
Das Kollegialitätsprinzip sei Ihnen wichtig, haben Sie immer wieder betont. Die Zusammenarbeit im Bundesrat schien in letzter Zeit jedoch schwierig. Wie wollen Sie das ändern?
Ich war noch nie im Bundesrat während einer Sitzung, aber ich gehe davon aus, dass das Klima besser ist, als gesagt wird. Zumindest haben mir dies meine künftigen Kolleginnen und Kollegen heute so gesagt. Und ich werde meinen Teil dazu beitragen, dass die Kollegialität unter den Regierungsmitgliedern gut ist. Sie ist die Grundlage unseres Systems.
Sie werden höchstwahrscheinlich das Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) übernehmen. In diesem Departement stehen wichtige Weichenstellungen an. Wie schnell packen Sie diese an?
Mir ist das bewusst, dass, wenn ich VBS-Chef werde, schnell Prioritäten gesetzt werden müssen. Der wichtigste Punkt ist aus meiner Sicht, dass das Vertrauen des Parlamentes in das Departement wiederhergestellt werden kann. Das konnte ich in verschiedenen Gesprächen so wahrnehmen.
Was wollen Sie besser machen als Ihre Vorgängerin?
Ich werde am Tag meiner Wahl sicher nicht meine Vorgängerin kritisieren. Ich habe grossen Respekt vor der Arbeit, die Viola Amherd geleistet hat. Wenn das «Bundesratslexikon» dereinst revidiert wird – ich durfte ja auch einmal mitarbeiten –, bin ich mir sicher, dass die Historiker ein gutes Bild von ihr zeichnen werden.
Die EU will 800 Milliarden in die Verteidigung investieren. Soll die Schweiz auch noch mehr Geld für die Armee zur Verfügung stellen?
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass die Armee und ihre Ausrüstung nicht nur Aufgabe des Vorstehers des Verteidigungsdepartementes sind, sondern des Gesamtbundesrates und des Parlaments. Falls ich das VBS übernehmen sollte am Freitag, werde ich mich dafür einsetzen, dass die Armee gut ausgerüstet und alimentiert ist. Nur so kann sie die anstehenden Herausforderungen glaubwürdig meistern. Ob es dafür mehr Geld braucht, werden wir sehen.
Wie sollten höhere Armeeausgaben finanziert werden? Mit Sparen, einer Steuererhöhung, oder soll die Schuldenbremse gelockert werden?
Ich finde es richtig, wenn gespart wird und alle Aufgaben hinterfragt werden. In diesem Fall scheint es so zu sein, dass Sparmassnahmen nicht reichen werden, um den hohen Finanzbedarf zu decken. Hier ist die Frage, ob es temporäre Finanzierungsmöglichkeiten braucht, wie sie in anderen Ländern in Europa jetzt angedacht sind.
Sie sagten, der Platz der Schweiz in Europa sei neu zu definieren. Was meinen Sie damit?
Wie Sie alle wissen, verändern sich die nordatlantischen Beziehungen momentan. Die Folgen für die europäische Sicherheitspolitik sind noch unklar. Die Schweiz muss in dieser neuen geopolitischen Situation ihre Rolle finden. Die Neutralität hat sich immer verändert, ohne ihren Kern aufzugeben. Das sollte auch in Zukunft möglich sein mit einer gewissen Flexibilität, zugunsten unseres Landes.
Wie weit wollen Sie bei der Zusammenarbeit mit der Nato gehen?
Stellt man den Nutzen in den Vordergrund und nicht eine Ideologie, ist viel Verständnis für die Interoperabilität mit Nato-Staaten vorhanden. Das konnte ich in den Gesprächen mit allen Parteien spüren. Es geht um gemeinsame Übungen oder auch Rüstungsbeschaffungen mit der Nato oder der EU. Diese Kooperationen müssen weitergeführt werden.