Seit dem Amtsantritt des amerikanischen Präsidenten Donald Trump sind die Märkte verunsichert. Die Zentralbanken setzen daher lieber auf Gold als auf Dollar.
Zum ersten Mal in der Geschichte des Goldhandels ist der Preis für eine Feinunze auf über 3000 Dollar angestiegen. Der Kurs erreichte am Freitagvormittag seinen Höhepunkt und gab dann leicht nach. Seit einem Jahr ist der Goldpreis in Dollar um 46 Prozent angestiegen, in Franken um 40 Prozent.
Betrachtet man die Preisentwicklung, fällt auf, dass die Preiskurve in den letzten Jahren immer steiler angestiegen ist. Im Jahr 2008 war Gold erstmals 1000 Dollar wert, bis im Jahr 2020 hatte sich der Preis verdoppelt, und heute – nur viereinhalb Jahre später – ist er bereits bei 3000 Dollar angelangt. Das hat damit zu tun, dass das Vertrauen der Anleger in die USA und somit auch in den Dollar geschwächt ist.
Gold bietet sich in solchen Situationen als krisenresistente Währung und als Schutz vor Inflation an. Das Edelmetall ist mengenmässig begrenzt. Diese Knappheit schafft Vertrauen. Staaten können hingegen können Staaten immer wieder neue Anleihen ausgeben, und die Schuldenberge wachsen immer weiter an.
Zentralbanken erhöhen Goldreserven
Grund für das verstärkte Misstrauen gegenüber den USA ist aber nicht nur die hohe Verschuldung. Die erratische Zollpolitik von Präsident Donald Trump, die sich gegen alle grossen Handelspartner richtet, verunsichert die Märkte zutiefst. Hinzu kommen geopolitische Spannungen wie der Krieg in der Ukraine, die fragile Lage im Nahen Osten und das angespannte amerikanisch-chinesische Verhältnis.
Diese Faktoren könnten dafür sorgen, dass die anhaltend hohe Inflationsrate der USA wieder ansteigt. Neuste Zahlen der University of Chicago und der Wirtschaftsstiftung Conference Board zeigen, dass die Konsumentenstimmung so stark eingebrochen ist wie seit der Corona-Pandemie nicht mehr. Die Verbraucher erwarten eine starke Zunahme der Inflation.
In der Folge versuchen sich die Zentralbanken anderer Länder von den USA zu distanzieren. So haben sie ihre Goldzukäufe in den vergangenen Jahren intensiviert. Die indische, die chinesische und die polnische Zentralbank fielen dabei besonders auf.
BRICS-Länder wie China, Indien oder Russland dürften bestrebt sein, die wirtschaftliche Abhängigkeit von den USA und vom Dollar zu verringern, schreibt Claudio Wewel, Ökonom bei J. Safra Sarasin. Dieser Trend habe sich seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs im Jahr 2022 verstärkt und werde sich in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter fortsetzen.
Dabei dürfte auch die Sanktionspolitik der USA gegen Russland eine Rolle spielen. Sie hat gezeigt: Devisen können eingefroren werden – Gold nicht.
Private Anleger bunkern das Edelmetall
Die Goldreserven der Zentralbanken entsprechen etwa 23 Prozent der Vorkommen. Etwa ein gleich hoher Anteil entfällt auf private Investitionen. Die Turbulenzen, die Trumps Politik an den Märkten ausgelöst hat, gehen auch an den Privatanlegern nicht spurlos vorbei.
Besonders die Nachfrage chinesischer Privatinvestoren sei hoch, schreibt Elias Hafner, Analyst bei der Zürcher Kantonalbank. Das hängt auch mit den begrenzten Anlagemöglichkeiten in China zusammen. Chinesen können ihr Vermögen nicht einfach im Ausland investieren. Und an den heimischen Aktienmärkten haben in den letzten Monaten viele Anleger Verluste gemacht. Da es derzeit ein Überangebot an Wohnungen in China gibt, sind auch Investitionen in Immobilien kaum mehr attraktiv.
Die Privatbank J. Safra Sarasin schreibt auf Anfrage, dass ihre Kunden Gold überwiegend in physischer Form kaufen. Die Nachfrage habe sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Vor allem asiatische Kunden kauften Gold vorwiegend in Barren oder Münzen, während europäische und amerikanische Anleger stärker in Exchange Traded Funds (ETF) investiert seien.
Bei institutionellen Anlegern wie zum Beispiel Pensionskassen fiel die Nachfrage verglichen mit den Zentralbanken eher schwach aus. Das ist darauf zurückzuführen, dass sich professionelle Investoren in der Vergangenheit stark an den Erwartungen zukünftiger Zinsen und Dollarwechselkurse orientierten. Denn wer Gold anstelle von Aktien oder Anleihen kauft, verzichtet auf Dividenden und Zinsen. Da die Leitzinsen in den vergangenen Jahren in vielen Ländern die höchsten Niveaus seit mehr als 20 Jahren erreichten und der Dollar historisch gesehen hoch bewertet war, lohnten sich Investitionen in Gold kaum.
Allerdings reduzierten die letzten Zinssenkungen der grossen Notenbanken die Kosten für entgangene Zinszahlungen und Dividenden. Die Goldnachfrage institutioneller Anleger habe in jüngster Zeit denn auch stark zugelegt, schreibt Claudio Wewel.
Fast die Hälfte des Goldvorkommens wird zu Schmuck verarbeitet. Und etwa 7 Prozent werden für industrielle Zwecke verwendet. Aufgrund der sehr guten Leitfähigkeit wird es in verschiedenen Bereichen der Elektroindustrie und in der Medizin genutzt. Obwohl das zusammengezählt mengenmässig einer grossen Nachfrage entspricht, ist sie kein primärer Preistreiber.